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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Vielleicht können wir
    uns bald einmal treffen und …«
    »Aber erst nach der Wahl«, sagte Fletcher entschieden. »Ich
    hoffe immer noch, dass wenigstens ein Mitglied meiner Familie

    609
    für mich stimmt.« Er hielt inne und wandte sich an Nat.
    »Kennen Sie den wahren Grund, warum ich mich für diesen Fall
    so sehr eingesetzt habe?«
    »Sie konnten den Gedanken nicht ertragen, die nächsten
    Wochen mit Barbara Hunter zu verbringen«, spottete Nat.
    »Etwas in der Art«, sagte er lächelnd.
    Fletcher wollte an den Tisch der Anklage treten und dem
    Staatsanwalt und seinem Team die Hand schütteln, blieb aber
    abrupt stehen, als er Rebecca Elliot sah, die immer noch im
    Zeugenstand saß und darauf wartete, dass sich der Gerichtssaal
    leerte. Sie hatte den Kopf gesenkt und wirkte verlassen und
    einsam.
    »Ich weiß, es ist nur schwer vorstellbar«, sagte Fletcher. »Aber
    sie tut mir Leid.«
    »Das sollte sie auch«, meinte Nat, »denn eines ist sicher:
    Ralph Elliot hätte seine eigene Frau umgebracht, wenn er
    geglaubt hätte, dadurch die Wahl gewinnen zu können.«

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    SECHSTES BUCH

OFFENBARUNG
611

49
    AM TAG NACH DEM PROZESS saß Fletcher in seinem Büro
    im Senat und las die Tageszeitung.
    »Was für ein undankbarer Haufen«, sagte er und reichte den
    Hartford Courant an seine Tochter weiter.
    »Du hättest ihn auf dem elektrischen Stuhl braten lassen
    sollen«, meinte Lucy und sah sich die neuesten
    Umfrageergebnisse an.
    »Elegant und charmant formuliert, wie immer«, erwiderte
    Fletcher. »Da frage ich mich, ob all das Geld, das ich für deine
    Erziehung in Hotchkiss ausgegeben habe, gut angelegt war.
    Ganz zu schweigen davon, was mich Vassar kosten wird.«
    »Möglicherweise werde ich gar nicht in Vassar studieren,
    Dad.«
    Lucy klang jetzt schon etwas leiser.
    »Wolltest du darüber mit mir reden?«
    »Ja, Dad. Vassar hat mir zwar einen Studienplatz angeboten,
    aber den kann ich eventuell nicht annehmen.«
    Fletcher war sich nicht immer sicher, wann Lucy sich einen
    Scherz erlaubte und wann es ernst gemeint war, aber da sie ihn
    gebeten hatte, ihn in seinem Büro sprechen zu dürfen und das
    Annie gegenüber nicht zu erwähnen, ging er davon aus, dass es
    ihr damit tatsächlich ernst war. »Wo liegt das Problem?« Er sah
    sie über den Schreibtisch hinweg ruhig an.
    Lucy erwiderte seinen Blick nicht. Sie senkte den Kopf und
    sagte:
    »Ich bin schwanger.«

    612
    Fletcher entgegnete darauf nicht sofort etwas, da er die Beichte
    seiner Tochter erst verdauen musste. »Ist George der Vater?«,
    wollte er schließlich wissen.
    »Ja.«
    »Wirst du ihn heiraten?«
    Lucy dachte eine Weile über die Frage nach, dann sagte sie:
    »Nein. Ich bete George zwar an, aber ich liebe ihn nicht.«
    »Aber du warst bereit, mit ihm Liebe zu machen.«
    »Das ist nicht fair«, erklärte Lucy. »Es war Samstagnacht nach
    der Präsidentschaftswahl und wir hatten wohl beide etwas zu
    viel getrunken. Um ehrlich zu sein, es hat mich angekotzt, dass
    mich alle in meiner Klasse als Präsidentin der Jungfrauen
    verspotten. Und wenn ich meine Jungfräulichkeit schon
    verlieren musste, dann fiel mir niemand Netteres ein als George,
    vor allem, nachdem er zugegeben hat, ebenfalls noch Jungfrau
    zu sein. Am Ende war ich mir gar nicht sicher, wer da wen
    verführt hatte.«
    »Was sagt George dazu? Schließlich ist es auch sein Kind und
    er schien mir ein ziemlich ernsthafter, junger Mann zu sein,
    insbesondere was seine Gefühle für dich angeht.«
    »Er weiß es noch nicht.«
    »Du hast es ihm nicht gesagt?«, fragte Fletcher ungläubig.
    »Nein.«
    »Was ist mit deiner Mutter?«
    »Nein«, wiederholte sie. »Der einzige Mensch, dem ich das
    erzählt habe, bist du.« Diesmal sah sie ihrem Vater in die
    Augen: »Seien wir ehrlich, Dad: Am Tag eurer Hochzeit war
    Mom wahrscheinlich noch Jungfrau.«
    »Ich auch«, meinte Fletcher, »aber du musst es ihr trotzdem
    sagen, bevor es für alle Welt unübersehbar ist.«
    »Nicht, wenn ich eine Abtreibung machen lasse.«

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    Fletcher schwieg eine Weile, dann sagte er: »Möchtest du das
    wirklich?«
    »Ja, Dad, aber erzähl Mom nichts davon. Sie würde es nicht
    verstehen.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich es verstehe«, meinte Fletcher.
    »Dad … – Du trittst für das Recht auf Selbstbestimmung aller
    Frauen ein, nur nicht bei deiner Tochter?«

    *

    »Der hält sich nicht lange«, sagte Nat und starrte auf die
    Schlagzeile des Hartford Courant.
    »Wer hält sich nicht?« Su Ling goss

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