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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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linke streichelt einen flauschigen Hund. Weiss lackierte Fingernägel. Das übergeschlagene Knie steckt unter einem Tisch. Loderer möchte ihre Füsse sehen. Breite Schultern. Eine dünne, bunte Bluse. Kunstschmuck. Vielleicht mit einem Elfenbeingehänge. Kleine Ohren, kleine Finger.
    Sie schaut nach innen, dachte Loderer. Das war keine Frau, die unschuldig wirkte, das war eine unschuldige Frau.

    »Liebe Frau Male, ich habe dein Bild gesehen. Wenn du das bist, dann bin ich Christus. Du bist wunderschön. Ich will dich treffen, Jenny, bald, schnell, jetzt, sofort. Dein Controller Filip.«

» H err Haxer, da ist gar nichts zu machen. Den Schweizern ist ihr Luftraum heilig. Wenn es ein offizielles Treffen wäre, dann dürfte die Bundeswehr – vielleicht – in ihr Hoheitsgebiet eindringen, beziehungsweise die Schweizer würden ihre Luftschranken – vielleicht – öffnen, aber offiziell ist dieser Säntisbesuch ja nicht, und darum: keine Flieger, keine Hubschrauber, und auch unsere Bodentruppen stehen unter dem Kommando der Eidgenossen.«
    Haxer hatte das vom Verteidigungsminister erwartet. »Die Schweizer arbeiten professionell, Herr Alt, und mit viel Präzision, wie Sie wissen, und beweisen das auch regelmässig, denken Sie nur an das Davoser Weltwirtschaftsforum. Und im Übrigen haben wir ja Dienste, denen zumindest der Schweizer Inlandsgeheimdienst noch ein paar kleine Gefälligkeiten schuldig ist. Wir füttern die jetzt schon seit vielen Jahren mit unseren Erkenntnissen, und darum gehe ich fest davon aus, dass unsere Leute sowohl in Bern als auch im Kanton Appenzell Ausserrhoden mit offenen Armen empfangen werden.«
    Aldo Alt war ein eher phantasieloser Verteidigungsminister und vor allem: frei von Humor.
    »Herr Minister Alt, wir sollten das Ganze etwas lockerer sehen. Der Säntis ist ein wunderschöner Berg, und eigentlich könnten Sie beim Ausflug auch dabei sein.«
    »Gesichert von der Schweizer Luftwaffe? Von einer Armee, die prinzipiell keine Kriege führt?«
    »Die Säntisreise ist keine militärische Intervention, Herr Alt.«
    »Wissen Sie, was ich nicht verstehen kann, Herr Haxer: Wir haben Minister im Kabinett, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit die terroristische Gefahr heraufbeschwören, andererseits wird kurzfristig – und kurzfristiger geht es ja wohl nicht – eine Reise aus dem Ärmel gezaubert, die a priori etliche Risiken in sich birgt. Das kann ich einfach nicht verstehen.«
    »Herr Alt, Herr Minister Eisele hat sich wie Sie nicht sehrerbaut gezeigt über diese Aktion. Aber die Schweiz ist nicht Afghanistan …«
    »Herr Minister Haxer, als Kanzleramtschef werden letztlich Sie für alles verantwortlich gemacht.«
    »Da machen Sie sich mal keine Sorgen, Herr Alt, und für den wunderbaren Säntisblick lasse ich mich gern verantwortlich machen. Und wenn er die unerträglich gehässige Atmosphäre im Kabinett etwas auflockern könnte, dieser Säntis, dann würde ich mich auch dafür gern verantwortlich fühlen.«
    Alt machte ein verkniffenes Gesicht und sagte völlig überraschend etwas Witziges: »Ich bin nur froh, dass die Reise auf den Säntis geht und nicht zum Rheinfall. Sonst hätten die Schweizer womöglich ihre Marine aufgeboten.«
    Haxer lachte, wusste aber sofort, dass Alt keinen Scherz gemacht haben wollte. Die SMS, die eben eingegangen war, unterbrach seinen Heiterkeitsausbruch abrupt, und Alt sagte: »So ist das manchmal, Herr Haxer, dass einem das Lachen ganz plötzlich vergeht, auch wenn ich nicht weiss, was bei Ihnen der Anlass dafür ist. Ich hoffe, nicht etwas allzu Ernstes.«

» W ir können Ihnen die vorliegenden neuen Erkenntnisse im Fall Hell/Boron auch in einem Exposé zusammenfassen und mailen, Frau Kanzlerin.« Professor Birnbaum, der Gerichtsmediziner, wirkte wie viele seiner Kollegen auf Aussenstehende wie ein Palliativmediziner, rührend besorgt um alles, was den Lebenden Leid bescherte. Und er hatte Hände, die er Angehörigen so liebevoll um die Schultern legen konnte, dass sie ihre Lieben auch dann identifizierten, wenn sie schrecklich aussahen. Aber für einmal öffnete Professor Birnbaum kein Kühlfach, sondern sprach mit der Kanzlerin, die für ihn wie eine Hinterbliebene war. Wie sehr sie an ihrer Büroleiterin Frau Heidenreich gehangen hatte, dashatte Frontzeck ihm erklärt, und so wollte Birnbaum der Kanzlerin wirklich nur das Allernötigste sagen.
    Doch Haxer war schneller. »Frau Kanzlerin, wie ich eben erfahren habe, hat der russische

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