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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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das sind andere auch. Der Unterschied ist nur, dass uns jetzt schon in die Nase sticht, was andere ein bisschen später auch riechen werden.«
    »Ich glaube, das reicht für den Moment«, sagte der Finanzminister. »Das Treffen hier hat sich ja eher zufällig ergeben, konkrete Ergebnisse waren nicht zu erwarten. Trotzdem möchte ich mit aller Deutlichkeit festgestellt haben, dass Geld und Geist gelegentlich eine gewisse Symbiose eingehen – was äusserst fruchtbar sein kann – und dass ich darum überhaupt keinen Grund habe, geldverschwenderische Gedanken zu hegen. Meine Position ist allen bekannt, und alle wissen, dass im nächsten Jahr keine Politik mehr gemacht wird, die diesen Namen auch verdient. Ihr könnt gerne Wahlkampf machen, meinetwegen auch auf meinem Buckel, aber mein Job ist es, den Laden hier zusammenzuhalten.«
    Wurde nicht immer gesagt, er, Ritz, neige dazu, gewisse in der Politik übliche Dinge einfach zu persönlich zu nehmen? »Genossen«, sagte Ritz, »Persönlichkeiten in der Politik sind rar, das müsstet ihr eigentlich am besten wissen. Aber ich will jetzt nicht auf psychologische Abwege geraten und abschliessend nur sagen: In meiner Funktion bin ich austauschbar. Es könnte schon bald einen neuen Finanzminister geben. Meine Person hat jedoch die Eigenart, dass sie in ihrer Funktion nicht völlig aufgeht. Es gibt mich auch unabhängig davon, und damit müsst ihr leben. Bei dieser Gelegenheit, Edgar, was ist an diesen Gerüchten dran, von denen ich höre?«
    »Es gibt viele Gerüchte, verdammt viele Gerüchte«, sagte der Fraktionsschef, hütete sich aber, Ritz als Dummkopf erscheinen zu lassen. Also fügte er hinzu: »Niemand in der SPD denkt derzeit ernsthaft daran, die Koalition vorzeitig platzen zu lassen.«
    »Frau Nahelinks auch nicht?«, fragte Ritz. »Sie wäre ja immerhin eine Politikerin, die gelegentlich Dinge treibt, die kurze Zeit später auch unseren Vorsitzenden umtreiben.«
    Pils verwahrte sich ebenso erwartungsgemäss wie überflüssigerweise gegen Unterstellungen aller Art und sagte dann abrupt: »Die Kanzlerin wartet nur auf den richtigen Moment. Wenn sie die SPD jetzt aus der Koalition entlässt und sich Mehrheiten bei Liberalen und Grünen beschafft, dann könnte sie diese Konstellation schon erproben und in gewisser Weise installieren, bevor der Wähler überhaupt gesprochen hat.«
    »Viel Zeit habe ich, wie gesagt, wirklich nicht«, sagte Ritz, »und jetzt ist der Moment gekommen, wo ich gar keine Zeit mehr habe. Also danke, KaHa, danke, Edgar, danke, Lothar, und ich hoffe doch, dass es in unserer Partei keine Genossen gibt, die in Luxemburg ein Konto haben. Dummerweise gibt es auch solche Gerüchte.«
    »Davon weiss ich nichts«, sagte Pils, und als Ritz sich umschaute,sah er lauter ahnungslose Gesichter. »Die SPD, liebe Leut, hat eben diesen gewissen Charme, den nur Ahnungslose verströmen können. Gutes Tagwerk noch.«

E s gab Tage, die sass Filip Loderer im Bundespresseamt einfach ab, reglos und mit kaltem Blick auf das Treiben der Wespen und Ameisen. Viele arbeiteten jetzt in Grossraumbüros, was äusserst anstrengend war. Weil man die meiste Energie darauf verwenden musste, bei den Kolleginnen und Kollegen einen fleissigen Eindruck zu hinterlassen. Also ging niemand durch diesen Raum, sondern alle eilten. Und alle telefonierten und recherchierten Sachverhalte, die offensichtlich nicht privater Natur waren und trotzdem keinerlei Relevanz hatten. Informationen wurden eingeholt, die nie jemand auswerten würde, die in Computerdateien auf ewig abgelegt wurden unter Rubriken, die das Amt so vorgegeben hatte, und besonders beliebt bei allen Mitarbeitern waren dabei alle Informationen, die der Qualitätssicherung dienten. Kontrolltätigkeiten also, schliesslich wollte jeder gewappnet sein für den Fall, dass jemand Fragen stellen sollte.
    Er kam aus Bonn, war fünfundfünfzig, und das Privileg, ein eigenes Büro zu haben, teilte er mit einigen Redenschreibern, die ebenfalls aus Bonn gekommen waren – und in Berlin ebenfalls nicht gebraucht wurden.
    Vielleicht war eine Mail da von Frau Male. Wenn er ehrlich war, dann machte ihn dieser Name an. Er phantasierte gern und oft und war erregt, als er leute.com anklickte und diese Nachricht las: »Lieber Controller, was mich interessieren würde, wäre dein Name. Wie bist du darauf gekommen? Arbeitest du bei einem Unternehmen im Finanzbereich? Oder wen oder was kontrollierst du? LG, F. M.«
    Auch wenn er manchmal tagelang

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