Die Kampagne
ich Anna kennengelernt und durch sie dann Shaw. Wir sind Freunde geworden.«
»Sie haben gesagt, Sie hätten Shaw in Edinburgh getroffen. Woher wussten Sie, dass er dort war?«
»Anna hat es mir erzählt.«
»Nein, hat sie nicht. Ich kann so gut wie Sie erkennen, wann jemand Blödsinn redet und wann nicht. Sie haben zwei Möglichkeiten: Entweder sagen Sie mir jetzt die Wahrheit, oder Sie können Ihr Temperament als Untersuchungshäftling in einem französischen Knast abkühlen. Da könnten Sie dann allerdings mehrere Jahre verbringen, ehe jemand sich daran erinnert, dass man Sie ja noch vor Gericht stellen muss. Und die französischen Gefängnisse sind nicht gerade für Sauberkeit bekannt.«
»Ich weiß. Vor fünf Jahren habe ich eine Story über die Müllhalden geschrieben, die sie hier Gefängnisse nennen. Das hat mir sogar einen Preis eingebracht. Aber sagen Sie mal ... was wollen Sie mir eigentlich vorwerfen? Die Franzosen fragen nämlich danach, bevor sie jemanden einbuchten.«
»Wie wäre es mit Dummheit und mangelnder Kooperationsbereitschaft?«
»Wie wäre es, mich zur amerikanischen Botschaft zu bringen? Ich kenne die Adresse auswendig.«
»Offenbar haben wir jetzt ein Patt.« Frank trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Werden Sie mir die Wahrheit sagen, wenn ich Sie Shaw besuchen lasse?«
Katie lehnte sich zurück. Mit einem Mal fühlte sie sich gar nicht mehr so trotzig und selbstsicher. Diesmal entschied sie sich für die Wahrheit. »Okay, ich war auf Urlaub in Edinburgh. Ich habe Shaw und einen anderen Mann in der Kapelle oben in der Burg gesehen. Sie verhielten sich irgendwie verdächtig.« Sie berichtete, was bei Gilmerton's Cove geschehen war, und erzählte, wie Shaw ihr das Leben gerettet hatte und wie sie der Spur gefolgt war, die Shaw im Hotel hinterlassen hatte. So sei sie dann auch auf Anna gekommen.
»Seltsam, dass er mir nichts davon erzählt hat.«
»Er hat diese Nacht nur knapp überlebt, und bis vor Kurzem wusste er nicht, dass ich Anna ausfindig gemacht hatte. Er war nicht gerade erfreut darüber. Genau genommen war er sogar ziemlich sauer.«
»Da bin ich sicher.«
»So, jetzt wissen Sie alles.« Katie zögerte. »Und? Wurde Anna ermordet?«
»Ja. Zusammen mit allen anderen in dem Gebäude.«
Katie schaute auf ihre Hände. »Warum? Das war doch nur ein Think-Tank. Anna hat gesagt, niemand schenke ihrer Arbeit auch nur die geringste Aufmerksamkeit.«
»Irgendjemand offenbar schon.«
»Weiß Shaw es schon?« Katie schaute Frank in die Augen.
»Nein«, antwortete Frank leise und mied ihren Blick.
»Wird er wieder gesund?«
»Er hat viel Blut verloren, aber die Ärzte sagen, die Operation sei gut verlaufen. Er ist außer Gefahr. Er ist ein zäher Bursche.«
Katie atmete tief durch. »Gott sei Dank.«
»Aber wenn er das mit Anna herausfindet ...«
»Jemand muss es ihm sagen.«
»Ja. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das allzu bald sein sollte«, erwiderte Frank.
»Und wenn er im Fernsehen davon erfährt? Aus der Zeitung? Am Telefon?«
Frank schüttelte den Kopf. »Darum haben wir uns schon gekümmert.«
»Wird er sich denn nicht wundern, dass Anna nicht bei ihm im Krankenhaus ist?«
»Ich werde ihm sagen, ich hätte sie davon abgehalten.«
»Aber er wird mit ihr sprechen wollen, wenigstens am Telefon.« Katie hielt kurz inne. »Da fällt mir ein ... Ich kenne Ihren Namen noch gar nicht.«
Er zögerte. »Frank.«
»Vor- oder Nachname?«
»Einfach nur Frank.«
»Okay, Einfach-nur-Frank, die beiden sind verlobt. Shaw wird Ihnen keine Sekunde lang abkaufen, dass er Anna weder sehen noch sprechen kann.«
»Ich habe ja auch nicht behauptet, der Plan sei perfekt!«, explodierte Frank unvermittelt. »Er hat mich gebeten, Anna anzurufen, als er glaubte, sterben zu müssen. Und ich habe ihm versprochen, ihm den Gefallen zu tun, obwohl ich zu dem Zeitpunkt bereits wusste, dass Anna tot ist.« Er sprang auf und ging in dem kleinen Zimmer auf und ab, die Hände in den Hosentaschen, den Blick auf den Boden gerichtet.
»Kann ich jetzt zu ihm?«, fragte Katie. »Sie haben gesagt, wenn ich Ihnen die Wahrheit sage, dürfte ich ihn sehen.«
Frank blieb stehen. Ohne einen Blick auf Katie zu werfen, nickte er seinen Männern knapp zu.
Als sie Katie hinausgeleiteten, rief Frank ihr hinterher: »Sagen Sie es ihm.«
Katie drehte sich um. »Was soll ich ihm sagen?«
»Sie hatten recht. Erzählen Sie ihm von Anna.«
Katie starrte ihn wie benommen an. »Ich? Ich ... kann
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