Die Kampagne
zu, schaute sich um und ging zu dem Loch in der Erde - an das weit größere in seinem Herzen versuchte er gar nicht zu denken.
Er zog ein paar Euros aus der Tasche und bat die Totengräber, ihm ein paar Minuten allein zu geben. Die Männer waren zweifellos froh, aus dem Regen zu kommen, und so nahmen sie das Geld und verschwanden.
Shaw stand neben dem Grab und schaute auf den Sarg hinunter. Er wollte sich Anna gar nicht erst in der Kiste vorstellen. Sie gehörte einfach nicht da hin. Leise sprach er zu ihr und sagte Dinge, die er ihr hätte sagen sollen, als sie noch gelebt hatte. Er bereute vieles in seinem Leben, vor allem aber quälte ihn, dass er nicht bei Anna gewesen war, als sie ihn gebraucht hatte.
»Es tut mir leid, Anna. Du hast etwas viel Besseres verdient gehabt als mich.«
Shaw schnappte sich eine Schaufel und verbrachte die nächste halbe Stunde damit, das Grab mit Erde zu füllen. Er hatte das Gefühl, das sei allein seine Aufgabe. Als er fertig war, war er völlig durchnässt, schien es aber gar nicht zu bemerken.
Er schaute auf den Grabstein. Dort stand Annas vollständiger Name: Anastasia Brigitte Sabena Fischer. Dazu ihr Geburts- und Sterbedatum. Der Satz in Deutsch darunter lautete: »Möge unsere wunderbare Tochter in Frieden ruhen.«
»Ja, ruhe in Frieden«, murmelte Shaw. »Ruhe in Frieden für uns beide, Anna, denn ich glaube nicht, dass ich je wieder Frieden finden werde.«
Er kniete sich in den Schlamm und senkte den Kopf.
In dem Augenblick traten zwei Männer zwischen den Bäumen hervor. Beide hielten eine Waffe in der Hand.
Sofort zerriss ein Hupen die Friedhofsstille, und Katie rutschte von ihrem Sitz herunter.
Entschlossen liefen die beiden Männer auf Shaw zu.
Den Bruchteil einer Sekunde später wurde die Heckscheibe des Autos, in dem Katie saß, von einer Kugel zerfetzt.
Kapitel 77
S o schnell, dass man kaum folgen konnte, sprang Shaw vor und rammte beide Männer zu Boden. Eine Sekunde später drückte er dem einen Mann den Lauf seiner Pistole in den Mund, während der andere bewusstlos danebenlag.
Wieder einen Augenblick später stürmten die Männer in Schwarz herbei.
Katie setzte sich im Wagen auf und klopfte sich Glassplitter von den Kleidern. Besorgt schaute sie zu Shaw hinüber. Als er sich erhob, einen der Schützen am Kragen gepackt, seufzte Katie erleichtert und stieg aus.
Zehn Meter hinter dem Wagen stand Frank über dem Toten - dem Mann, der versucht hatte, Katie umzubringen.
Katie ging zu ihm.
»Tut mir leid, dass es so knapp war«, sagte Frank. »Der Bastard hat noch schießen können, ehe wir ihn erledigt haben.«
Später saßen sie in einer leeren Scheune außerhalb von Wisbach beisammen. Die beiden Möchtegernkiller hockten Rücken an Rücken gefesselt auf dem mit Stroh bedeckten Boden.
Frank, Katie und Shaw berieten sich.
»Danke, dass du uns Rückendeckung gegeben hast«, sagte Shaw zu Frank.
»He, wenn ich nicht gerade die Welt rette, habe ich jede Menge freie Zeit.«
Sie hatten die Fingerabdrücke der beiden Kerle in den üblichen Datenbanken überprüft, aber nichts herausgefunden. Und das Verhör hatte ihnen bisher auch nur eine Flut übelster Beschimpfungen von dem Kerl eingebracht, der auf Shaws Pistolenlauf hatte herumkauen dürfen. Im Gegensatz dazu hatte sein Partner, ein stämmiger Kerl mit stoischem Gesichtsausdruck, kein Wort gesagt. Er sah aus, als würde er nicht einmal Englisch sprechen. Sie hatten es in mehreren anderen Sprachen versucht, doch der Mann schwieg eisern. Papiere hatte keiner der beiden bei sich. Zwei Pistolen und ein Messer waren das einzig Interessante, was Shaw und die anderen bei den Kerlen gefunden hatten. Der Tote hatte ebenfalls nicht identifiziert werden können.
»Die haben nicht mal ein Handy«, sagte Frank.
»Das heißt, dass sie sich mit jemandem treffen wollten, sobald sie uns getötet hatten«, bemerkte Katie, »und dieser Jemand war offenbar ganz in der Nähe.«
Frank drehte sich zu Shaw um. »Und was jetzt?«
»Bearbeite die beiden weiter, bis sie das Maul aufmachen. Wir bleiben in Verbindung.«
Frank legte Shaw die Hand auf die Schulter. »Pass auf dich auf. Mein Bauch sagt mir, dass hier etwas Übles im Gange ist.«
»Wie übel?«, hakte Katie nach.
»Übel in dem Sinne, dass sie uns immer einen Schritt voraus zu sein scheinen.«
Wieder im Auto sagte Shaw düster: »Ich war mir ziemlich sicher, dass sie Annas Beerdigung beobachten würden für den Fall, dass wir auftauchen. Deshalb habe ich
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