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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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dann aber bei der Pförtnerloge zu Fuss ins Atrium gegangen.«
    »So ist es.«
    »Und haben dort als stiller Zuhörer an einer Pressekonferenz teilgenommen, an der es um die neuen Zuständigkeiten von Bundeskriminalamt, Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz ging.«
    »Ich hielt das für meine Pflicht.«
    »Danach sind Sie mit dem Fahrstuhl, begleitet von zwei Leibwächtern, in die Tiefgarage gefahren.«
    »Auch das ist richtig, Herr Kollege.«
    »Aber Ihr Chauffeur war nicht dort.«
    »Darüber habe ich mich gewundert, ja.«
    »Als er, verspätet, dann doch noch auftauchte, sagte er Ihnen, dass er sich ein Sandwich gekauft habe, und entschuldigte sich dafür.«
    »Er hat mir auch eines mitgebracht.«
    »Anschliessend hat er Ihre persönlichen Leibwächter nach Hause gefahren …«
    »Sie hatten Dienstschluss.«
    »… und Sie dann allein in Ihr Büro gefahren.«
    »Es ist, wie Sie sagen, Herr Wagenbach, aber was sagt mir das jetzt?«
    »Er hat auf dieser Fahrt plötzlich am Strassenrand angehalten, ist ausgestiegen und hat eine Zigarette geraucht.«
    »Er ist ein starker Raucher. Das kommt also vor, wenn auch nicht sehr oft.«
    »Nach ein paar Minuten ist er wieder eingestiegen und hat Sie in Ihr Büro chauffiert.«
    »Wo viel Arbeit auf mich gewartet hat.«
    »Wir haben Ihren Chauffeur festnehmen lassen, Herr Flimm. Weil der Anfangsverdacht bestand, dass er, als er angeblich nur eine Zigarette rauchen wollte, mutmasslich auf Komplizen gewartet hat, die – warum auch immer und zu Ihrem Glück – nicht gekommen sind. Man wollte Sie entführen. Und die Entführung war für Montag angedacht.«
    »Heute ist Mittwoch.«
    »Wir wollten keinen falschen Alarm geben.«
    »Aber jetzt klingeln Sie richtig?«
    »Wir haben seinen Computer beschlagnahmt und sind auf seiner Festplatte auf den ›Dexter-Plan‹ gestossen.«
    »Ich kenne diesen Mann jetzt seit vielen Jahren …« Flimm wirkte verunsichert.
    »Und Sie kannten ihn auch schon, als er noch eine etwas respektablere Position hatte, beim BND.«
    »Ich hatte mit seiner Entlassung nichts zu tun«, sagte Flimm, wirkte aber wieder gefasst. »Und was hat das mit den Anarchos zu tun?«
    »Wie ich schon sagte, Herr Flimm. Wir haben es mit einer Szene zu tun, in der jede und jeder seine eigenen Motive hat. Leider konnten wir den Mann nicht näher befragen. Er hat sich kurz nach seiner Festnahme das Leben genommen mit einer noch unbekannten Substanz. Seine Leiche wurde in das Institut für Rechtsmedizin der Charité überführt.«
    Eisele fand, dass nun gesagt sei, was im Moment zu sagen sei, und fühlte sich unbehaglich. An Verschwörungstheorien hatte er noch nie geglaubt, obwohl er in seinem politischen Leben mehrals einmal zu spüren bekommen hatte, was eine Intrige ist und wie sie wirkt, wenn man ihr unvorbereitet ausgesetzt ist. Und insofern war es nur folgerichtig, dass er streng zu unterscheiden wusste zwischen dem, was ihm persönlich behagte oder einleuchtete, und dem, was denkbar war.

R ot oder schwarz. Gerade oder ungerade. Kranich setzte auf Schwarz. Und verlor. Er setzte zuerst immer einen kleinen Betrag und testete. Und dachte: Ich teste noch einmal, und setzte einen kleinen Betrag auf die geraden Zahlen. Und verlor. Dann Rot oder Ungerade, dachte er und setzte noch einmal einen kleinen Betrag auf Ungerade. Und verlor. Und dann setzte er alles, was er an Krediten bei Freunden zusammengebettelt hatte, auf Rot, auch das eben erst auf seinem Konto eingegangene Monatsgehalt und die Summe, die ihm das Pfandleihhaus für seine teure Uhr geliehen hatte. Kranich setzte alles auf Rot. Und verlor.
    Meistens hatte er noch ein paar Euro in der Hosentasche, aber jetzt waren da nur ein Nagelknipser und ein paar Cent. Also ging er zu Fuss zurück ins Kanzleramt. Er setzte sich vor den Computer und loggte sich ein. Es war 14 Uhr 30, und seine Augen waren rot. Eine E-Mail der Kanzlerin: »Wo zum Teufel sind Sie, Kranich?«

» H ürchen Male, wann kommt der Typ? Würde gern dabei sein, wenn du dich kostümierst, und vielleicht schreibst du mir ja zwischen den Spritzereien? Wenn der Typ eine Pause braucht, dann schreibst du mir, und ich kann mir einen runterholen, und dann kannst du weitermachen mit ihm. Dein Freier Controller Schwanz.«
    »Freut mich, Freierschwanz, dass es dir bessergeht. Freut mich wirklich sehr. Er kommt um 22 Uhr. Und er ist vorgewarnt. Erhat angerufen, und als ich ihm sagte, dass ich fotografiert werden will, ist er sofort auf Touren gekommen.

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