Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
hatte ihr Leben riskiert, um uns zu schützen. Sie war einer Horde Weputiu entgegengetreten, obwohl sie nur ein paar Wochen Ausbildung hinter sich hatte. Sie hatte die Energie ihrer Schutzgöttin Sachmet angezapft, genau wie wir es ihr beigebracht hatten, und das hatte sie fast umgebracht.
Was hatte ich dagegen in letzter Zeit geopfert? Ich hatte einen Wutanfall bekommen, weil ich möglicherweise meine Geburtstagsparty verpasste.
»Es tut mir so leid, Jaz.« Ich wusste, dass sie mich nicht hören konnte, aber meine Stimme zitterte. »Ich werde bloß … Ich drehe einfach durch, wenn ich hier nicht rauskomme. Wir mussten schon einmal die Welt retten und jetzt muss ich es wieder tun …«
Ich stellte mir vor, was Jaz antworten würde – zweifellos irgendetwas Beruhigendes: Es ist nicht deine Schuld, Sadie. Du hast dir ein paar Stunden verdient .
Da fühlte ich mich nur noch schlechter. Ich hätte nie zulassen dürfen, dass Jaz sich in Gefahr brachte. Vor sechs Jahren war meine Mutter bei dem Versuch gestorben, zu viel Energie zu kanalisieren. Sie war verglüht, als sie das Tor zu Apophis’ Kerker geschlossen hatte. Obwohl ich das wusste, hatte ich Jaz, die viel unerfahrener war, erlaubt, ihr Leben zu riskieren, um unseres zu retten.
Wie gesagt … ich bin eine grauenvolle Lehrerin.
Schließlich hielt ich es nicht mehr aus. Ich drückte Jaz’ Hand, bat sie, sich schnell zu erholen, und verließ das Krankenzimmer. Ich kletterte aufs Dach, wo wir unser Relikt zum Öffnen von Portalen aufbewahrten – einen Steinsphinx aus den Ruinen von Heliopolis.
Als ich Carter am anderen Ende des Dachs bemerkte, wo er einen Haufen gebratener Truthähne an den Greif verfütterte, verspannte sich mein ganzer Körper. Seit letzter Nacht hatte er einen ziemlich netten Stall für das Ungeheuer gebastelt, das Vieh schien also bei uns zu bleiben. Wenigstens würde das die Tauben vom Dach fernhalten.
Fast hoffte ich, dass Carter mich ignorieren würde. Ich war nicht in der Stimmung für einen weiteren Streit. Doch er warf mir einen finsteren Blick zu, wischte sich das Truthahnfett von den Händen und kam auf mich zu.
Ich machte mich auf Stunk gefasst.
Stattdessen brummte er: »Pass auf dich auf. Ich hab ein Geburtstagsgeschenk für dich, aber ich geb es dir erst, wenn … du zurück bist.«
Er sprach das Wort lebend zwar nicht aus, doch es schwang in seinem Tonfall mit.
»Also, Carter –«
»Geh einfach«, unterbrach er. »Es bringt doch nichts, wenn wir uns streiten.«
Ich wusste nicht, ob ich Schuld oder Wut empfinden sollte, aber vermutlich hatte er Recht. Was Geburtstage anbelangte, konnten wir auf keine gute Geschichte zurückblicken. Eine meiner frühesten Erinnerungen handelt von einem Streit an meinem sechsten Geburtstag und davon, wie die magische Energie, die Carter und ich auslösten, meine Geburtstagstorte explodieren ließ. In Anbetracht dessen hätte ich es vielleicht einfach dabei belassen sollen. Aber irgendwie konnte ich nicht.
»Es tut mir leid«, platzte ich heraus. »Ich weiß, du gibst mir die Schuld, weil ich letzte Nacht die Schriftrolle herausgezogen habe und weil Jaz verletzt wurde, aber ich kann einfach nicht mehr –«
»Da bist du nicht die Einzige«, erwiderte er.
In meiner Kehle bildete sich ein Kloß. Ich hatte mir so viele Gedanken darüber gemacht, dass Carter wütend auf mich war, dass ich überhaupt nicht auf seinen Tonfall geachtet hatte. Er klang absolut kläglich.
»Was ist denn?«, fragte ich. »Was ist passiert?«
Er wischte sich die fettigen Hände an der Hose ab. »Gestern im Museum … hat einer der Geister – einer von ihnen hat mit mir geredet.«
Er erzählte mir von seiner seltsamen Begegnung mit dem Weputi , wie die Zeit scheinbar langsamer vergangen war und wie der Weputi Carter gewarnt hatte, dass unsere Suche fehlschlagen würde.
»Er sagte …« Carter versagte die Stimme. »Er sagte, Zia würde im Roten Sand schlafen, wo immer das sein mag. Er sagte, sie stirbt, wenn ich die Suche nicht aufgebe und sie rette.«
»Carter«, sagte ich vorsichtig. »Hat er Zia namentlich erwähnt?«
»Ähm, nein …«
»Könnte er etwas anderes gemeint haben?«
»Nein, ich bin mir sicher. Er meinte Zia.«
Ich versuchte mir einen Kommentar zu verkneifen. Ehrlich, hab ich wirklich. Aber das Thema Zia Rashid hatte sich zu einer fixen Idee bei meinem Bruder entwickelt.
»Carter, ich will ja nicht fies sein«, sagte ich. »Aber die letzten paar Monate hast du aus allem
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