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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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sogar mehr verdienen würden. Es geht um Fussballtrainer, die gefeuert wurden. Um Rentner, die mit ihrem schlechtsitzenden Gebiss nicht mehr zufrieden sind und ultimativ Implantate verlangen. Wir haben es mit Aktienbesitzern zu tun, deren Vermögen von Börsianern verzockt wurde – und auch mit Politikern.«
    »Mit was für Politikern?«, fragte Eisele, plötzlich hellwach.
    »Unsere Spezialisten haben ein neues Softwareprogramm entwickelt, das quasi das Gewaltpotential in verbalen Äusserungen auf dessen mögliche Entladung hin prüfen kann. Und diese Leute sagen uns, dass sich im Netz allein im letzten halben Jahr – bei einer Skala von eins bis zehn – aufgrund der sprachlichenAggressionen ableiten lässt, dass sich die Wahrscheinlichkeit verdoppelt hat, dass aus wutentbrannten Worten auch Taten werden. Dass also der Volksmund irrt, wenn er meint, Hunde, die bellen, beissen nicht. Unsere Experten sagen: Die Hunde bellen immer lauter und werden so hart zubeissen wie nie zuvor.«
    Für Dexter Flimm waren diese Ausführungen etwas gar pathetisch, aber bevor er sich entsprechend süffisant äussern konnte, sagte Eisele: »Beim Verfassungsschutz arbeiten 2500 Leute, und alle hervorragend geschult darauf, Bomben zu entschärfen, bevor sie hochgehen.«
    Aber Dexter Flimm hakte nach: »Die Frage wurde gestellt, warum die Medien bisher nicht darüber berichtet haben, die bekanntermassen die Internetszene genauso intensiv beobachten wie wir. Und mit wie vielen Brutalo-Anarchos haben wir es eigentlich zu tun, nur ungefähr?«
    »Mit Zahlen kann ich nicht dienen«, sagte der Chef der Abteilung 2, deren Ruf bei den anderen Diensten zwar kein tadelloser war, aber Respekt genoss sie, seine Abteilung, das wusste Wagenbach, und entsprechend gross war auch sein Selbstbewusstsein. »Wir haben die Rechtsextremisten faktisch in den Ruin getrieben. Wir haben vorher die Linksextremisten ausgeschaltet und zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Und ich sehe überhaupt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass wir auch mit den Anarchos fertig werden – wenn wir gemeinsam vorgehen. Und warum die Medien bisher geschlafen haben, Herr Flimm, das müssen Sie die Medien fragen. Sie haben doch hervorragende Kontakte zu dieser Szene.«
    »Wie Sie das auch immer meinen mögen, Herr Wagenbach: Klar ist, dass der Verfassungsschutz allein mit dieser Sache nicht betraut sein kann, sondern dass das Bundeskriminalamt ebenso aktiv werden muss wie auch der BND, und ich nehme an, dass Herr Eisele das auch so sieht.«
    »Ich habe das«, sagte Eisele, »meine ich jedenfalls, genauso angeregt.«
    Als Dexter Flimm sich schon verabschiedet hatte und hinausgehen wollte, sagte der Innenminister: »Bleiben Sie doch bitte noch für zwei Minuten. Herr Wagenbach hat noch eine Information, die Sie ganz persönlich betrifft.«
    »Sie haben nach konkreten weiteren Anhaltspunkten gefragt für unsere – ich gebe zu – weitgehend noch spekulativen Annahmen. Konkrete Erkenntnisse gibt es zu Ihrer Person, Herr Flimm. Es gibt Hinweise darauf, dass sich frühere Mitarbeiter an Ihnen rächen wollen.«
    Dexter Flimm lächelte. »Das, Kollege Wagenbach, ist mir seit längerem bekannt.«
    »Es sind aber sehr ernsthafte Hinweise.«
    »Mit persönlichen Bedrohungen habe ich mich in meiner bisherigen Laufbahn nie befasst.«
    Wagenbach zögerte, sagte dann aber doch: »Wir sind im Netz auf einen ›Dexter-Plan‹ gestossen.«
    »Wenn ein Plan ›Dexter-Plan‹ heisst«, sagte Flimm, »dann könnte er auch von mir sein.«
    Eisele intervenierte: »Herr Staatssekretär, ich glaube nicht, dass es der Situation angemessen ist, jetzt eine Schärfe in dieses Gespräch zu bringen, die mit der Sache an sich nichts zu tun hat.«
    »Der Verfassungsschutz, also die Abteilung 2, kann mit Sicherheit sagen, dass auf Sie am letzten Montag ein Anschlag verübt werden sollte.«
    »Heute ist Mittwoch«, sagte Flimm.
    »Wir wollten die Sache natürlich überprüfen, bevor wir Alarmierendes verbreiten«, sagte Wagenbach.
    »Dann höre ich jetzt also das Überprüfte«, sagte Flimm, und Eisele entnahm Flimms Gesichtsausdruck, dass ihn das, was er gleich hören würde, nur mässig interessierte. Er war ein alterGeheimdienstler, kaum zu beeindrucken, schon gar nicht von Geschichten, mit denen andere Geheimdienstler ihn schrecken wollten.
    »Sie waren am Montag in der Bundespressekonferenz am Schiffbauerdamm.«
    »Stimmt.«
    »Sie haben Ihren Wagen von Ihrem Chauffeur in die Tiefgarage fahren lassen, sind

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