Die Kandidaten
Schuhe schon ausgezogen
hatte, bevor Fletcher auch nur geahnt hatte, was sie plante.
Zögernd zog er seine Hosen nach unten und sie brach in
Gelächter aus. Fletcher wurde rot, als er nach unten sah.
»Gut zu wissen, dass ich das bei dir bewirke«, sagte Annie.
*
»Wäre es dir eventuell möglich, dich auf die Worte zu
konzentrieren, Nat?«, bat Mr Thompson und versuchte erst gar
nicht, seinen Sarkasmus zu verbergen. »Von der Stelle an: Doch
da kommt das Fräulein. «
Sogar in ihrer Schuluniform stach Rebecca vom Rest der
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Mädchen heraus, die Mr Thompson vorsprechen ließ. Das
große, schlanke Mädchen mit den blonden Haaren, die ihr bis
auf die Schulter fielen, besaß eine Aura der Selbstsicherheit, die
Nat gefangen nahm. Und ein Lächeln, auf das er unwillkürlich
reagierte. Als sie sein Lächeln erwiderte, wandte er sich ab. Es
war ihm peinlich, dass er sie in Verlegenheit gebracht hatte. Er
wusste nicht mehr von ihr als ihren Namen.
» Was ist ein Name? « , deklamierte er.
»Falsches Stück, Nat. Versuchen Sie es noch einmal.«
Rebecca Armitage wartete, während Nat durch seinen Text
stolperte. » Doch da kommt das Fräulein … « Rebecca war
überrascht. Als sie vorhin im hinteren Teil der Aula gestanden
und ihm zugehört hatte, da hatte er so absolut selbstsicher
gewirkt. Sie sah auf ihren Text und las:
» Verzeiht mir diese Eile: Meint Ihr’s gut,
So geht mit mir und diesem heil’gen Mann
In die Kapelle nebenan und dort,
Vor ihm und unter dem geweihten Dach,
Verbürget feierlich mir eure Treu,
Dass mein ungläub’ges, allzubanges Herz
Zur Ruh’ gelangen mag. Er soll’s verbergen,
Bis Ihr gesonnen seid, es kundzumachen,
Und um die Zeit soll meinem Stand gemäß
Die Feier unserer Hochzeit sein.
Was sagt Ihr? «
Nat sagte nichts.
»Nat, hast du vor, mitzumachen?«, erkundigte sich Mr
Thompson.
»Damit Rebecca noch ein paar Zeilen vortragen kann? Ich
gebe zu, dieser anbetende Blick ist überaus wirkungsvoll und
könnte bei manchen als Schauspielerei durchgehen, aber wir
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haben nicht vor, eine Pantomime aufzuführen. Ein oder zwei
Leute im Publikum möchten möglicherweise sogar die
vertrauten Worte von Mr Shakespeare hören.«
»Ja, Sir. Es tut mir Leid, Sir«, sagte Nat und sah wieder auf
seinen Text. » Ich geh mit euch und diesem guten Alten, will
Treue schwören und sie ewig halten. «
» So führ uns, Vater! – Mag des Himmels Schein zu dieser Tat
uns freundlich Segen leihn! «
»Danke, Miss Armitage. Ich denke, mehr müssen wir von
Ihnen nicht hören.«
»Aber sie war wunderbar«, rief Nat.
»Ah, Sie können ja doch eine ganze Zeile ohne Pause
vortragen«, spottete Mr Thompson. »Welch eine Erleichterung
in dieser späten Phase, aber ich hatte ja keine Ahnung, dass Sie
nicht nur die Hauptrolle spielen, sondern auch als Regisseur
agieren wollen. Jedoch, Nat, habe ich bereits beschlossen, wer
die Rolle der schönen Olivia spielen wird.«
Nat beobachtete Rebecca, die rasch die Bühne verließ. »Und
was ist mit Viola?«, insistierte er.
»Nein. Wenn ich das Stück richtig interpretiere, Nat, so ist
Viola
Ihre
Zwillingsschwester.
Und
leider
–
oder
glücklicherweise – weist Rebecca absolut keine Ähnlichkeit mit
Ihnen auf.«
»Dann Maria. Sie würde eine wunderbare Maria abgeben.«
»Ich bin sicher, das würde sie, aber Rebecca ist viel zu groß,
um die Maria zu spielen.«
»Haben Sie sich schon einmal überlegt, den Narren von einer
Frau spielen zu lassen?«, schlug Nat vor.
»Nein, um ehrlich zu sein, Nat, das habe ich nicht. Schon
deswegen nicht, weil ich keine Zeit habe, das gesamte Stück
umzuschreiben.«
Nat merkte nicht, wie Rebecca hinter eine Säule glitt und
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versuchte, ihre Verlegenheit zu verbergen, während er weiter
blind vor sich hinplapperte. »Was ist mit der Dienerin in Olivias
Haushalt?«
»Was ist mit ihr?«
»Rebecca würde eine wunderbare Dienerin abgeben.«
»Ganz sicher würde sie das, aber sie kann nicht gleichzeitig
Olivia und ihre Dienerin spielen. Das könnte irgendjemandem
im Publikum auffallen.« Nat öffnete den Mund, sagte aber
nichts. »Ah, endlich Stille. Aber ich bin sicher, dass Sie das
Stück über Nacht umschreiben, um sicherzustellen, dass Olivia
einige neue Szenen mit Sebastian bekommt, an die Mr
Shakespeare nicht gedacht hat.« Nat hörte ein Kichern hinter der
Säule. »Gibt es noch jemanden, den Sie gern in der Rolle der
Dienerin sehen würden, Nat,
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