Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
Sonnenlitanei schufen und ihre drei Teile versteckten – in der Hoffnung, dass eines Tages ein würdiger Magier ihren Sonnengott wiedererwecken würde.«
Ich versuchte, das in den Kopf zu bekommen. Ich konnte mir Wlad Menschikow hervorragend als blutrünstigen Priester im alten Ägypten vorstellen. »Aber wenn du von den Priestern des Re abstammst –«
»Warum widersetze ich mich dann den Göttern?« Menschikow sah zum Obersten Vorlesepriester, als hätte ich eine vorhersehbar dämliche Frage gestellt. »Weil die Götter unsere Kultur zerstört haben! Als Ägypten unterging und Lord Iskander den Weg der Götter verbot, hatte sogar meine Familie die Wahrheit erkannt. Die alten Wege mussten verboten werden. Ja, ich versuchte, die Schriftrolle zu zerstören und die Fehler meiner Vorfahren wiedergutzumachen. Alle, die die Götter herbeirufen, müssen vernichtet werden.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe selbst gesehen , dass du Seth herbeigerufen hast. Ich habe gehört, dass du über die Befreiung von Apophis geredet hast. Desjardins, Zia – dieser Typ lügt wie gedruckt. Er wird euch beide umbringen.«
Desjardins sah mich benommen an. Amos hatte den Obersten Vorlesepriester beharrlich als klug bezeichnet – warum konnte er die Bedrohung nicht erkennen?
»Schluss jetzt«, erklärte Desjardins. »Ergib dich, Carter Kane, oder du wirst sterben.«
Ich warf Zia noch einen flehentlichen Blick zu. Ich erkannte den Zweifel in ihren Augen, doch sie war absolut nicht in der Verfassung, mir zu helfen. Sie war gerade aus einem dreimonatigen Albtraum erwacht. Sie wollte glauben, dass das Lebenshaus noch immer ihr Zuhause war und Desjardins und Menschikow die Guten. Sie wollte nichts mehr über Apophis hören.
Ich hob den Krummstab und die Geißel. »Ich werde mich nicht kampflos ergeben.«
Menschikow nickte. »Dann wirst du sterben.«
Als er mit seinem Zauberstab auf mich deutete, schalteten sich meine Instinkte ein. Ich holte mit dem Krummstab aus.
Ich stand viel zu weit entfernt, um ihn treffen zu können, doch irgendeine unsichtbare Hand entriss Menschikow seinen Zauberstab und schleuderte ihn in hohem Bogen in den Nil. Er hielt mir sein Zaubermesser entgegen, aber ich holte noch einmal aus und dieses Mal flog Menschikow selbst in hohem Bogen durch die Luft. Er landete hart auf dem Rücken und ruderte dabei so mit den Armen, dass er Matschengel im Schlamm hinterließ.
»Carter!« Desjardins zog Zia hinter sich. Aus seinem Zauberstab züngelte violettes Feuer. »Wie kannst du es wagen, die Waffen von Re einzusetzen?«
Ich blickte erstaunt auf meine Hände. Noch nie hatte ich so viel Kraft in mir gespürt – als wäre es meine Bestimmung, ein König zu sein. Im Hinterkopf hörte ich Horus’ Stimme, die mich drängte: Dies ist dein Weg. Dies ist dein Geburtsrecht .
»Du bringst mich doch sowieso um«, entgegnete ich.
Mein Körper begann zu leuchten. Ich hob vom Boden ab. Zum ersten Mal seit Silvester war ich wieder vom Avatar des Falkengottes umschlossen – einem falkenköpfigen Krieger, der dreimal so groß war wie ich. In den Händen hielt er riesige holografische Nachbildungen des Krummstabs und der Geißel. Ich hatte der Geißel bisher nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt, doch man konnte jemandem damit fiese Schmerzen zufügen: Sie bestand aus einem hölzernen Stab mit drei gezackten Ketten, an deren Enden drei stachelige Metallsterne hingen, und sah wie eine Kombination aus Peitsche und Fleischklopfer aus. Als ich sie über den Boden sausen ließ, ahmte der Falkenkrieger meine Bewegung nach. Die leuchtende Geißel verwandelte die Steinstufen zu Zias Grab in Staub und ließ Kalksteinblöcke durch die Luft wirbeln.
Desjardins hielt einen Schild hoch, um die Kalksteinbrocken abzuwehren. Zia machte große Augen. Möglicherweise jagte ich ihr nun noch mehr Angst ein, bis sie endgültig überzeugt war, dass ich der Böse war, aber ich musste sie schützen. Ich konnte nicht zulassen, dass Menschikow sie wegbrachte.
»Kampfmagie«, sagte Desjardins verächtlich. »So war das Lebenshaus, als wir noch dem Weg der Götter folgten, Carter Kane: Magier gegen Magier, Intrigen und Duelle zwischen den verschiedenen Tempeln. Möchtest du, dass diese Zeiten wiederkehren?«
»Es muss ja nicht so sein«, sagte ich. »Ich will nicht gegen dich kämpfen, Desjardins, aber Menschikow ist ein Verräter. Geh einfach. Ich werde mich um ihn kümmern.«
Menschikow erhob sich aus dem Schlamm, dabei lächelte er, als würde
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