Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange
entbehren können. Sie werden mit der Verteidigung ihrer eigenen Nomoi beschäftigt sein.«
Ich schüttelte den Kopf. »Amos braucht Magier, die sich mit den Wegen der Götter auskennen. Er braucht uns. Und zwar alle.«
Walt verdaute das schweigend. »Du meinst, wir sollten das Brooklyn House verlassen.«
Unter uns quietschten die Knirpse vor Vergnügen über Shelbys Versuch, sie mit ihren Funken sprühenden Stiften zu fangen. Cheops thronte auf dem Kaminsims und mampfte Cheerios, während er dabei zusah, wie der zehnjährige Tucker mit seinem Basketball auf die Thot-Statue zielte. Jaz verarztete eine Wunde auf Alyssas Stirn. (Vielleicht war sie von Sadies Schlägerthermoskanne angegriffen worden, die nach wie vor ihr Unwesen trieb.) Mittendrin saß Clio in ein Buch vertieft auf dem Sofa.
Das Brooklyn House war für manche der Initianden das erste richtige Zuhause. Wir hatten versprochen, dass sie bei uns sicher wären und wir ihnen beibringen würden, ihre Kräfte zu nutzen. Und nun war ich kurz davor, sie unvorbereitet in die gefährlichste Schlacht aller Zeiten zu schicken.
»Carter«, sagte Bastet. »Sie sind noch nicht so weit.«
»Sie müssen«, sagte ich. »Wenn der Erste Nomos fällt, ist es vorbei. Apophis wird uns in Ägypten angreifen, an der Quelle unserer Macht. Wir müssen dem Obersten Vorlesepriester beistehen.«
»Eine letzte Schlacht.« Walt blickte traurig in den Großen Saal, wahrscheinlich fragte er sich, ob er diese Schlacht noch miterleben würde. »Sollen wir es den anderen sagen?«
»Noch nicht«, sagte ich. »Der Angriff der rebellischen Magier auf den Ersten Nomos wird erst morgen stattfinden. Lassen wir den anderen einen letzten Tag in der Schule. Bastet, wenn sie heute Nachmittag nach Hause kommen, möchte ich, dass du sie nach Ägypten bringst. Benutz Freak und alle verfügbaren Zauber. Wenn in der Unterwelt alles glatt läuft, stoßen Sadie und ich vor dem Angriff zu euch.«
»Wenn alles glatt läuft«, bemerkte Bastet trocken. »Oh ja, das kommt auch häufig vor.«
Sie warf einen Blick auf den Sonnengott, der gerade versuchte, die Türklinke von Sadies Zimmer zu essen. »Was ist mit Re?«, fragte sie. »Wenn Apophis in zwei Tagen angreift …«
»Re muss weiterhin seine nächtliche Reise machen«, sagte ich. »Das ist ein Teil Maats. Das dürfen wir nicht vernachlässigen. Doch am Morgen der Tagundnachtgleiche sollte er in Ägypten sein. Er muss Apophis entgegentreten.«
»In diesem Zustand?« Bastet deutete auf den alten Gott. »In seinem Lendenschurz?«
»Ich weiß«, räumte ich ein. »Es klingt verrückt. Doch Apophis hält Re noch immer für eine Bedrohung. Wenn er Apophis im Kampf gegenübersteht, erinnert sich Re vielleicht daran, wer er ist. Vielleicht stellt er sich der Herausforderung und wird … was er einmal war.«
Walt und Bastet gaben keine Antwort. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, kauften sie mir meine Mutmaßungen nicht ab. Genauso wenig wie ich. Re nagte zwar mit Tötungsabsicht an Sadies Türgriff, aber im Kampf gegen den Lord des Chaos würde er vermutlich nicht viel ausrichten.
Trotzdem fühlte es sich gut an, einen Plan zu haben. Es war viel besser, als dumm herumzustehen und über die Hoffnungslosigkeit unserer Situation zu brüten.
»Nutze den heutigen Tag, um alles zu organisieren«, befahl ich Bastet. »Pack die wertvollsten Schriftrollen, Amulette, Waffen zusammen – alles, was wir zur Unterstützung des Ersten Nomos einsetzen können. Benachrichtige Amos, dass du kommst. Walt und ich machen uns in die Unterwelt auf und stoßen zu Sadie. Wir treffen uns alle in Kairo wieder.«
Bastet schürzte die Lippen. »In Ordnung, Carter. Aber seid vorsichtig mit Setne. Er ist zehnmal schlimmer, als du dir vorstellen kannst.«
»Hey, wir haben immerhin den Gott des Bösen besiegt«, erinnerte ich sie.
Bastet schüttelte den Kopf. »Seth ist ein Gott. Er ändert sich nicht. Selbst beim Gott des Chaos lässt sich ziemlich genau vorhersagen, was er tun wird. Setne hingegen … Er hat sowohl Macht als auch menschliche Unberechenbarkeit. Traut ihm nicht. Versprich mir das.«
»Das ist leicht«, sagte ich. »Versprochen.«
Walt verschränkte die Arme. »Und wie kommen wir in die Unterwelt? Portale sind unzuverlässig. Freak bleibt hier und das Boot ist sowieso futsch –«
»Ich habe da ein anderes Boot im Sinn«, sagte ich und versuchte es für eine gute Idee zu halten. »Ich werde einen alten Freund herbeirufen.«
Sadie
9.
Zia beendet
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