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Die Kanonen von Dambanor II

Die Kanonen von Dambanor II

Titel: Die Kanonen von Dambanor II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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eingerichtet haben, werden sie uns mit Argusaugen beobachten und auf die eigene Chance warten, sich diese Technologie zu eigen zu machen.
    Leslie kehrte auf die Brücke zurück.
    »Captain, welchen Kurs nehmen wir?«, fragte Lieutenant Commander Björn Soldo. »Wir stehen kurz vor dem Eintritt in den Bergstrom-Raum und Lieutenant Ramirez möchte gerne den Bergstrom-Vektor bestimmen.«
    »Wir fliegen nach Dambanor«, erklärte Leslie. »Befehl von Rudenko.«
    »Wir folgen also dem zweiten 5-D-Impuls.«
    »Die Einzelheiten besprechen wir, sobald wir uns im Zwischenraum befinden. Dann werden wir einige Tage Zeit haben.«

 
Kapitel 7 – Die Farbe der Götter
     
    Nur Gheroor ist es möglich, die Farben der Götter zu sehen. Für alle anderen Geschöpfe sind sie unsichtbar. Nicht bei allen ist diese Fähigkeit gleich stark ausgeprägt. Manche sind begnadet und erkennen die Farben früher als andere.
    Wenn die Monde von Farbe umflort sind, ist der Geist der Götter da, um zu richten die Lebenden und die Toten.
     
    Aus dem »Buch der Sieben Mondgötter«
     
     
     
    Gher (Dambanor II),
    unweit des Kaps der Schädelfelsen
     
    »Es ist eine besondere Zeit«, sagte Handelsherr Nebos.
    »Wer könnte daran noch zweifeln. Aber ich weiß nicht, ob ich es gutheißen soll, was da geschieht …«
    Der Wind blies inzwischen wieder und blähte die Segel. Gleich am Morgen war er aufgefrischt. Wie durch ein Wunder. Aber das war es nicht, was Nebos meinte.
    Die PARALA fuhr gen Süden. Wenn es in diesem Tempo weiterging, hatte sie in wenigen Tagen Yshan erreicht.
    »Härter am Wind!«, rief Kapitän Bedros zum Steuermann hinüber, doch dieser war genauso außer sich wie alle anderen an Bord. Sie sahen die Farben der Götter. Seit das Licht aus der Tiefe verloschen war, konnte man sie überall sehen. Sie tanzten durch die Luft, ein Gewirr aus Schlieren und wellenartigen Strukturen.
    Und Farben.
    Nichts war mit diesen Farben vergleichbar.
    In den Überlieferungen der Alten konnte man darüber etwas lesen. Aber in den modernen Zeiten, die mit der Ankunft der Außenweltler begonnen hatten, war es üblich geworden, auch die Farben der Götter für Mythen zu halten – etwas, das sich einige Gheroor ausgedacht hatten, um sich selbst hervorzuheben und behaupten zu können, mit den Göttern in einer besonderen Beziehung zu stehen.
    Doch jetzt sahen es alle.
    Die Farben umflorten die Monde mit einer unbeschreiblichen Aura. Mit den Farben des gewöhnlichen Lichts war dieses Phänomen nicht vergleichbar.
    Der sechste Mond stand noch am Himmel. Er war zurzeit tagsüber zu sehen. Eine Lichtkorona umgab ihn, die ihn beinahe heller als die Sonne erscheinen ließ.
    Aber es war ein anderes Licht als das der Sonne. Jedem Gheroor war das sofort instinktiv klar.
    »Es wird nichts so sein wie bisher«, sagte Nebos, an den Kapitän gewandt, der – wie alle anderen an Bord – im Bann dieser Erscheinung stand.
    Kapitän Bedros wusste, was Nebos meinte. Alle Gheroor konnten die Monde sehen, einige am Tag, andere in der Nacht. Also mussten auch alle sehen, was sich dort tat. Die tot geglaubten Götter schienen zurückgekehrt zu sein. So, wie sie es in der Überlieferung angekündigt hatten. Die Farben waren der Beweis.
    »Die Götter mögen uns vergeben«, sagte Kapitän Bedros. Es war kaum mehr als ein leises Zischen, was aus seinem lippenlosen Mund herauskam. Ein Wispern, aber die Götter würden es hören, da war sich Bedros auf einmal sicher. Wie haben wir alle zweifeln, ja sogar den Glauben verleugnen können? Wie konnten wir glauben, dass die Wissenschaft, die an den Hochschulen gelehrt wird, das Wissen ersetzen könnte, das in den Tempeln gelehrt wurde und seit Jahrtausenden bestand … bis die Außenweltler kamen und uns auf den Pfad der Untugend geführt haben!
    Die Gedanken rasten nur so in Bedros' Kopf.
    Seit er die Farben zum ersten Mal gesehen hatte, glaubte er, dass ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen hatte. Die schwankenden Planken eines Schiffes waren sein Zuhause, und der Körper mochte sich daran gewöhnen, hin- und hergeschaukelt zu werden, ohne dass der Gleichgewichtssinn rebellierte. Aber was war mit dem Geist? Was mit der Seele? Benötigten diese nicht ein festes Fundament?
    Das Fundament, auf dem Bedros sein Leben lang gestanden hatte, war ihm gerade unter den Füßen zerfallen. War zu Staub zerfallen, den der Wind weggeblasen und so den Blick auf eine viel ältere und viel stärkere Schicht freigelegt hatte. Den

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