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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Angst hatten wie ich. Sie haben nicht alles gefürchtet, was ein Mensch fürchten kann, sondern immer hat einer etwas zu fürchten vergessen, und vergessen, sich dagegen zu sichern. Aber Andrea vergaß nichts, weil er sich immer gefürchtet hat. So einfach ist das.«
    Er betrachtete Stevens lächelnd. »Es gibt auf der Welt nicht tapfere Männer und feige Männer, mein Sohn. Nur tapfere gibt es. Geboren werden, leben und sterben – das allein erfordert schon Mut, mehr als genug. Wir sind alle tapfere Männer und haben alle Angst, und wen die Welt als tapferen Mann bezeichnet, der ist ebenso tapfer und ebenso furchtsam wie wir andern alle. Nur ist er fünf Minuten länger tapfer. Manchmal auch für zehn, oder zwanzig – oder so lange, wie ein kranker, blutender und angstvoller Mensch braucht, um eine Klippe zu erklettern.«
    Stevens' sagte nichts. Der Kopf war ihm auf die Brust gesunken, das Gesicht verborgen. Selten hatte er sich so glücklich gefühlt, so in Frieden mit sich selbst. Er hatte gewußt, daß er vor Männern wie Andrea und Mallory nichts verbergen konnte, aber nicht gewußt hatte er, daß das keine Rolle spielte. Er meinte, etwas sagen zu müssen, doch es wollte ihm nichts einfallen, er war unfähig, zu denken. Tief im Innern spürte er, daß Andrea die Wahrheit gesagt hatte, jedoch nicht die volle Wahrheit, aber in seiner grenzenlosen Mattigkeit kam er mit den Gedanken nicht von der Stelle.
    Miller räusperte sich laut. »Nicht mehr sprechen jetzt, Leutnant«, sagte er energisch. »Sie müssen langliegen und sehen, daß Sie Schlaf kriegen.«
    Stevens blickte erst ihn, dann Mallory verwundert an.
    »Ja, tun Sie lieber, was er Ihnen sagt, Andy.« Mallory lächelte. »Er ist Ihr Chirurg und ärztlicher Ratgeber. Hat Ihr Bein in Ordnung gebracht.«
    »Oh, das wußte ich nicht. Ich danke Ihnen, Dusty. War es – sehr schwierig?«
    Miller machte eine geringschätzige Handbewegung. »Für einen Mann mit meiner Praxis nicht. Bloß ein einfacher Bruch«, log er ohne Skrupel. »Hätte es beinah einen von den andern machen lassen … Helfen Sie ihm doch bitte mal beim Hinlegen, Andrea.« Er gab Mallory einen Wink mit dem Kopf. »Boß?«
    Die beiden gingen ins Freie und stellten sich mit dem Rücken gegen den eisigen Wind.
    »Wir müssen für den Jungen ein Feuer haben und trockenes Zeug«, sagte Miller eindringlich. »Er hat fast vierzig Fieber und wird immer schwächer.«
    »Ich weiß, ich weiß«, gab Mallory sorgenvoll zurück. »Und auf diesem verdammten Berg ist sicher nichts zu finden, was brennt. Wollen erst einmal nachsehen, wieviel trockenes Zeug wir noch zusammenkriegen.«
    Er hob eine Ecke der Zeltplane und trat hinein. Stevens war noch wach, Brown und Andrea saßen rechts und links neben ihm. Miller setzte sich auf die Hacken.
    »Wir werden für die Nacht hierbleiben«, verkündete Mallory, »also wollen wir es uns so gemütlich wie möglich machen. Denkt daran, daß wir noch zu dicht an der Klippe sind, um uns sicherfühlen zu können, aber die Deutschen haben keinen Beweis, daß wir auf der Insel sind, und von der Küste sind wir nicht zu sehen. Also können wir's uns ebensogut bequemer machen.«
    »Boß …«, Miller wollte etwas sagen, unterließ es aber. Mallory sah ihn überrascht an und merkte, daß er mit Brown und Stevens Blicke wechselte. In ihren Augen las er Unsicherheit, Zweifel und aufdämmernde Furcht. Da traf ihn wie ein Schlag die Gewißheit, daß etwas Schlimmes passiert sein mußte.
    »Was ist los?« fragte er schroff. »Heraus mit der Sprache.«
    »Wir haben schlechte Nachrichten für Sie, Boß«, sagte Miller vorsichtig. »Hätten Ihnen das gleich berichten sollen. Nehme an, daß jeder gedacht hat, der andere würde das tun … Sie wissen doch, daß Sie mit Andrea den Posten von der Klippe geworfen haben?«
    Mallory nickte ernst. Er wußte, was jetzt kam.
    »Der ist auf das Riff gefallen, das sechs bis acht oder neun Meter vor der Klippe liegt«, fuhr Miller fort. »Viel war von ihm, glaube ich, nicht mehr übrig, aber das jedenfalls sitzt fest zwischen zwei Felsen. Absolut fest, wie eingerammt.«
    »Ach so«, murmelte Mallory, »habe mich schon den ganzen Abend gewundert, wovon Sie unter Ihrem Gummiumhang so naß werden konnten.«
    »Ich hab's viermal versucht, Boß«, sagte Miller ruhig. »Die andern hatten mich am Seil.« Er zuckte die Achseln. »War einfach nicht zu machen: die verdammten Wellen haben mich jedesmal an die Klippenwand zurückgeschmissen.«
    »In drei

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