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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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wird grüssen, sich kommentarlos eine Zigarette anzünden und die Arbeitskleider anziehen. Jetzt war er wieder hart. Es ist gar nicht so einfach, erregende Gedanken zu haben und sich dabei nicht zu versteifen. Weil auch der geilste Gedanke kalt wird, wenn er zu einem Gedanken wird, der etwas fordert und den Druck noch verstärkt, von dem man sich befreien will.
    Loderer liess los und dachte an Paulina, wie sie rauchte, mit ernstem Gesicht, wie sie es zuliess, dass er sie manchmal kurz berührte, aber auch diesen Gedanken wollte er schnell gehenlassen, weil Gedanken und Putzfrauen kommen und gehen, wann sie wollen, und wenn man sie nicht ziehen lässt, dann kommen sie nie wieder. Paulina putzte auch bei anderen Leuten, und manchmal fragte er sie danach. Sie erzählte wenig darüber, aber darum ging es nicht. Sie vermied es, über sich zu reden, sie stellte lieber Fragen, und meistens ging es dabei um Sex. Paulina war überzeugt davon, dass es höchste Zeit war für ihn, sich wieder eine Frau zu suchen, und dass er auch eine gute Frau finden würde, dass er Besseres verdient hätte als diese Nutten, von denen er ihr regelmässig erzählte. »Sie haben Ihre Frau sehr geliebt, Filip. Aber jetzt ist sie schon seit über zwei Jahren tot. Und die Zeit läuft. Siebrauchen eine neue Frau«, hatte sie vor ein paar Wochen gesagt, und er hatte geantwortet: »Ich will Sex. Ich brauche nur Sex.« – »Aber warum dafür bezahlen?«, hatte sie ihn gefragt. »Das haben Sie doch nicht nötig, Filip. Sie sind jung, erst fünfundfünfzig, und das ist nichts für einen Mann. Sie sehen gut aus, haben Erfolg, ein gutes Einkommen – es gibt viele junge Frauen, die sich so einen Mann wünschen.« – »Solange ich bezahle«, hatte Loderer gesagt, »gibt es keine Gefühle. Solange ich bezahle, kann ich nicht verletzt und nicht verlassen werden. Huren können mich nicht verlassen.«
    Als er hörte, wie der Schlüssel umgedreht wurde, sprang er vom Sofa, knöpfte sich die Jeans zu, ging zum Kühlschrank, nahm eine Cola und ein Wasser und stellte zwei Gläser auf den Küchentisch. Paulina schaute ihn nur kurz an, stellte ihre Tasche auf das Sofa, setzte sich an den Küchentisch und zündete sich eine Zigarette an. »Wie geht es Ihnen, Filip?«
    Er war noch zu erregt, um viel zu sagen. »Frau Male hat wieder geschrieben«, sagte er nur.
    »Wollen Sie sich mit dieser Frau einmal verabreden, Filip, oder genügt es Ihnen, ihr zu schreiben?«
    Er schenkte ihr ein Glas Wasser ein und winkte ab. »Keine Zeit. Es ist nur eine Ablenkung. Alles ist nur eine Ablenkung.«
    »Sie brauchen viel Ablenkung, glaube ich«, sagte Paulina. »Aber Frau Male – ich weiss nicht, das ist ein komischer Name.« Sie sprach ausgezeichnet Deutsch, studierte in Berlin und hatte einen Freund, den er nicht kannte und von dem sie nur wenig erzählte. Ein junger Türke, der sie heiraten wollte, wozu sich Paulina aber nicht äusserte. Sie hatte ein schönes, undurchsichtiges Gesicht und eine leise, fast monotone Stimme. Und es gefiel ihm, dass sie auch nur sehr selten lachte. Am liebsten hörte sie ihm zu, wenn er ihr von seinen Nuttenbesuchen erzählte, und bekam nicht genug von Details, die er manchmal erfinden musste, weil ihre Neugier mitder Realität allein nicht zu befriedigen war. Paulina wusste, dass sie ihn erregte, und er wusste, dass es sie erregte, wenn er sich das nicht anmerken liess.
    Einmal reizte sie ihn mit einem extrem kurzen Kleid, in dem sie zwei Stunden lang putzte, ohne ein Wort zu sagen. Sie hantierte mit Eimern und Wischern und bewegte sich in seiner Wohnung so, als ob er gar nicht anwesend wäre. Als er sie einige Zeit später darauf ansprach und fragte, ob sie sich nicht gelegentlich wieder mal so anziehen könnte, sagte sie: »Warum nicht? Ich werde es mir überlegen.« Sie kam dann in der Folge aber provokativ nur noch in Jeans und Hosenanzügen und genoss seine enttäuschte Erwartung.
    »Welchen Beruf hat Frau Male?«, wollte Paulina wissen. »Und wie sieht sie aus? Haben Sie ein Foto von ihr?«
    »Habe ich nicht«, sagte Loderer. »Ich kenne sie nicht. Sie ist eine Projektionsfläche, mehr nicht. Es gibt sie nur, solange ich das will. Und es gibt sie nur so, wie ich das will. Ich kann mit ihr also machen, was ich will. Und niemand wird dabei verletzt.«
    »Das ist aber praktisch.« Sie zog die schwarzen Stiefel aus, schlüpfte in Turnschuhe, streifte sich ihre pinkfarbigen Gummihandschuhe über, inhalierte noch einen Zug, drückte die

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