Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
egal sein, wie weit der Weg ist.«
    »Sie haben gut reden!« knurrte Miller verdrießlich. Ihm war für die erste Strecke das vordere Ende der Bahre zugeteilt. Wer ihn kannte, sah aber an seinen sonderbar verzogenen Augenbrauen, daß er niemand kränken wollte.
    »Also schön, dann brechen wir auf. Noch eine letzte Frage, Oberleutnant Turzig: Wo ist die Funkstelle des Lagers?«
    »Damit Sie die zertrümmern können, wie?«
    »Sehr richtig.«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Und wenn ich Ihnen eine Kugel durch den Kopf androhe?«
    »Das werden Sie nicht tun.« Turzig lächelte, wenn auch ein wenig schief. »Unter bestimmten Verhältnissen würden Sie mich töten wie eine Fliege, aber wegen der Verweigerung solcher Auskünfte bringen Sie niemand um.«
    »Sie haben doch nicht mehr so viel zu lernen wir ihr verstorbener, aber nicht ›leider‹ verstorbener Hauptmann dachte«, gab Mallory zu. »So überaus wichtig ist mir das auch nicht … Ich bedaure, was wir hier tun müssen, und hoffe nur, wir begegnen uns nicht wieder, das heißt: solange der Krieg dauert. Wer weiß, vielleicht machen wir eines Tages gemeinsame Klettertouren.«
    Er gab Louki das vereinbarte Zeichen, Turzig zu knebeln, und ging schnell hinaus. Nach zwei Minuten hatten sie das Barackenlager hinter sich und waren unsichtbar in die Dunkelheit der Olivenhaine südlich von Margaritha getaucht.
    Als sie, nach längerer Zeit, aus dem waldigen Gebiet herauskamen, kündete sich schon der Morgen an. Die schwarze Silhouette des Kostos wurde bereits heller im flaumigen ersten Grau des neuen Tages. Der Wind, jetzt aus Süden, war warm, auf den Bergen begann der Schnee zu schmelzen.

11. KAPITEL
    Mittwoch 14.00 bis 16.00 Uhr
    Den ganzen Tag hielten sie sich zwischen den Johannisbrotbäumen verborgen, einem kleinen Gehölz von verkümmerten knorrigen Bäumen, die mühsam im trügerischen Boden des mit Geröll bedeckten Abhangs wurzelten, unter dem sich des »Teufels Spielplatz« dehnte – wie Louki das Gelände bezeichnete. Ein ärmlicher »Schutz« und ein ungemütlicher Ort, der ihnen aber das bot, was sie sich gewünscht hatten: ein Versteck, unmittelbar dahinter eine sehr gute Verteidigungsstellung, eine milde Brise, die von See über die von der Sonne erhitzten Felsen heraufstrich, kühlenden Schatten unter den Strahlen dieser Sonne, die den ganzen Tag über einen wolkenlosen Himmel wanderte, und – eine unvergleichlich schöne Aussicht auf das lichtfunkelnde Ägäische Meer.
    Zu ihrer Linken konnten sie, flimmernd in allen Schattierungen von Blau und Violett, die Inselgruppe der Leraden sehen. Eine von ihnen, Maidos, lag so nahe, daß sie einzelne Fischerhäuschen erkennen konnten, auf deren weißen Mauern die Sonne glänzte. Durch den engen Wasserweg zwischen Maidos und Navarone sollten in kaum mehr als vierundzwanzig Stunden die Kriegsschiffe der Royal Navy kommen. Zur Rechten, weit entfernt und gestaltlos, schwang vor der Kulisse der hohen Anatolischen Berge die Küste in weitem Bogen in der Form eines Krummschwertes nach Nordwesten aus, und genau nach Westen stach wie ein Wurfspeer das Kap Demirci, von Felsen umrandet, mit weißen Sandbuchten dazwischen, in das milde Blau der Ägäis. Und nördlich des Kaps, im violetten Dunst der Ferne, lag die Insel Kheros wie träumend auf der Meeresoberfläche.
    Ein bezauberndes Panorama von inniger Schönheit, dieser weite Halbkreis auf der sonnenbestrahlten See. Doch Mallory hatte jetzt keinen Blick dafür, er hatte nur flüchtig hingeschaut, als er vor ungefähr anderthalb Stunden, kurz nach zwei Uhr, auf ihren Beobachtungsplatz trat. An einem Baumstamm gelehnt, hatte er minutenlang, bis die Augen ihn vor Anstrengung schmerzten, nach dem ausgeschaut, was er so lange schon zu sehen begehrte. Was er sehen wollte und zerstören sollte: die Kanonen der Festung Navarone.
    Der Ort Navarone – ein Städtchen von vier- bis fünftausend Einwohnern, nach seiner Schätzung – lag breit gebaut um den tiefen Bogen des in vulkanischen Fels gebetteten Hafens, einem wohlgerundeten Bogen, der fast einen geschlossenen Kreis bildete, bis auf die enge, wie ein Flaschenhals geformte Durchfahrt im Nordwesten, einem zu beiden Seiten durch Batterien von Scheinwerfern, Mörsern und MG beherrschten Tor. Nordöstlich ihres Lagers zwischen den Johannisbrotbäumen konnte Mallory auf eine Entfernung von etwa fünf Kilometern alle Straßen, jedes Haus, und im Hafen jede Kajike und Barkasse klar unterscheiden. Immer wieder studierte er die

Weitere Kostenlose Bücher