Die Kampagne
enden.
Natürlich stimmte es, dass nur sehr wenige Menschen auf der Welt tun konnten, was Pender zu tun imstande war. Aber es gab nur einen Nicolas Creel.
Kapitel 46
S haw schlug langsam die Augen auf. Das Erste, was er sah, war eine kleine Kommode an der Wand gegenüber. Als er den Kopf nach rechts drehte, fiel sein Blick auf ein Paar wohlgeformter Beine neben der Tür.
Shaw lächelte, obwohl die Wirkung der Schmerzmittel allmählich nachließ und er das Gefühl hatte, als hätte man ihm den linken Arm amputiert.
»Anna?«, sagte er und versuchte, den gesunden Arm nach ihr auszustrecken.
Die Beine bewegten sich vorwärts, sodass er sie nun deutlicher sehen konnte.
»Ich bin es. Katie. Katie James. Erinnern Sie sich an mich?«, fragte sie verlegen. Ihr drohte tatsächlich die Stimme zu versagen.
O Gott, er hat mich für Anna gehalten!
Katie blieb neben dem Bett stehen. Langsam drehte Shaw den Kopf, sodass er sie ansehen konnte.
Mit stockender Stimme und von Medikamenten vernebeltem Verstand fragte er: »Was machen Sie denn hier?«
Katie war für einen Moment wie gelähmt. An die Frage hatte sie gar nicht gedacht. Ja, weshalb war sie eigentlich hier? Außer wegen Anna? Sie riss sich zusammen.
»Ich habe auf Ihrem Handy angerufen, und eine Krankenschwester hat sich gemeldet. Sie hat gesagt, Sie seien verletzt worden. Also bin ich gekommen, um ... äh, nach Ihnen zu sehen. Ich wollte mich vergewissern, dass es Ihnen gut geht.«
»Deshalb sind Sie extra nach Paris gekommen?«
»Ich war ohnehin gerade in London«, log Katie. »Da ging es schnell.«
Katie zog sich einen Stuhl heran, legte ihre Handtasche auf den Nachttisch und setzte sich neben Shaw. Sie schob die Hände durch das Gitter an seinem Bett und nahm seine kräftigen Finger. Sie sah den großen, an den Rändern blutigen Verband an seinem linken Arm und die blauen Flecken und Kratzer auf seinem Gesicht und am Hals.
»Mein lieber Mann, Sie sehen ja wirklich fertig aus! Aber die Ärzte sagen, Sie werden wieder gesund.«
»Wo ist Anna?«, fragte Shaw benommen.
Katie setzte an, es ihm zu sagen, doch sie konnte nicht. Es wollte ihr einfach nicht über die Lippen kommen. Die Nachricht würde ihn umbringen. »Ich weiß es nicht genau. Wurde sie denn kontaktiert?«
Shaw nickte geistesabwesend. »Ich habe es Frank gesagt. Er hat sich darum gekümmert.«
Dann zuckte er plötzlich zusammen und umklammerte seinen linken Arm. Offenbar hatte er heftige Schmerzen.
Katie schaute sich verzweifelt um, sah den Rufknopf und drückte ihn. Eine Krankenschwester meldete sich. Katie sprach mit ihr, und eine Minute später erschien die Frau. Starke Schmerzmittel wurden in die Infusion gespritzt, und Shaw schlummerte ein.
Katie hielt ihm weiter die Hand, trat ihre Schuhe von den Füßen, lehnte sich gegen das Gitter und beobachtete, wie Shaws Brust sich hob und senkte.
Sie saß einfach nur da, ohne zu bemerken, wie die Zeit verstrich. Erschöpft von ihrer Reise und vom Schlafmangel fielen ihr schließlich die Augen zu. Noch mehr Zeit verging, während Katie und Shaw fest schliefen. Dann schlug Katie wieder die Augen auf und sah, dass Shaw sie anschaute. Zögernd ließ sie seine Hand los und lehnte sich zurück.
»Wie fühlst du dich? Ich darf doch Du sagen?«, fragte sie leise.
»Sicher. Warum bist du hierhergekommen?« Sein Tonfall war hart und traf sie wie ein Schlag. Der von den Schmerzmitteln hervorgerufene Nebel hatte sich eindeutig aufgelöst.
»Das habe ich dir doch gesagt. Du hast mir das Leben gerettet, da bin ich es dir schuldig«, erwiderte sie lahm und wünschte sich im selben Augenblick, sie hätte nicht so dumm dahergeredet. Shaw schien mitten in sie hineinzuschauen, bis tief in ihre Seele an einen Ort, an den auch sie selbst sich nur selten vorwagte. Das war nervenzermürbend.
»Hast du Hunger? Durst?«, fragte Katie rasch und in der Hoffnung, mit solch alltäglichen Dingen dem bohrenden Blick entkommen zu können.
»Wo ist Frank? Du musstest an ihm vorbei, um zu mir zu kommen.«
»Er ist hier irgendwo.«
Shaw versuchte aufzustehen, doch Katie drückte ihn sanft wieder nach unten.
»Überall stecken Schläuche in dir«, warnte sie ihn. »Bleib still liegen, bevor du etwas kaputt machst.«
»Ich will Frank sehen!«, rief Shaw. »Ich will wissen, wo Anna ist!«
»Ich gehe ihn suchen.«
Katies Mund war ausgetrocknet. Shaw funkelte sie vorwurfsvoll an, als hätte sie ein Verbrechen begangen, und tatsächlich fühlte Katie sich auch so. Sie
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