Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange
meines Körpers schmerzte und ich sah alles doppelt. Zu meinem Erstaunen hielt ich jedoch Krummstab und Geißel des Sonnengottes fest in der rechten Hand.
Zia war offenbar besser in Form als ich (klar, selbst manches überfahrene Tier hatte noch mehr Form als ich). Sie brachte auf jeden Fall die Kraft auf, mich von der Felsspalte Richtung Strand zu ziehen.
»Autsch«, jammerte ich.
»Lieg still.« Auf einen Befehl hin schrumpfte ihr Geier wieder zu einem Amulett. Sie kramte in ihrem Rucksack herum.
Sie holte ein kleines Tontöpfchen heraus und rieb eine blaue Paste auf die Schnittwunden, Verbrennungen und Blutergüsse auf meinem Oberkörper. Der Schmerz in meiner Seite ließ augenblicklich nach. Die Wunden verschwanden. Zias Hände waren weich und warm. Die magische Salbe duftete nach blühendem Geißblatt. Es war nicht die unangenehmste Erfahrung an diesem Tag.
Sie nahm noch eine Portion Salbe und sah auf den langen Schnitt auf meinem Bauch. »Ähm … das solltest du selbst machen.«
Sie schmierte mir die Salbe auf den Finger und ich trug sie auf, woraufhin sich die klaffende Wunde schloss. Ich setzte mich langsam auf und kümmerte mich um die Schnitte, die die Glasscherben an meinen Beinen hinterlassen hatten. Ich schwöre, dass ich spürte, wie die Rippen in meinem Brustkorb heilten. Ich holte tief Luft und war erleichtert, als das keine Schmerzen verursachte.
»Danke«, sagte ich. »Was ist das für ein Zeug?«
»Nefertembalsam«, sagte sie.
»Nefer-was?«
Ihr Lachen gab mir fast ein so gutes Gefühl wie die Salbe. »Heilbalsam, Carter. Er wird aus der Blüte des Blauen Lotus, Koriander, Alraune, gemahlenem Malachit und ein paar anderen Spezialzutaten hergestellt. Sehr selten und ich habe nur dieses Töpfchen. Sieh also zu, dass du dir nicht noch mehr Verletzungen einhandelst.«
»Sehr wohl, Ma’am.«
Ich war zufrieden, dass sich mein Kopf nicht mehr drehte. Ich sah auch nicht mehr alles doppelt.
Die Egyptian Queen war in weniger guter Verfassung. Die Überreste des Rumpfs lagen verstreut am Strand – Planken und Reling, Taue und Glas vermischten sich mit den Knochen, die schon vorher dort gelegen hatten. Das Steuerhaus war eingestürzt. Aus den zerbrochenen Fenstern züngelte Feuer. Die umgestürzten Schornsteine blubberten goldene Rauchblasen in den Fluss.
Vor unseren Augen brach das Heck ab und versank im Wasser, die leuchtenden Lichtkugeln wurden mit in die Tiefe gezogen. Vielleicht war die magische Mannschaft an das Boot gebunden. Vielleicht waren sie gar nicht mehr am Leben. Trotzdem hatte ich Mitleid mit ihnen, als sie unter der trüben Wasseroberfläche verschwanden.
»Damit fahren wir nicht mehr zurück«, sagte ich.
»Nein«, stimmte Zia zu. »Wo sind wir? Was ist mit Setne?«
Setne. Diesen Drecksack von Geist hatte ich doch fast vergessen. Von mir aus hätte er auf den Grund des Flusses sinken können, allerdings hätte er dann das Buch des Thot mitgenommen.
Ich suchte den Strand ab. Zu meiner Überraschung erspähte ich in ungefähr zwanzig Meter Entfernung eine etwas lädierte rosa Mumie, die sich durch das Treibgut wand und aussah wie eine Raupe, die in Freiheit zu gelangen versuchte.
Ich zeigte ihn Zia. »Wir könnten ihn einfach dort zurücklassen, aber er hat das Buch des Thot.«
Sie schenkte mir ihr grausames Lächeln, bei dem ich immer froh bin, dass ich sie nicht zur Feindin habe. »Das hat Zeit. Er kommt nicht weit. Wie wär’s mit einem Picknick?«
»Du hast immer so gute Ideen.«
Wir breiteten unsere Vorräte aus und versuchten uns einigermaßen zu säubern. Ich nahm ein paar Wasserflaschen heraus und Proteinriegel – ja, sieh an, der Pfadfinder.
Wir aßen und tranken und sahen unserem Geist in Geschenkverpackung dabei zu, wie er davonrobben wollte.
»Wie sind wir eigentlich genau hierhergekommen?«, fragte Zia. An ihrem Hals glitzerte noch immer der goldene Skarabäus. »Ich erinnere mich an das Serapeum, den Apis-Stier, den Raum mit dem Sonnenlicht. Danach verschwimmt alles.«
Ich schilderte ihr alles, so gut ich konnte – ihren magischen Skarabäusschild, ihre plötzlichen unglaublichen Kräfte von Chepre, wie sie den Apis-Stier gebraten hatte und selbst um Haaresbreite in Flammen aufgegangen wäre. Ich erzählte ihr, wie ich sie auf das Boot zurückgebracht und dass Blutige Klinge einen Rappel gekriegt hatte.
Zia zuckte zusammen. »Du hast Setne erlaubt, Blutige Klinge Befehle zu erteilen?«
»Ja. War wahrscheinlich nicht meine genialste
Weitere Kostenlose Bücher