Die Kanzlerin - Roman
nicht.«
»Bleibt die Geschichte mit Mozart«, sagte die Kanzlerin, »und da vertrauen wir jetzt einmal ganz auf die deutsch-russische Zusammenarbeit.«
Das, was die Kanzlerin danach noch fragte, war so leise, dass Professor Birnbaum es nicht verstehen konnte. »… Heidenreich?«
»Werden Sie auch Frau Heidenreich obduzieren, Herr Professor Birnbaum?«
»Es gibt dafür derzeit keinen objektiven Grund, weil FrauHeidenreich laut ihrem Hausarzt seit Jahren blutdrucksenkende Medikamente schlucken musste und auch Probleme mit ihrem Cholesterinspiegel hatte. Sie war fast sechzig, und erste Untersuchungen in meiner Abteilung haben die Diagnose des Notfalldienstes bestätigt: plötzlicher Herzstillstand.«
»Obduzieren Sie Frau Heidenreich«, sagte die Kanzlerin. »Das ist eine Bitte und wäre dann eine deutsch-österreichische Zusammenarbeit. Und, Herr Frontzeck, wenn Sie bitte so nett wären … da Herr Brack offenbar enorm unter Zeitdruck stand und unsere Verabredung darum nicht einhalten konnte: Ich möchte, dass er sich mit Auslandsgeheimdienstchef Martin Puller kurzschliesst. Und ich möchte, bitte schön, auch ungefragt täglich über Mozart informiert werden.«
» L ieber Controller, freut mich sehr, dass dir mein Bild gefallen hat. Ja, komm, fiebere meinem Freier heiss entgegen, wobei … wenn wir uns treffen wollen, wäre es nicht hilfreich, wenn ich auch von dir ein Foto hätte? Will dich aber nicht zwingen, weil wer zahlt …«
»Ist das Geld bei dir eingetroffen, meine Nutte?«
»Das Einmalgeld ist auf dem Konto deiner Einmalnutte. Danke dir fürs Hurengeld. Distanz für unsere Distanzlosigkeit. Du brauchst das, und ich auch. Bin trotzdem rot geworden vor Scham. Aber genau das heizt dich ja an. Möchtest du, dass ich mir was Schönes kaufe? Und hast du schon gewisse Vorstellungen davon, was schön sein könnte, Freier Filip?«
»Wer zahlt, befiehlt, so ist das nicht mit mir. Es ist dein Geld, Frau Male, und du kannst damit machen, was du willst. Und ob du überhaupt noch etwas willst, das entscheidet sich jetzt. Dein uralter Freier ist sehr nervös. Schreibe mit Anhang, mit Foto. Ich will, dass du mich willst. Aber nur, wenn du das willst. Und jetzt denke ich an gar nichts mehr und klicke auf ›senden‹.«
Loderer war aufgebracht. Keine Antwort, minutenlang. Das war nicht anständig. Er schaute auf die Uhr. Dann, endlich:
»Du bist ein sehr attraktiver Mann, Controller Filip …«
»Du hast deinem Freier ins Gesicht geschaut. Was für einen Typ siehst du?«
»Was ich sehe in deinem Gesicht, Freier Controller: viele Eindrücke, die für mich nicht leicht in Worte zu fassen sind und erst einmal sortiert werden müssen …«
»Du willst Zeit gewinnen, Jenny, aber beleidigen musst du mich nicht. Ich bin dir zu alt. Ich will dich nicht stören beim Sortieren deiner Gedanken. Frau Male: Freier ist Freier, und es gibt sicher Passendere für dich …«
»Überrascht und erleichtert bin ich … du passt in mein Jagdgebiet, wenn ich das so stumpf sagen darf … deine Ausstrahlung ist warm, selbstbewusst, und du bist ein Macho, was mir gefällt … und wenn ich dich anschaue …«
»Und wenn ich dich anschaue …«
»… fühle ich mich, als ob wir uns schon lange kennen würden.«
»Unser Gefühl hat sich nicht getäuscht, Saufrau Male. Und auch ich bin beim Sortieren der Gedanken. Erleichtert, aber auch etwas ratlos. Weil jetzt alles anders ist. Weil du kein Phantom mehr bist. Ab jetzt hat unsere Lust ein Gesicht. Aber ab jetzt sind wir auch nicht mehr anonym. Und was ich sehe, ist so viel mehr als das, was ich mir vorgestellt habe. So anders.«
»Ja, jetzt gibt es mehr von uns, von dir und von mir, wenn wir das so wollen. Im Moment aber fehlen mir die Worte. Weil es anders ist, wie du sagst. Es ist erregender. Noch viel erregender.«
»Ich weiss, dass ich dich aufwühle, Jenny, und auch du löst in mir Empfindungen aus, die ich so nicht geplant hatte. Du gefällst mir sehr.«
»Bin Hausfrau heute, Freier Controller. Mit grün geschminktenAugen. Rieche nach Schweiss, geilem Schweiss, und bin vollkommen verwirrt …«
»Hürchen, hast du heute Abend Zeit für ein paar befreiende Entladungen?«
»Besuch ist angesagt … Aber sag, Freier Controller, wie würdest du mich am liebsten sehen, das erste Mal, wenn wir uns treffen? Als Hürchen, nuttig gekleidet, so, als ob ich grad vom Strich käme – oder als biedere Hausfrau und Physiotherapeutin, die keinen einzigen Flecken hat auf
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