Die Kanzlerin - Roman
Ich hab ihn ein bisschen angemacht, bis ich hörte, dass er raspelte, und hab dann aufgelegt, bevor er die Leitung verstopfen konnte. Bin ab 21 Uhr online, noch ungeschminkt.«
»Ich will deine Zunge sehen …«
»Darauf steht er auch. Ich streck sie euch beiden raus.«
»… dein verschmutztes Gesicht.«
»Das wirst du nicht sehen, Controller, ich lass mir von dem nicht ins Gesicht spritzen und schon gar nicht mich so fotografieren.«
»Sag mir eine Zahl …«
»Es ist ein abstossender Schwanz, Controller, ein Ersatzschwanz, mit dem wir beide etwas spielen können und hoffentlich viel Vergnügen haben werden. Aber ich will deinen Schwanz. Ich will dich. Ich will deine Lust, weil mir deine Lust diese Lust macht, die so unerträglich ist, dass ich mich überhaupt auf diesen abstossenden Schwanz einlasse.«
»Sag mir die abstossende Zahl …«
»Die Zahl wäre so abstossend wie der Typ …«
»Der Vibrator steckt in deiner Möse, die Zahl, Hürchen …«
»Du bist total versaut, Controller. Du bezahlst mich dafür, dass ein anderer mich fickt. Und willst davon auch noch Fotos … das ist abstossend, Freierschwanz.«
»Nutte, sag die Zahl und explodier.«
Loderer wartete zwei Minuten, dann schrieb sie: »Tausend … für die Fotos …«
»Inklusive Gesichtsbesamung …«
»Kommt nicht in Frage, das bleibt exklusive, das bleibt exklusiv für dich …«
»O.k.«, schrieb Loderer, »aber ich will alle Fotos sehen. Und ab 21 Uhr schminke ich dich …«
»Deine Nutte …«
»Meine Hure …«
»Die explodiert ist und jetzt ihre Kids versorgt. Bis bald, Freier Filip.«
Loderer hatte ein schales Gefühl. Er hatte ohne Empfindung geschrieben. Er war leer. Bis er plötzlich merkte, dass er kochte vor Eifersucht. Er wollte nicht, dass sie mit diesem Typ fickte, er wollte nicht, dass sie sich dabei auch noch fotografieren liess. Er wollte sie selbst ficken. Er wollte sie, aber das war ihr egal. Sie brauchte einen Schwanz. Und seiner war nicht verfügbar. Also machte sie es mit einem anderen, mit seinem Segen und seinem Geld. Ich Arschloch, dachte Loderer. Er diktierte die Regeln eines Spiels, das andere spielten. Er musste ehrlich bleiben. Er hatte sich verzockt. Er musste wieder absolut ehrlich werden.
»Saufrau Male, ich bin eifersüchtig. Ich will diese Fotos nicht. Jenny, ich will dich.«
I mmer wieder musste Klausen seine auswärtigen Besucher darüber aufklären, dass er als Bundeskanzler zwar eine zentrale Rolle spielte in der Administration des Berner Bundeshauses, dass er aber kein Minister war, geschweige denn ein Regierungschef. Manchmal fiel es ihm schwer, seine Position selbst kleinzureden, schliesslich war er eine zentrale Schaltstelle, auch wenn es immer wieder Bundesräte gab, die seinen Einfluss zu mindern suchten. Klausen war ein Apparatschik, und wer damit nicht klarkam, der hatte dann eben ein Problem mit ihm.
Dass sich gleich vier Mitglieder des Bundesrates auf dem Säntis mit ihren deutschen Kollegen treffen wollten, war organisatorisch gesehen nebensächlich. Klausen hatte aber wenig Lust, ein Organisationsmodell zu entwickeln, das letztlich ihn zum Federführenden machte. Es war auch nicht schwierig, Fiona Geiger davonzu überzeugen, dass dieser Besuch in die Zuständigkeit des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes fiel und in keine andere. Die Vorsteherin des EJPD war alles andere als dumm, sie wusste, wie heikel diese Mission war. Und dass die Öffentlichkeit davon möglichst nichts erfahren sollte, machte die Sache nicht einfacher.
Fiona Geiger entschied, einen »Säntisstab« einzusetzen, besetzt mit einem Vertreter ihres Ratskollegen Kari Fässler, des Verteidigungsministers, mit Thilo Hamm, dem Chef des Bundesamtes für Polizei fedpol, mit Nils Nebel, Chef der Bundeskriminalpolizei, und Lukas Falter vom Dienst für Analyse und Prävention DAP, wie die Schweiz ihren Inlandsgeheimdienst etwas umständlich und verschämt nennt, weil das Trüppchen von 200 Staatsschützern – was eine gutmeinende Schätzung war – schon glorreichere Zeiten erlebt hatte. Es gab Pannen in der Vergangenheit, als der Dienst nicht nur dilettantisch agiert, sondern damit gar ausländische Geheimdienstkollegen in Lebensgefahr gebracht hatte, auch deutsche. Doch seit Falter den Laden übernommen hatte, wehte ein neuer Wind. Und schliesslich platzierte Bundesrätin Geiger auch noch je einen Vertreter der Kripos Zürich, St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden im »Säntisstab«,
Weitere Kostenlose Bücher