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Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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sich in irgendein untotes Geschöpf verwandelte – in eine vertrocknete Mumie, einen gespenstischen Ba oder einen entstellten Dämon. Bei ägyptischer Magie können Nebenwirkungen ziemlich drastisch ausfallen.
    Ich versuchte meine Ängste zu verbergen. »Wir wollen, dass du am Leben bleibst. Mach dir wegen Sadie keinen Kopf.«
    Ich konnte Walts Blick ansehen, dass er sich wegen Sadie einen ziemlichen Kopf machte. Mal ehrlich, was sah er bloß in meiner Schwester?
    [Hör auf, mich zu schlagen, Sadie. Ich bin bloß ehrlich.]
    Walt bewegte wieder die Finger. Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich meinte graue Dampffähnchen aus seinen Händen aufsteigen zu sehen; schon das bloße Reden über seine seltsame Kraft schien sie aktiviert zu haben.
    »Ich fälle die Entscheidung noch nicht jetzt«, sagte Walt. »Sondern erst, wenn ich im Sterben liege. Ich möchte zuerst mit Sadie reden, ihr alles erklären …«
    Er legte die Hand auf die Seitenwand des Bootes, was sich als Fehler herausstellte. Das Schilfgeflecht wurde unter seiner Berührung grau.
    »Walt, nimm die Hand weg!«, schrie ich.
    Er zog sie zurück, doch es war zu spät. Das Boot zerfiel zu Asche.
    Wir stürzten uns auf die Seile. Zum Glück zerfielen sie nicht – vielleicht passte Walt wieder besser auf. Freak krächzte, als das Boot verschwand und Walt und ich plötzlich unter dem Bauch des Greifs baumelten. Wir klammerten uns verzweifelt an die Seile, während wir – als wir über die Wolkenkratzer in Manhattan flogen – immer wieder gegeneinanderklatschten.
    »Walt!«, schrie ich gegen den Wind an. »Du musst diese Fähigkeit wirklich in den Griff bekommen!«
    »Tut mir leid!«, rief er zurück.
    Meine Arme schmerzten, doch irgendwie schafften wir es zum Brooklyn House, ohne in den Tod zu stürzen. Freak setzte uns auf dem Dach ab, wo Bastet schon mit offenem Mund wartete.
    »Warum hängt ihr an Seilen?«, wollte sie wissen.
    »Weil es so viel Spaß macht«, knurrte ich. »Was gibt’s Neues?«
    Hinter den Schornsteinen trällerte eine schwache Stimme: »Halllllöööchen!«
    Der antike Sonnengott Re kam hervor. Er schenkte uns ein zahnloses Lächeln und humpelte vor sich hinbrummend auf dem Dach herum: »Wiesel, Wiesel. Keks, Keks, Keks!« Er griff in seinen Lendenschurz und warf Kekskrümel wie Konfetti in die Luft – und ja, es war genauso ekelhaft, wie es sich anhört.
    Als Bastet die Arme ausstreckte, schossen Messer in ihre Hände. Vielleicht war es nur ein unbewusster Reflex; doch sie schien große Lust zu haben, jemanden diese Messer spüren zu lassen – irgendjemanden. Widerwillig schob sie die Klingen in die Ärmel zurück.
    »Was Neues?«, wiederholte sie. »Dank eures Onkels Amos, der mich um einen Gefallen gebeten hat, spiele ich hier Kindermädchen. Und unten wartet Sadies Uschebti auf euch. Wollen wir?«
    Um Sadie und ihr Uschebti zu erklären, bräuchten wir noch ein komplettes Tonband.
    Meiner Schwester fehlte jedes Talent zur Herstellung magischer Figuren. Was sie nicht davon abhielt, es immer wieder zu versuchen. Sie hat diese bekloppte Vorstellung von einem perfekten Uschebti, das als ihr Avatar fungieren könnte, mit ihrer Stimme spräche und wie ein ferngesteuerter Roboter alle ihre Pflichten erledigen würde. All ihre bisherigen Versuche waren in die Luft geflogen oder übergeschnappt und hatten Cheops und die Initianden terrorisiert. Die Woche zuvor hat sie eine magische Thermoskanne mit Glotzaugen erschaffen, die durch den Raum schwebte und »Vernichtet sie! Vernichtet sie!« brüllte, bis sie mir schließlich gegen den Kopf knallte.
    Sadies letztes Uschebti hieß Sadie Junior und war der Albtraum eines jeden Gärtners.
    Frei von jeglichem künstlerischen Talent, wie sie ist, hatte Sadie aus Tonblumentöpfen eine annähernd menschlich aussehende Gestalt gefertigt, die von Magie, Schnur und Klebeband zusammengehalten wurde. Das Gesicht war ein auf dem Kopf stehender Topf mit einer mit schwarzem Marker aufgemalten Smileyfratze.
    »Wird aber auch Zeit.« Als Walt und ich in mein Zimmer kamen, wartete die Topfgestalt schon. Ihr Mund bewegte sich nicht, doch aus dem Gesichtstopf hallte Sadies Stimme, als säße sie in dem Uschebti fest. Die Vorstellung gefiel mir.
    »Hör auf zu grinsen!«, befahl sie. »Ich kann dich sehen, Carter. Oh … und ach, hallo, Walt.«
    Das Topfungeheuer gab schrille Knirschgeräusche von sich, als es sich aufrichtete. Ein klobiger Arm hob sich und versuchte sich die nicht vorhandenen

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