Die Kampagne
bekommen.
Stoisch kaute Shaw zu Ende. Mittlerweile hasste er Dublin. Hier hatte er Anna um ihre Hand gebeten, in einem kleinen Lokal nicht weit vom Liffey. Auf den Knien, mit dem verdammten Ring. Sie hatte in neun Sprachen Ja gesagt. Und jetzt war sie tot. Es würde keine Hochzeit geben, keine vier oder fünf Kinder und kein gemeinsames Altwerden. Nichts.
Wohin Shaw auch schaute, überall sah er einen Ort, eine Ecke, irgendetwas Seltsames am Himmel, roch einen Duft, hörte das Hupen eines Autos ... Einfach alles hier erinnerte ihn an Anna. Er konnte hier kaum atmen. Er hasste es.
Und das war noch nicht alles.
Anna war auf dem Weg zurück nach Deutschland, um dort von ihren Eltern begraben zu werden, die ihm, Shaw, die Schuld an allem gaben. Sie gaben ihm die Schuld am Tod einer Frau, für die er sein Leben gegeben hätte. Anna auf einer kalten Stahlbahre in London mit einem Loch im Kopf. Anna, wie sie für alle Ewigkeit in die kalte Erde von Wisbach hinuntergelassen wurde, anstatt in seinen Armen zu liegen.
Katie riss Shaw aus seinen Gedanken. »Hörst du, Shaw? Wir müssen herausfinden, wer wirklich hinter der Roten Gefahr steckt.«
»Die ganze Welt hat schon danach gesucht, und niemand scheint bis jetzt etwas gefunden zu haben.«
»Ich bin nicht sicher, ob die Welt wirklich versucht hat, die Quelle zu finden. Alles und jeder hat die Geschichten einfach als wahr akzeptiert. Und wenn doch einmal jemand genauer hingeschaut hat, dann nicht allzu gründlich. Anschließend ist dann zu viel geschehen, sodass die Leute ständig auf Trab blieben. Nach einer Weile ging es dann nicht mehr darum, wer hinter der Geschichte stand, sondern nur noch darum, wie man die bösen Russen aufhalten kann. Ich glaube, die ganze Welt hat sich verrannt.«
Shaw schaute sie mit neuem Respekt an. »So etwas in der Art hat auch Anna gedacht.«
»Das betrachte ich als großes Kompliment.«
»Irgendeine Idee?«, fragte Shaw.
Katie zog den Stuhl näher heran und senkte die Stimme. »Ich habe tatsächlich schon darüber nachgedacht.« Sie wühlte in ihrer Handtasche und holte einen Notizblock heraus. »Als ich an jenem Tag in Annas Büro war, musste sie kurz raus, um mit jemandem zu reden, und ich habe mich ein bisschen umgeschaut.«
»Du meinst, du hast herumgeschnüffelt«, sagte Shaw mit aufkeimendem Zorn. Instinktiv fühlte er sich verpflichtet, Annas Privatsphäre zu verteidigen.
»Willst du nun hören, was ich gefunden habe, oder nicht?«
»Tut mir leid. Erzähl weiter.«
»Ich habe mir einen Teil von dem Rote-Gefahr-Material auf Annas Schreibtisch angesehen und eine Handvoll Notizen, die sie dazu gemacht hatte. Eines dieser Papiere war eine Liste von Webseiten und E-Mail-Adressen. Vielleicht hat Anna die kontaktiert. Aber wie auch immer, eine ist mir besonders aufgefallen, und die habe ich mir aufgeschrieben.«
»Und warum ist sie dir aufgefallen?«
»Sie hieß Barney's Rubble-Land. Du weißt schon. Barney Rubble? Geröllheimer? Die Feuersteins? Als Kind war das einer meiner Lieblingscartoons. In dem Fall war das ein Blog. Damals habe ich es nicht überprüft, aber als du im Hotel geduscht hast, nachdem Dr. Doom dich in die Mangel genommen hat, habe ich mir die Seite mal angeschaut.«
»Und was hast du gefunden?«
»Dieser Blogger - offenbar ein Mann mit Namen Barney - hatte ebenfalls Fragen, was die Rote Gefahr betrifft. Seinen Postings nach zu urteilen, hat er das Ganze wohl nicht für echt gehalten.«
»Und wie hilft uns das weiter?«
»Nun, offen gesagt glaube ich, dass das Blog nicht echt war.«
»Was meinst du damit - nicht echt?«
»Ich glaube, dieser Barney ist nur vorgetäuscht. Ich habe eine Menge Freunde, die Blogs schreiben. Sie sind geradezu besessen davon und schreiben ständig irgendetwas. Deshalb sind die Blogs nicht strukturiert. Alles entsteht aus einer Laune heraus. Und üblicherweise bietet ein Blog auch Raum für andere, um die Einträge diskutieren zu können. Ich meine, das ist ja der eigentliche Grund, warum man überhaupt ein Blog schreibt, oder?«
»Stimmt.«
»Nun, dieses Blog hatte das aber nicht. Dann habe ich die Daten der Postings überprüft. Jeden zweiten Tag wird zur gleichen Zeit ein neuer Eintrag vorgenommen. Für mich klingt das nicht wie Barney's Rubble-Land. Für mich klingt das nach einer Fassade, die nur wie ein Blog aussieht.«
»Warum sollte jemand so etwas aufziehen?«, fragte Shaw.
»Vielleicht, um in der Community herumzuhorchen.«
»In der Community
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