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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Gleichgültigkeit.

4. KAPITEL
    Montag abend 17.00 bis 23.30 Uhr
    »Brillant!« sagte Mallory bitter. »Wahrhaftig brillant! ›Kommen Sie in meinen Salon‹, bat die Spinne die Fliege.« Er fluchte, deprimiert und auf sich selbst wütend, hob die Kante der Persenning, die über das vordere Luk gedeckt war, ein wenig an und lugte hinaus durch den dünner werdenden Regenvorhang, um zum zweitenmal, und genauer, die Felsenklippe zu betrachten, die wie ein Ellbogen so in die Flußbiegung ragte, daß sie hinter ihr von der See abgeschnitten waren. Jetzt war es nicht mehr schwierig, Einzelheiten zu erkennen, durchaus nicht schwierig: dem alles durchnässenden Wolkenbruch war ein sanfter Nieselregen gefolgt, der zunehmende Wind jagte graue und weiße Wolkenfahnen vor sich her, die schwarzen hohen Gewitterwolken waren schon hinter dem Horizont verschwunden. Vor einem klaren Himmelsstreifen weit im Westen stand flammend rot die sinkende Sonne, gerade mit dem Rand auf der Kimm. Sie war von dem im Schatten liegenden Fluß aus nicht zu sehen, doch daß sie draußen noch leuchtete, erkannten sie an dem wie mit goldenen Schleiern durchwirkten Regen hoch über ihren Köpfen.
    Dieselben goldenen Strahlen beschienen den halb verfallenen alten Wachtturm ganz vorn auf der Klippe, dreißig Meter über dem Fluß. Sie warfen einen Glanz auf den feinkörnigen weißen parischen Marmor, den sie zartrosa färbten, und ließen blanken Stahl aufblitzen: die gefährlichen Mündungen der schweren MG, die aus den Schießscharten in den dicken Turm wänden starrten. Sie beleuchteten auch das Hakenkreuz auf der am Mast über der Brustwehr steif auswehenden Flagge. Auch im Zerfall noch stark, in uneinnehmbarer Stellung, beherrschte der Turm aus seiner Höhe die beiden Zufahrten auf dem Wasser, von der See und auf dem Fluß, und bis zur Ausfahrt auch den schmalen, gewundenen Kanal zwischen der am Ufer festgemachten Kajike und dem Fuß der Klippe.
    Langsam, beinah zögernd, wandte Mallory sich, die Persenning zuziehend, wieder in den Raum. Sein Gesicht war finster, als er Andrea und Stevens anblickte, die im schwachen Licht der Kabine nur als unklare Schatten zu sehen waren.
    »Brillant!« wiederholte er. »Ein wahrer Geniestreich! Mallory, der große Denker! Wahrscheinlich die einzige verdammte Flußmündung im Umkreis von hundert Meilen und auf hundert Inseln – die von einem deutschen Posten bewacht wird. Und in die ausgerechnet mußte ich uns natürlich führen! Lassen Sie mich doch bitte noch mal die Karte sehen, Stevens.«
    Stevens schob ihm die Karte zu und beobachtete, wie er sie in dem blauen Lichtstreifen studierte, der unter der Persenning einfiel. Er lehnte sich gegen das Schott und sog heftig an seiner Zigarette. Sie schmeckte widerlich, schal und scharf, und dabei war der Tabak ganz frisch. Die alte krankhafte Furcht hatte ihn wieder gepackt, so stark wie immer. Er betrachtete die mächtige Gestalt Andreas, auf den er, ganz gegen die Logik, zornig war, weil Andrea vor wenigen Minuten die feindliche Stellung entdeckt hatte. ›Die haben gewiß Kanonen da oben‹, dachte er, ›bestimmt haben sie die, sonst könnten sie die Flußmündung nicht beherrschen.‹ Er griff hart ins Fleisch seines Oberschenkels, dicht über dem Knie, doch das Zittern saß zu tief, er konnte es nicht bändigen. So empfand er dankbar die Dunkelheit in dem kleinen Raum. Seiner Stimme war jedoch nichts anzumerken, als er sagte: »Sie verschwenden nur Ihre Zeit, Sir, wenn Sie die Karte betrachten und sich Vorwürfe machen. Dies ist der einzig mögliche Ankergrund in stundenweiter Umgebung, und bei dem Wind hätten wir an keiner anderen Stelle anlaufen können. Es war die einzige Lösung für uns.«
    »Sehr richtig. Das ist es ja gerade.« Mallory faltete die Karte zusammen und gab sie ihm wieder. »An keiner anderen Stelle hätten wir anlaufen können. Kein vernünftiger Mensch hätte es überhaupt anders machen können. Muß hier bei Sturm ein sehr beliebter Hafen sein – was den Deutschen gewiß schon vor langer Zeit aufgestoßen ist. Eben deshalb hätte ich wissen müssen, daß sie so gut wie sicher hier einen Vorposten haben würden. Aber ›Wenn man vom Rathaus kommt …‹ wie Sie sagen.« Er rief laut: »Chief!«
    »Hallo?« kam schwach Browns gedämpfte Stimme aus den Tiefen des Maschinenraums.
    »Wie geht's voran?«
    »Einigermaßen, Sir. Montieren jetzt die Geschichte.«
    »Wann fertig?« rief Mallory. »In einer Stunde?«
    »Ja, leicht.«
    »Eine

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