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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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durchnäßt, und der Junge auch. Der ist beinah steifgefroren, sein Bein fühlt sich an wie eine eisgekühlte Rinderkeule. Er braucht Wärme, Boß, einen warmen Raum und heiße Getränke – sonst ist er erledigt. Vierundzwanzig Stunden.« Miller betrachtete fröstelnd die rissigen Wände der Felsenhöhle. »Ich glaube, sogar in einem erstklassigen Krankenhaus würde der nur knapp durchkommen … hier verbraucht er schon seine letzte Reserve, wenn er in diesem verfluchten Eisschrank Luft holt.«
    Miller übertrieb nur wenig. Wasser vom schmelzenden Schnee rann ständig von den klammen, mit grünen Flechten überzogenen Wänden der Höhle und tropfte zwischen die Kiesel auf dem halbgefrorenen nassen Boden. Da sie keinen Durchzug machen konnten und das sich von den Seitenwänden ansammelnde Wasser nicht ablief, war es in der Höhle feucht, dumpf und schauderhaft kalt.
    »Vielleicht kommt er schneller in ein Krankenhaus als Sie denken«, sagte Mallory trocken. »Wie sieht sein Bein denn aus?«
    »Schlimmer.« Miller sprach grob. »Ganz bedeutend schlechter. Habe eben gerade noch eine Handvoll Jodoform 'reingepulvert und die Sache wieder zugebunden. Das ist alles, was ich tun kann, Boß, und auch das ist Zeitverschwendung … Was sollte Ihre Angeberei mit dem Krankenhaus?« fragte er argwöhnisch.
    »Das war keine Angeberei«, erwiderte Mallory sachlich, »sondern eine der weniger angenehmen nackten Tatsachen. Ein deutscher Spähtrupp ist nach hier unterwegs, und die gehen aufs Ganze, sie werden uns finden.«
    Miller fluchte. »Das ist ja reizend, einfach wunderbar. Wie weit weg sind sie noch, Boß?«
    »Eine Stunde, vielleicht etwas mehr.«
    »Und was machen wir mit dem Junior hier? Ihn liegenlassen? Meiner Ansicht nach seine einzige Chance.«
    »Stevens kommt mit uns.« Mallorys Ton schaltete jeden Widerspruch aus. Miller blickte ihn lange mit eiskalter Miene an.
    »Stevens kommt mit uns«, wiederholte er. »Wir schleppen ihn mit, bis er tot ist – das wird nicht lange dauern –, und lassen ihn dann im Schnee liegen. Ganz einfach so mitschleppen, was?«
    »Ganz einfach so, jawohl, Dusty.« Nachdenklich wischte Mallory etwas Schnee von seinem Anzug und blickte Miller wieder an. »Stevens weiß zuviel. Die Deutschen werden schon erraten haben, wozu wir auf der Insel sind, aber sie wissen nicht, auf welche Weise wir in die Festung eindringen wollen – und wissen auch nicht, wann unsere Kriegsschiffe eingreifen. Aber Stevens weiß das. Man wird ihn zum Reden bringen. Scopolamin bringt jeden zum Reden.«
    »Scopolamin? Bei einem Sterbenden?« Miller hielt das für unmöglich.
    »Warum nicht? Ich würde dasselbe tun. Und wenn Sie der deutsche Kommandeur wären und wüßten, daß Ihre schweren Geschütze und die Hälfte Ihrer Leute in der Festung jeden Augenblick in die Luft gejagt werden können, täten Sie es auch.«
    Miller schnitt kopfschüttelnd eine Grimasse und sagte: »Ich und mein –«
    »Weiß schon, Sie und Ihr großer Mund.« Mallory klopfte ihm lächelnd auf die Schulter. »Mir gefällt das genausowenig wie Ihnen, Dusty.« Er drehte sich um und ging zur anderen Höhlenwand. »Und wie geht's Ihnen Chief?«
    »So einigermaßen, Sir.« Casey Brown, eben wachgeworden, war noch ganz benommen und zitterte in seinem nassen Zeug. »Gibt's was Unangenehmes?«
    »Massenhaft«, versicherte ihm Mallory. »Spähtrupp kommt auf uns zu. Wir müssen in einer halben Stunde von hier verschwinden.« Er schaute auf seine Uhr. »Kurz vor vier. Meinen Sie, daß Sie Kairo durchkriegen?«
    »Das weiß nur der liebe Gott«, sagte Brown ehrlich, indem er sich mühsam erhob. »Unser Radio ist gestern nicht gerade gut behandelt worden, aber versuchen will ich's.«
    »Danke schön, Chief. Passen Sie auf, daß Ihre Antenne nicht über die Felsenbank ragt.« Mallory wollte hinausgehen, blieb aber mit einem Ruck stehen, als er Andrea neben dem Ausgang auf einem Stein sitzen sah. Der griechische Riese hatte, ganz vertieft in seine Arbeit, das Zielfernrohr auf seine 7,92-mm-Mauser geschraubt und wickelte gerade das Futter von seinem Schlafsack geschickt um den Lauf und Kolben, bis das ganze Gewehr dick mit dem weißen Stoff umhüllt war.
    Mallory beobachtete ihn still. Andrea schaute lächelnd zu ihm auf, erhob sich und griff nach seinem Rucksack. In einer halben Minute hatte er sich von Kopf bis Fuß in seinen Anzug mit Gebirgstarnung gekleidet, zog die Bänder seiner Schneehaube zu und schob die Füße durch die zerknitterten

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