Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

bedeuten.«
    Menschikows Lachen klang, als erwürge jemand eine Katze. »Hervorragend geeignet, um böse Geister einzusperren, findest du nicht? Und in diesem Zimmer gibt es mehr Malachit als irgendwo sonst auf der Welt. Kaiserin Alexandra war ziemlich klug, sich diesen Saal als Empfangsraum bauen zu lassen.«
    Das Gefäß klirrte. »Aber hier drinnen stinkt es nach alten Münzen und es ist viel zu kalt. Hast du schon mal in einem Malachittopf gesteckt, Wlad? Ich bin kein Geist. Ich wäre viel gesprächiger, wenn wir uns gegenübersäßen, vielleicht bei einem Tee.«
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete Menschikow. »Und jetzt wirst du meine Fragen beantworten.«
    »Von mir aus«, erwiderte Seth. »Ich schätze, dass Brasilien bei der Fußball- WM gewinnt. Ich rate, in Platin oder kleine, überwiegend börsennotierte Unternehmen zu investieren. Deine Glückszahlen diese Woche sind übrigens 2, 13 –«
    »Solche Fragen doch nicht!«, fuhr ihn Menschikow an.
    Sadie zog einen Wachsklumpen aus ihrer Tasche und begann wie wild eine Art Tiergestalt zu formen. Sie testete den Schreibtisch auf magische Abwehrmaßnahmen. Solche Zauber hatte sie besser drauf als ich, aber ich war nicht sicher, wie sie es anstellen wollte. Ägyptische Magie ist ziemlich ergebnisoffen. Es gibt immer tausend unterschiedliche Methoden, eine Aufgabe zu bewältigen. Der Trick ist, seine Hilfsmittel kreativ einzusetzen und eine Methode auszuwählen, bei der man nicht draufgeht.
    »Du wirst mir sagen, was ich wissen muss«, verlangte Menschikow, »andernfalls wird das Gefäß noch ungemütlicher.«
    »Mein lieber Wladimir.« In Seths Stimme schwang bösartige Belustigung. »Was du wissen musst, unterscheidet sich möglicherweise sehr von dem, was du wissen willst . Hat dein bedauerlicher Unfall dich das nicht gelehrt?«
    Menschikow berührte seine Sonnenbrille, als wolle er sicherstellen, dass sie noch auf seiner Nase saß. »Du wirst mir den Bindezauber von Apophis erklären«, sagte er mit harter Stimme. »Weiterhin wirst du mir erklären, wie ich die Zauber neutralisiere, die auf dem Brooklyn House liegen. Du kennst Kanes Abwehrmaßnahmen besser als jeder andere. Sobald ich ihn vernichtet habe, steht mir kein Widersacher mehr im Weg.«
    Als mir die Bedeutung von Menschikows Worten allmählich dämmerte, hätte mich eine Welle der Wut fast umgehauen. Dieses Mal musste Sadie mir den Mund zuhalten.
    »Ruhig!«, flüsterte sie. »Sonst bringst du den Unsichtbarkeitsschild wieder zum Explodieren.«
    Ich stieß ihre Hand weg und zischte: »Aber er will Apophis befreien!«
    »Ich weiß.«
    »Und Amos angreifen –«
    »Ich weiß! Hilf mir lieber, die verdammte Schriftrolle zu finden, und dann verschwinden wir!« Sie stellte ihr Wachstier auf den Tisch – ein Hund vermutlich – und begann, mit einer Schreibbinse Hieroglyphen auf seinen Rücken zu schreiben.
    Ich holte zitternd Luft. Sadie hatte Recht, aber trotzdem – Menschikow redete davon, Apophis freizulassen und unseren Onkel umzubringen. Welcher Magier lässt sich schon auf einen Handel mit Seth ein? Außer Sadie und mir. Das war etwas anderes.
    In der Vase hallte Seths Lachen wider. »Also: Apophis’ Bindezauber und die Geheimnisse des Brooklyn House. Sonst noch was, Wladimir? Ich frage mich, was dein Meister Desjardins denken würde, wenn er über deine wirklichen Pläne und die Sorte Freunde, mit denen du dich umgibst, Bescheid wüsste.«
    Menschikow schnappte sich seinen Zauberstab. Die geschnitzte Schlangenspitze flackerte wieder auf. »Pass auf mit deinen Drohungen, Böser Tag .«
    Das Gefäß bebte. Im ganzen Raum klirrten Glasvitrinen. Der Kronleuchter klimperte wie ein Drei-Tonnen-Windspiel.
    Ich warf Sadie einen panischen Blick zu. »Hat er gerade –?«
    »Seths geheimen Namen«, bestätigte sie und schrieb weiter Buchstaben auf ihren Wachshund.
    »Wie –?«
    »Ich weiß es nicht, Carter. Und jetzt, psst!«
    Der geheime Name eines Gottes konnte alles Mögliche bewirken. Normalerweise sollte er nicht herauszufinden sein. Um ihn wirklich zu begreifen, reichte es auch nicht, ihn einfach von irgendjemandem zu hören. Man musste ihn aus dem Munde des Gottes oder von der Person hören, die ihm am nächsten stand. Kannte man den Namen, besaß man ein ernst zu nehmendes magisches Druckmittel gegen diesen Gott. Sadie hatte Seths geheimen Namen während unserer Abenteuer an Weihnachten herausgefunden, doch woher wusste Menschikow ihn?
    Im Inneren des Gefäßes knurrte Seth genervt.