Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
klaren Gedanken fassen.
[Hör auf zu lachen, Sadie.]
Ganz ehrlich, ich wollte die Situation nicht ausnutzen. Ich wollte bloß helfen.
Zia sah das anders. Sie versetzte mir einen derartigen Schlag gegen die Brust, dass ich wie eine Gummiente quietschte. Anschließend drehte sie sich auf eine Seite und würgte.
So schlimm konnte mein Atem doch nicht gewesen sein!
Als sie sich wieder zu mir wandte, funkelten ihre Augen vor Wut – genau wie in alten Zeiten.
» Wie kannst du es wagen , mich zu küssen!«, stieß sie hervor.
»Ich habe nicht – ich wollte nicht –«
»Wo ist Iskander?«, wollte sie wissen. »Ich dachte …« Sie starrte ins Leere. »Ich habe geträumt, dass …« Sie begann zu zittern. »Ewiges Ägypten, er ist nicht … Er kann nicht –«
»Zia –« Ich versuchte, ihr die Hand auf die Schulter zu legen, doch sie stieß mich weg. Sie drehte sich zum Fluss und begann zu schluchzen, ihre Finger krallten sich in den Schlamm.
Ich hätte ihr gern geholfen. Ich konnte es nicht ertragen, wie sie litt. Doch dann sah ich zu Bes, der sich an die blutige Nase tippte, als wolle er mich warnen: Ganz langsam oder sie sorgt dafür, dass deine Nase auch so aussieht.
»Zia, wir müssen eine Menge besprechen«, sagte ich und versuchte, nicht wie am Boden zerstört zu klingen. »Wir sollten dich vom Fluss wegbringen.«
Sie setzte sich auf die Stufen ihrer eigenen Grabkammer und schlang die Arme um den Körper. Ihre Kleider und ihre Haare trockneten allmählich, doch trotz der warmen Nacht und des trockenen Wüstenwindes zitterte sie noch immer.
Auf meine Bitte hin holte Bes ihren Zauberstab und ihr Zaubermesser aus dem Grab sowie den Krummstab und die Geißel, er wirkte dabei jedoch alles andere als glücklich. Er fasste die Gegenstände an, als wären sie giftig.
Ich versuchte, Zia einiges zu erklären: den Uschebti, Iskanders Tod, dass Desjardins Oberster Vorlesepriester geworden war und was sich seit der Schlacht mit Seth in den letzten drei Monaten ereignet hatte. Ich war allerdings nicht sicher, wie viel sie davon mitbekam. Sie schüttelte unablässig den Kopf.
»Iskander kann nicht tot sein.« Ihre Stimme zitterte. »Er hätte nicht … er hätte mir das nicht angetan.«
»Er hat versucht, dich zu schützen«, sagte ich. »Er ahnte nicht, dass du Albträume haben würdest. Ich habe dich gesucht –«
»Warum?«, wollte sie wissen. »Was willst du von mir? Ich erinnere mich daran, dass ich dich in London gesehen habe, aber danach –«
»Ich habe deinen Uschebti in New York getroffen. Sie hat – du hast – Sadie und mich in den Ersten Nomos gebracht. Du hast angefangen, uns auszubilden. Wir waren zusammen in New Mexico, dann haben wir an der roten Pyramide gemeinsam gekämpft –«
»Nein.« Sie kniff die Augen zusammen. »Nein, das war ich nicht.«
»Aber du kannst dich an das erinnern, was der Uschebti getan hat. Versuch einfach –«
»Du bist ein Kane!«, rief sie. »Ihr seid alle Gauner. Und du bist mit – mit dem da hier.« Sie deutete auf Bes.
» Der da hat einen Namen«, brummte Bes. »Allmählich frage ich mich, warum ich durch halb Ägypten gefahren bin, um dich aufzuwecken.«
»Du bist ein Gott!«, rief Zia. Dann wandte sie sich zu mir. »Und solltest du ihn herbeigerufen haben, wirst du zum Tode verurteilt werden!«
»Hör mal zu, Mädchen«, mischte sich Bes ein. »Du hast den Geist von Nephthys beherbergt. Wenn hier also jemand zum Tode verurteilt wird –«
Zia schnappte sich ihren Zauberstab. »Fort mit dir!«
Zum Glück war sie noch nicht wieder richtig bei Kräften. Sie schaffte es zwar, Bes eine schwache Feuersäule ins Gesicht zu schleudern, doch der Zwergengott schlug die Flammen mühelos aus.
Ich packte das Ende ihres Zauberstabes. »Zia, hör auf! Er ist nicht der Feind.«
»Darf ich sie schlagen?«, fragte Bes. »Schließlich hast du mich geschlagen, Kleiner. Ist doch nur fair.«
»Keine Prügelei«, befahl ich. »Und hier werden keine Flammen geschleudert, Zia, wir stehen auf derselben Seite. Die Frühlings-Tagundnachtgleiche beginnt morgen bei Sonnenuntergang, dann wird Apophis aus seinem Kerker ausbrechen. Er will dich umbringen. Wir sind hier, um dich zu retten.«
Der Name Apophis traf sie hart. Sie rang nach Luft, als würden sich ihre Lungen erneut mit Wasser füllen. »Nein. Nein, das ist nicht möglich. Warum sollte ich euch glauben?«
»Weil …« Ich zögerte. Was konnte ich schon sagen? Weil wir uns vor drei Monaten ineinander
Weitere Kostenlose Bücher