Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide
wichen ihm verwirrt und nervös aus, als wüssten sie zwar nicht genau, was los war, aber doch genug, um das Weite zu suchen.
»Andere Richtung«, drängte ich.
Ich drehte mich um und sah zwei weitere Magier in schwarzen Gewändern von Westen aus nahen.
Ich zog mein Zaubermesser heraus und richtete es auf Zia: »Du hast uns reingelegt!«
»Nein! Ich schwöre –« Sie war sichtlich enttäuscht. »Mel. Mel muss es ihnen erzählt haben.«
»Klar«, knurrte ich. »Schieb es ruhig auf Mel.«
»Keine Zeit für Erklärungen«, sagte Amos und schickte einen Blitz auf Zia. Sie krachte in den Tisch mit den Souvenirs.
»He!«, protestierte Carter.
»Sie ist der Feind«, erklärte Amos. »Und wir haben schon genug Feinde.«
Carter eilte zu Zia (logisch), während immer mehr Fußgänger in Panik ausbrachen und vom Platz rannten.
»Sadie, Carter«, sagte Amos, »wenn alles schiefgeht, lauft zum Boot und flieht.«
»Amos, wir lassen dich nicht allein«, erwiderte ich.
»Ihr seid wichtiger«, beharrte er. »Ich kann Desjardins aufhalten, wenn – Achtung!«
Amos schwenkte seinen Zauberstaub auf die zwei Magier in Schwarz. Sie hatten Zaubersprüche gemurmelt, doch Amos’ Windstoß riss sie um und zog sie hilflos mitten in einen kleinen Wirbelsturm. Sie rauschten die Straße hinunter, rissen kreischend Müll mit, Blätter und Tamales, bis der Minitornado sie schließlich über ein Gebäude und außer Sichtweite schleuderte.
Auf der anderen Seite des Platzes brüllte Desjardins erbost: »Kane!«
Der Oberste Vorlesepriester rammte seinen Zauberstab in den Boden. Im Pflaster bildete sich ein Spalt, der langsam auf uns zukroch. Als die Spalte breiter wurde, begannen die Häuser zu wackeln. Von den Außenmauern bröckelte der Putz. Wenn Isis nicht in Gedanken zu mir gesprochen und mir das Wort verraten hätte, das ich brauchte, hätte der Riss uns verschluckt.
Ich hielt mein Zaubermesser hoch. »Ruhe. Hah-ri. «
Vor uns fingen Hieroglyphen zu leuchten an:
Der Riss stoppte kurz vor meinen Füßen. Das Erdbeben erstarb.
Amos holte Luft. »Sadie, wie hast du –?«
»Göttliche Worte, Kane!« Desjardins kam auf uns zu, er war fuchsteufelswild. »Das Kind wagt die Göttlichen Worte auszusprechen. Isis hat sie verdorben und du hast dich schuldig gemacht, weil du den Göttern geholfen hast.«
»Komm nicht näher, Michel«, warnte Amos.
Ein Teil von mir amüsierte sich darüber, dass Desjardins Michel mit Vornamen hieß, aber ich hatte zu viel Angst, um den Moment zu genießen.
Amos hielt ihm sein Zaubermesser entgegen. »Wir müssen Seth aufhalten. Wenn du klug bist –«
»Würde ich was tun?«, fragte Desjardins. »Mich euch anschließen? Mit euch zusammenarbeiten? Die Götter bringen nur Zerstörung.«
»Nein!« Zias Stimme. Mit Carters Hilfe hatte sie es geschafft, sich aufzurappeln. »Meister, wir dürfen einander nicht bekämpfen. Das war nicht Iskanders Wunsch.«
»Iskander ist tot!«, grölte Desjardins. »Jetzt tritt zur Seite, Zia, oder ich bringe dich ebenfalls um.«
Zia sah Carter an. Dann hob sie das Kinn und trat Desjardins entgegen. »Nein. Wir müssen zusammenarbeiten.«
Ich betrachtete Zia. Plötzlich hatte ich Respekt vor ihr. »Du hast ihn wirklich nicht hierhergeführt?«
»Ich lüge nicht«, erwiderte sie.
Desjardins hob seinen Stab und in den Gebäuden ringsum wurden tiefe Risse sichtbar. Betonbrocken und Lehmziegel flogen auf uns, doch Amos rief erneut Wind herbei und wehrte sie ab.
»Kinder, macht, dass ihr hier wegkommt!«, schrie Amos. »Die anderen Magier kehren bald zurück.«
»Ausnahmsweise hat er einmal Recht«, sagte Zia. »Wir können aber kein Portal öffnen –«
»Wir haben ein fliegendes Boot«, schlug Carter vor.
Zia nickte dankbar. »Wo?«
Wir deuteten auf die Kirche. Leider stand Desjardins im Weg.
Er schleuderte die nächste Ladung Steine. Amos wehrte sie mit Wind und Blitzen ab.
»Sturmmagie!«, höhnte Desjardins. »Seit wann kennt sich Amos Kane mit den Kräften des Chaos aus? Seht ihr das, Kinder? Wie kann er euer Beschützer sein?«
»Halt die Klappe«, knurrte Amos und mit einer schwungvollen Bewegung seines Zauberstabs beschwor er einen heftigen Sandsturm herauf, der den gesamten Platz leer fegte.
»Jetzt«, sagte Zia. Wir rannten in möglichst großem Abstand an Desjardins vorbei auf die Kirche zu. Die umherwirbelnden Sandkörner brannten auf meiner Haut und in meinen Augen, ich war fast blind, aber wir erreichten die Treppe und kletterten aufs
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