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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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alle, die wenigen Lücken konnten sie schnell zustopfen, daß der treibende Schnee nicht eindrang, den Zugang verschlossen sie mit einer durch Steine beschwerten Zeltbahn. Obgleich es in der Enge und Dunkelheit ganz unmöglich schien, gelang es ihnen, Stevens das von Seewasser und Regen durchtränkte Zeug abzustreifen und ihn in einen zum Glück mit Reißverschluß versehenen Schlafsack zu schieben. Nachdem sie ihm etwas Kognak eingeflößt und seinen Kopf mit dem blutgetränkten Verband auf ein paar trockene Kleidungsstücke gebettet hatten, sanken die vier, auch der unverwüstliche Andrea, auf den nassen schneekalten Boden ihres Unterstands und schliefen wie Tote, ohne den harten Fels unter ihrem Körper, die Kälte, den Hunger, ihre klamme, feuchte Kleidung zu spüren. Nicht einmal den Schmerz des in ihren erstarrten Händen und Gesichtern wieder beginnenden Blutumlaufs fühlten sie.

7. KAPITEL
    Dienstag 15.00 bis 19.00 Uhr
    Die von Rauhreifringen umrahmte, hinter den jagenden Wolkenfetzen nur schwach leuchtende Sonne war schon weit über ihren Zenit und sank schnell auf den Rand des verschneiten Berghanges, als Andrea leise die Zeltplane zur Seite schob und aufmerksam den sanften Bogen des Hanges hinabspähte. Sekundenlang blieb er ganz still hinter dem Vorhang stehen und lockerte dabei mechanisch die schmerzhaft verkrampften Beinmuskeln, während er seine zusammengekniffenen Augen allmählich an das blendende Weiß des kristallen schimmernden Schnees gewöhnte. Und schon hatte er ohne Geräusch die Schutzhöhle verlassen und war mit wenigen großen Schritten weit an der schrägen Wand der Schlucht emporgelaufen. Lang im Schnee liegend schob er sich in weichen Bewegungen ganz hinauf und lugte vorsichtig über den Rand.
    Tief unter sich sah er ein breites, nahezu vollkommen symmetrisches Tal, das sich, von zwei steilen Bergen umrahmt, nach Norden sanft senkte. Über den ragenden Riesen mit den pfeilergleichen Bastionen zu seiner Rechten, der düster brütend das Tal beherrschte, war Andrea nicht im Zweifel: es mußte der Kostos sein, der höchste Berg auf Navarone. In der Nacht waren sie an seiner westlichen Flanke entlanggegangen. Genau östlich von ihm, etwa fünf Meilen entfernt von dem kleinen Berg, auf dem sie lagen, sah er einen dritten, beinah ebenso hohen, dessen Nordabhang allerdings steiler war und in die Ebene nordöstlich des Orts Navarone verlief. Und ungefähr vier Meilen entfernt lag im Nordosten, weit unterhalb der Schneegrenze und der vereinzelten Schäferhütten, in einer Bodenfalte zwischen den Hügeln eine Gruppe Häuser mit flachen Dächern, am Ufer des Flusses, der sich durch das Tal schlängelte.
    Das konnte nur das Dorf Margaritha sein.
    Während er das Tal in allen Einzelheiten studierte, jede kleine Senke, jeden Spalt in dem bergigen Gelände, versuchte er sich zu erinnern, was für ein fremdartiges Geräusch es gewesen sein konnte, das vor zwei Minuten in seinen tiefen Schlaf gedrungen war und ihn sofort auf die Beine gebracht hatte, hellwach schon, ehe er sich die Bedeutung der Töne überlegen konnte. Und jetzt hörte er sie wieder, dreimal in wenigen Sekunden: das hochtonige Wimmern einer Pfeife, schrille befehlende Pfiffe, die an den unteren Hängen des Kostos in mehrfachem Echo schnell verklangen. Noch zitterte der letzte Nachhall schwach in der Luft, da hatte Andrea sich schon abgestoßen und war rückwärts den Abhang zur Schlucht hinuntergeglitten.
    In einer halben Minute war er wieder oben am gleichen Platz, seine Wangenmuskeln zogen sich unwillkürlich zusammen, als er die eiskalten Okulare von Mallorys Zeißfeldstecher fest an die Augen drückte. ›Jetzt gibt es keinen Irrtum mehr‹, dachte er grimmig. Sein erster flüchtiger Eindruck war nur zu richtig gewesen. Fünfundzwanzig bis dreißig Soldaten drangen, in einer langen, unregelmäßigen Schützenkette, auf dem Abhang des Kostos vor, indem sie jede Rinne und alle Lücken zwischen den chaotisch verstreuten Felsblöcken auf ihrem Weg durchkämmten. Alle trugen Schneekleidung und waren doch auf die Entfernung von zwei Meilen leicht zu erkennen, denn die Spitzen der auf den Rücken geschnallten Skier ragten über ihre Schultern und die mit Kapuzen bedeckten Köpfe. Auffallend schwarz gegen das reine Weiß des Schnees hüpften und wedelten die Skibretter, wie Betrunkene sich bewegen, wenn ihre Träger in dem Geröll ausrutschten und stolperten. Von Zeit zu Zeit gab einer etwa in der Mitte der Reihe ein paar Zeichen mit einem

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