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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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Zigarette aus und sagte: »Ich fange jetzt an.«
    »Und ich leg mich kurz hin.«
    Sie wusste, was er im Schlafzimmer machte. Sie hörte, wie er die Rollläden herunterliess, und er wusste, dass sie immer noch am Küchentisch sass und sich vermutlich noch eine Zigarette angezündet hatte. Die Vorstellung, dass sie diese Zigarette mit Gummihandschuhen rauchte, machte ihn wahnsinnig. Er lag auf dem Rücken und onanierte, und Paulina wusste, dass er nur nach Hause gekommen war, um sich in ihrer Gegenwart zu erleichtern. Sie war jung, sie war klug, sie war erregt wie er, und es war ein Spiel. Und sie verdiente bei ihm doppelt so viel wie in Berlin üblich,ohne viel dafür tun zu müssen. Manchmal hörte er, wie sie an der Tür horchte, und dann rieb er sich, so laut er konnte, und stöhnte mehr als nötig.
    Nach wenigen Minuten hörte Loderer Staubsaugergeräusche, und der Zauber war verflogen. Er spürte, wie die Wut in ihm hochstieg. Sein Kopf platzte fast, sie hatte ihm keine Zeit gelassen. Seine Finger umklammerten ein Glied, das steif geblieben, aber nicht mehr zu gebrauchen war. Später würde er Frau Male mailen. Oder einer anderen. »Für das Leben riskiere ich mein Leben«, schrieb er mittlerweile schon mechanisch in seinen Erstkontakten. Vielleicht sollte er das Motto wechseln und einfach sagen: »Man lebt, solange es weh tut.«

Z urück im Büro, setzte Loderer sich sofort an den Computer und loggte sich auf einer Seite ein, die sich einmal merkwürdigerweise geöffnet hatte, obwohl er auf einen Artikel in den Bulli-News geklickt hatte, einer neuen Zeitschrift für Boulisten. Es ertönte Orgelmusik, und Loderer ärgerte sich. Trotzdem klinkte er sich nicht sofort wieder aus. Plötzlich war der Orgelton weg, und Loderer fühlte sich wie in einer Kirche. Die Gemeinde erhebe sich, wir beten. Er schaute auf eine schmucklose, grafisch strenge Seite. Keine Farben. Weisse und schwarze Felder, wie ein Schachbrett. Er klickte auf ein Feld.
    »Du bist ein Spieler und spielst Boule und Schach. Du bist ein Bauer. Und wer einmal ein Bauer war, bleibt immer ein Bauer. Aber du kennst die Wichtigkeit von Bauern. Wer nicht auf sie achtet, kann nicht gewinnen. Und wir wollen gewinnen. Wir wollen diese Partie gewinnen. Und du kannst uns dabei helfen. Vielleicht wirst du schon bald geschlagen und musst das Feld räumen. Aber vielleicht bleibst du auch bis zum Schluss im Spiel und marschierst nach vorne und verwandelst dich womöglich sogarin einen Turm. Sollte dir das gelingen, wäre das ein grosser Erfolg für dich. In einen König aber kannst du dich nie verwandeln.«
    Ein Dialogfeld öffnete sich, und Loderer schrieb: »Ich bin ein Unbeherrschter und als Bauernopfer nicht zu gebrauchen. Mit wem rede ich?«
    »Vielleicht mit dir selbst? Klabund hat gesagt: Ich höre mich gern reden – es ist so unterhaltend, sich zuzuhören. «
    »Und wer zitiert Klabund?«
    »Anarchisterix.«
    »Du bist ein Hacker und hast das Firewall-System einer Behörde geknackt.«
    »War nicht nötig. Ging viel einfacher. Wir haben dich profiliert.«
    Loderer wartete.
    »Eine feste IP-Adresse, Boule, ein ausgefallenes Hobby, mehr brauchten wir nicht für dieses Spielchen.«
    »Boule ist kein ausgefallenes Hobby. Eine Million Deutsche schiessen diese Metallkugeln durch die Luft, und Pétanque, wie man auch sagt, soll eine olympische Disziplin werden.«
    »Und du ein Olympionike, Controller. Trotzdem bist du eine Randfigur mit einer Randsportart. Also war es leicht, dich zu profilieren.«
    Dieser Anarchisterix kannte seinen Nickname! »Was heisst profiliert?«
    »Alles Statistik, alles Mathematik, alles Berechnung. Und du warst leicht auszurechnen, Controller. Wir haben deine DNS entschlüsselt. Dein Provider war so freundlich. Weil dieses System eine Hierarchie hat.«
    »Welches System?«
    »Domain Name System. DNS, wie gesagt. Die Bulli-News machen wir. Die Seite haben wir erfunden. Extra für dich. Und duhast sie angeklickt. Und jetzt haben wir dich. Und freuen uns auf den neuen Mitspieler.«
    »Bei welchem Spiel?«
    »Bei Spielchen aller Art. Wir sind fröhliche Menschen. Und neugierig sind wir auch. Ich mag zum Beispiel Wortspiele. Der Dichter Morgenstern hat geschrieben: Es war einmal ein Lattenzaun, mit Zwischenraum, hindurchzuschaun. Hast du Lust dazu, Controller? Machst du mit bei uns?«
    »Bei wem?«
    »Cookie & Co.«
    »Und warum braucht ihr mich?«
    »Weil ein Lattenzaun mit Zwischenraum nichts bringt, wenn da viele Gaffer sind, aber keiner

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