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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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einem
    solchen Mann schon entgegensetzen können – eine Frau, die
    einen Meter sechzig groß ist und fünfzig Kilo wiegt? Ein
    Kissen? Ein Handtuch? Eine Fliegenklatsche vielleicht?«
    Fletcher schwieg kurz. »Dieser Gedanke ist Ihnen nie
    gekommen, oder?«, fügte er hinzu und sah die anderen
    Geschworenen an. »Warum nicht? Weil Ihre Ehemänner und
    Ehefrauen nicht verabscheuungswürdig sind. Meine Damen und
    Herren, wie können Sie auch nur ansatzweise begreifen, was
    diese Frau erleiden musste, tagein und tagaus?
    Doch solche Demütigungen reichen diesem Schläger eines
    Nachts nicht mehr, als er wieder einmal betrunken nach Hause
    kommt. Er geht nach oben, zerrt seine Frau an den Haaren aus
    dem Bett, schleppt sie die Treppe hinunter in die Küche. Es
    langweilt ihn, sie nur grün und blau zu schlagen.« Fletcher
    marschierte auf seine Mandantin zu. »Er braucht einen neuen
    Kick, um neue Höhen der Erregung zu erreichen. Und was sieht
    Anita Kirsten, als sie in die Küche gezerrt wird? Die Kochplatte
    auf dem Herd ist bereits glühend rot und wartet auf ihr Opfer.«
    Fletcher drehte sich schwungvoll zu den Geschworenen um.
    »Können Sie sich vorstellen, was ihr durch den Kopf gegangen
    sein muss, als sie diese Herdplatte sah? Ihr Mann packt ihre
    Hand wie ein Stück rohes Steak und presst sie fünfzehn
    Sekunden lang auf den Herd.«
    Fletcher nahm Mrs Kirstens vernarbte Hand und hielt sie so,
    dass die Geschworenen sie deutlich sehen konnten. Dann sah er
    auf seine Armbanduhr und zählte auf fünfzehn, bevor er
    hinzufügte: »Dann fiel Mrs Kirsten in Ohnmacht. Wer von
    Ihnen kann sich eine solch entsetzliche Tat vorstellen,
    geschweige denn, sie selbst erdulden zu müssen?
    Warum hat der Staatsanwalt neunundneunzig Jahre gefordert?

    220
    Er hat uns wissen lassen, dass die Tat vorsätzlich geschehen sei.
    Es sei ganz sicher keine Tat im Affekt gewesen, hat er uns
    versichert, keine Tat, die ein Mensch in Lebensgefahr zu seiner
    Verteidigung ausführt.«
    Fletcher wirbelte herum, sah den Staatsanwalt an und sagte:
    »Natürlich war es vorsätzlich und natürlich wusste sie genau,
    was sie tat. Wenn Sie einen Meter sechzig groß wären und von
    einem Mann angegriffen würden, der einen Meter
    fünfundachtzig misst, würden Sie dann auf Messer, Waffen oder
    stumpfe Gegenstände vertrauen, die dieser Schläger mühelos
    gegen Sie selbst wenden könnte?« Fletcher drehte sich wieder
    um und ging langsam auf die Geschworenen zu. »Wer von
    Ihnen wäre denn so dumm? Wer von Ihnen würde nach all dem,
    was diese Frau durchgemacht hat, nicht auch die Tat planen?
    Denken Sie an diese arme Frau, wenn Sie das nächste Mal einen
    Streit mit Ihrem Ehepartner haben. Werden Sie, nachdem Sie
    sich wütende Worte an den Kopf geworfen haben, zum Herd
    gehen und ihn auf 220 Grad aufheizen, nur um zu beweisen,
    dass Sie den Streit gewonnen haben?« Er sah die sieben
    männlichen Geschworenen einen nach dem anderen an.
    »Verdient ein solcher Mann Ihr Mitgefühl?
    Sollte diese Frau wirklich des Mordes schuldig gesprochen
    werden, dann frage ich Sie, wer von Ihnen nicht dasselbe getan
    hätte, wenn ihm das Pech widerfahren wäre, Alex Kirsten
    geheiratet zu haben?«
    Dieses Mal wandte Fletcher seine Aufmerksamkeit den fünf
    weiblichen Geschworenen zu, bevor er fortfuhr. »›Das habe ich
    aber nicht‹, höre ich Sie sagen. ›Ich habe einen guten und
    anständigen Mann geheiratet.‹ Dann sind wir uns also alle einig,
    worin das Verbrechen von Mrs Kirsten bestand. Sie hat einen
    verabscheuungswürdigen Mann geheiratet!«
    Fletcher
    lehnte
    sich
    gegen
    das
    Geländer
    der
    Geschworenenbank.

    221
    »Ich muss die Geschworenen um Nachsicht für meine
    jugendliche Leidenschaft bitten, aber hier geht es um
    Leidenschaft. Ich habe mich entschlossen, diesen Fall zu
    übernehmen, weil ich fürchtete, Mrs Kirsten würde keine
    Gerechtigkeit widerfahren. Aufgrund meiner Jugend hoffte ich
    darüber hinaus, dass zwölf gerecht denkende Bürger und
    Bürgerinnen sehen würden, was ich sah, und fähig wären, diese
    Frau nicht dazu zu verurteilen, den Rest ihres Lebens im
    Gefängnis zu verbringen.
    Ich beende mein Schlussplädoyer, indem ich Ihnen mitteile,
    was Mrs Kirsten zu mir sagte, als wir heute Morgen allein in
    ihrer Zelle saßen. ›Mr Davenport, ich bin zwar erst
    fünfundzwanzig, aber ich würde lieber den Rest meines Lebens
    im Gefängnis verbringen, als noch eine weitere Nacht unter
    demselben Dach mit diesem

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