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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Alpenstock, offenbar, um die Aufmerksamkeit des Spähtrupps auf bestimmte Stellen zu lenken. ›Der Mann mit der Pfeife‹, dachte Andrea. Es war ihm seltsam zumute.
    »Andrea!« kam ganz leise ein Ruf aus der Schutzhöhle. »Stimmt da was nicht?«
    Einen Finger an den Mund legend drehte Andrea sich im Schnee herum. Mallory, das Gesicht ganz dunkel von den Bartstoppeln, sein Zeug verknüllt, stand am Zeltvorhang. Eine Hand an der Stirn, um sich gegen das grelle Schneelicht zu schützen, rieb er sich mit der andern den Schlaf aus seinen geröteten Augen. Als Andrea einen Finger krümmte, hinkte er gehorsam zu ihm hin, bei jedem Schritt vor Schmerz aufzuckend. Seine Zehen waren geschwollen und abgeschunden, vom geronnenen Blut zusammengeklebt. Er hatte die Stiefel noch nicht von den Füßen gehabt, seitdem er sie dem toten deutschen Wachtposten abgenommen hatte, und jetzt graute ihm fast davor, weil er Schlimmes zu entdecken fürchtete. Langsam erklomm er den steinernen Hang und ließ sich neben Andrea in den Schnee gleiten.
    »Gesellschaft?« fragte er.
    »Die übelste, die wir haben können«, murmelte Andrea. »Sieh sie dir an, Keith.« Er gab ihm das Fernglas und wies nach dem unteren Abhang des Kostos. »Daß die hier sind, hat dein Freund Jensen mit keinem Wort erwähnt.«
    Langsam suchte Mallory das Gelände mit dem Feldstecher ab. Plötzlich hatte er den Spähtrupp im Gesichtsfeld. Er hob den Kopf, regulierte ungeduldig die Scharfeinstellung, blickte noch einmal kurz hin, dann ließ er das Glas mit einer betont ruhigen Geste sinken, die aber seine Erbitterung nicht verbergen konnte.
    »Das W.G.B.«, sagte er leise.
    »Ein Jägerbataillon«, mußte Andrea bestätigen. »Vom Alpenkorps, ihren besten Gebirgstruppen. Das paßt uns sehr schlecht, mein lieber Keith.«
    Mallory rieb sein Stoppelkinn und nickte. »Wenn jemand uns finden kann, dann die. Und sie werden uns finden.« Er hob das Fernglas, um die vorrückende Truppe noch einmal zu betrachten. Die peinliche Genauigkeit, mit der sie suchten, war schon aufregend genug, doch noch bedrohlicher und erschreckender war, auch bei dem Schneckentempo, das unerbittlich zielbewußte, unvermeidliche Näherkommen der noch winzigen Gestalten. »Gott weiß, was das Alpenkorps auf der Insel vorhat«, fuhr Mallory fort. »Uns reicht's, daß sie hier sind. Sicher wissen die, daß wir gelandet sind und haben vormittag schon den Ostabhang des Kostos abgesucht – weil vermutet werden mußte, wir würden von da aus ins Innere vordringen. Nachdem sie dort nichts gefunden haben, kämmen sie hier den Bergrücken ab. Sie scheinen ziemlich genau zu wissen, daß wir einen Verwundeten mitschleppen und noch nicht sehr weit gekommen sein können. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, Andrea.«
    »Eine Frage der Zeit«, gab Andrea wie ein Echo zurück. Er blickte zur Sonne auf, die am dunkler werdenden Himmel kaum noch zu sehen war. »Eine Stunde, anderthalb höchstens. Noch vor Sonnenuntergang werden sie hier erscheinen. Und wir werden noch hier sein.« Er blickte Mallory fragend an. »Wir können den Jungen nicht liegenlassen, und können nicht entkommen, wenn wir ihn mitnehmen – und er würde dann sowieso sterben.«
    »Wir werden nicht hier sein«, sagte Mallory entschieden. »Wenn wir bleiben, sterben wir alle. Oder beenden unser Leben in einem der hübschen kleinen Kerker, von denen Monsieur Vlachos erzählt hat.«
    »Es kommt darauf an, was der größeren Anzahl nützt.« Andrea nickte bedächtig. »So muß es doch sein, oder nicht, Keith? Die größere Anzahl. Jedenfalls würde Kapitän Jensen das sagen.«
    Mallory bewegte sich nervös, doch seine Stimme klang ganz fest, wenn auch müde. »Ich sehe es ebenso, Andrea. Eine einfache Verhältniszahl: 1200 zu 1. Du weißt, daß so gerechnet werden muß.«
    »Ja, ich weiß. Aber du zerbrichst dir umsonst den Kopf. Komm, Freund, wir wollen den andern die Nachricht bringen.«
    Miller blickte hoch, als die beiden eintraten und den Vorhang hinter sich zufallen ließen. Er hatte den Reißverschluß an der Seite von Stevens' Schlafsack geöffnet und hantierte an dem gebrochenen Bein. Auf dem Rucksack neben sich hatte er eine ganz dünn abgeblendete Taschenlampe gelegt.
    »Wann wollen wir denn mit dem Jüngling hier was unternehmen, Boß?« Sein Ton war schroff und so ärgerlich wie die Geste, mit der er auf den in totenähnlichem Schlaf liegenden Stevens deutete. »Dieser verflixte Schlafsack, der wasserdicht sein soll, ist völlig

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