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Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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nicht gewusst, was ich sagen sollte.
    Sadie betrachtete die Szenerie – das Meer des Chaos, den sich windenden Schatten der Schlange, den weißen Obelisken. Man sah ihr an, dass sie den Sog des Chaos spürte. Sie stellte sich breitbeinig hin, lehnte sich wie beim Tauziehen vom Meer weg. Ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie sich wappnete, ihre Gefühle zurückdrängte und ihre Trauer unterdrückte.
    »Hallo, Bruderherz«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Brauchst du Hilfe?«
    Es gelang ihr, uns von dem Illusionszauber zu befreien. Sie schien überrascht, als sie Res Krummstab und Geißel in meiner Hand erblickte. »Wie in aller Welt –?«
    Zia klärte sie kurz auf, was wir hinter uns hatten – angefangen bei dem Kampf mit dem Riesennilpferd bis zu Setnes letzten Tricksereien.
    »Das alles«, sagte Sadie bewundernd. »Und dann musstest du auch noch meinen Bruder mitschleppen? Du Ärmste. Aber wie können wir hier überhaupt überleben? Die Kraft des Chaos …« Sie musterte Zias Skarabäusanhänger. »Oh. Ich bin wirklich blöd. Kein Wunder, dass Taweret dich so komisch angeschaut hat. Du kanalisierst die Kraft Res.«
    »Re hat mich erwählt«, sagte Zia. »Es war nicht meine Entscheidung.«
    Sadie wurde sehr ruhig – das sah ihr überhaupt nicht ähnlich.
    »Schwesterchen«, fragte ich, so sanft ich konnte, »was ist mit Walt?«
    Ihre Augen waren so schmerzerfüllt, dass ich mich am liebsten für die Frage entschuldigt hätte. Ich hatte diesen Ausdruck bei ihr nicht mehr gesehen seit … nun ja, seit unsere Mutter gestorben war, als Sadie noch klein war.
    »Er kommt nicht«, sagte sie. »Er ist … tot.«
    »Sadie, es tut mir so leid«, sagte ich. »Bist du –?«
    »Mir geht’s gut!«, fuhr sie mich an.
    Übersetzung: Mir geht’s überhaupt nicht gut, aber wenn du noch ein einziges Mal fragst, stopf ich dir den Mund mit Wachs.
    »Wir müssen uns beeilen«, fuhr sie fort und versuchte das Beben in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Ich weiß, wie man den Schatten fangen muss. Gib mir einfach die Statuette.«
    Einen Moment lang war ich in Panik. Hatte ich die Figur, die Walt von Apophis gemacht hatte, überhaupt noch? Den weiten Weg zurückzulegen und sie dann zu vergessen, das wäre eine echte Armleuchteraktion gewesen.
    Zum Glück lag sie noch ganz unten in meinem Rucksack.
    Ich reichte sie Sadie, die die feine rote Schnitzerei der sich windenden Schlange und die Bindehieroglyphen um den Namen Apophis eingehend betrachtete. Bestimmt dachte sie an Walt und all die Mühe, die er in die Figur gesteckt hatte.
    Sie kniete am Rande des Stegs, wo der Sockel des Obelisken und der Schatten sich berührten.
    »Sadie«, sagte ich.
    Sie erstarrte. »Ja?«
    Mein Mund fühlte sich an, als wäre er voller Klebstoff. Ich hätte ihr gern gesagt, sie solle die ganze Sache einfach abblasen.
    Als ich sie so am Obelisken betrachtete, während sich dieser gewaltige Schatten dem Horizont entgegenschlängelte … da wusste ich einfach, dass etwas schieflaufen würde. Der Schatten würde angreifen. Der Zauberspruch würde irgendwie nach hinten losgehen.
    Sadie erinnerte mich so sehr an unsere Mutter. Ich wurde den Eindruck nicht los, dass sich die Geschichte wiederholte. Unsere Eltern hatten damals an Cleopatra’s Needle schon versucht, Apophis zurückzuhalten, und unsere Mutter war dabei gestorben. Ich hatte jahrelang meinem Vater dabei zugesehen, wie er von Schuldgefühlen geplagt wurde. Wenn ich danebenstand, wenn Sadie etwas passierte …
    Zia nahm meine Hand. Ihre Finger zitterten, aber ich war dankbar, dass sie da war. »Es wird klappen«, versprach sie.
    Sadie blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Hör auf deine Freundin, Carter. Und lenk mich jetzt nicht ab.«
    Sie klang gereizt, doch in ihren Augen war keine Verärgerung zu bemerken. Sadie verstand meine Befürchtungen ebenso gut, wie sie meinen geheimen Namen kannte. Sie hatte genauso viel Angst wie ich, wollte mich aber trotzdem beruhigen – auf ihre nervige Art.
    »Kann ich jetzt weitermachen?«, fragte sie.
    »Viel Glück«, brachte ich heraus.
    Sadie nickte.
    Sie legte die Statuette auf den Schatten und stimmte einen Sprechgesang an.
    Ich hatte Angst, die Wellen des Chaos könnten die Figur auflösen oder – noch schlimmer – Sadie in die Fluten ziehen. Stattdessen begann der Schatten der Schlange um sich zu schlagen. Er schrumpfte langsam, wand sich und sein Maul schnappte ins Leere, als bekäme er Schläge. Die Statuette nahm die

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