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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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Motive?«
    Cookie: »Diskussion beendet.«
    Figo: »Alle haben sich zu äussern zu ihrem Motiv.«
    Anarchisterix: »Ich lass mir nichts befehlen. Ich handle nicht als Söldner und steige sofort aus, wenn das verlangt sein sollte.«
    Silikon-Susi: »Beruhig dich, Anarcho-Mann, niemand hier ist käuflich, auch wenn ich persönlich manche Angebote ganz nett finde. Also tu, was du nicht lassen kannst, und so machen wir das alle hier.«
    Rotkehlchen: »Motiv: Demütigung. Persönliche Erniedrigung. Motiv: Wut. Ich will wieder gesund werden.«
    Cookie: »Machthunger. Das ist mein Motiv. Habe riesigen Appetit.«
    Figo: »Und der Jubilar?«
    Cookie: »Er ist der Motivator für all unsere Motive. Er will etwas schaffen. Er hat also sozusagen ein künstlerisches Motiv.«
    Figo: »Für Jodler rede ich. Motiv: Selbstbestätigung.«
    Cookie: »Die Aufgaben sind verteilt, und jeder weiss, was er tut. Das ist jetzt gesagt.«

L asse redn. Loderer hatte sich ein Plakat der Berliner Punkrockband Die Ärzte gekauft, den Songtitel mit einem Filzschreiber eingerahmt, und so klebte das jetzt an seiner Bürotür, was nichtmehr aus seinem Kopf ging. Loderer summte: »Lass die Leute reden, und hör ihnen nicht zu. / Die meisten Leute haben ja nichts Besseres zu tun. / Lass die Leute reden bei Tag und auch bei Nacht. / Lass die Leute reden, das ham die immer schon gemacht.«
    Lasse redn  – Loderer verstand das einerseits als Aufruf zum Kampf für freie Meinungsäusserung, und andererseits beschrieb es exakt das, was er machte: Er liess reden. »Ihre Lieder zeichnen sich durch gewandten Wortwitz oder infantilen Humor aus«, meinen die Musikcracks auf Wikipedia. Loderer fand, dass es weder ungewandten Wortwitz gab noch Infantiles, das Humor hatte. Es summte weiter in seinem Kopf: Du hast doch sicherlich ’ne Bank überfallen. / Wie könntest du sonst deine Miete bezahlen? / Und du darfst nie mehr in die Vereinigten Staaten, / denn du bist die Geliebte von Osama bin Laden.
    Diese Verszeilen würde er Frau Male schicken. Und auch die siebte Strophe: Hast du gehört, und sag mal, wusstest du schon, / nämlich: Du verdienst dein Geld mit Prostitution. / Du sollst ja meistens vor dem Busbahnhof stehn, / der Kollege eines Schwagers hat dich neulich gesehn.
    Loderer schwitzte. Die Gruppe erpresste ihn, diese Crackhure, diese Hackerhure, Silikon-Susi. Aber sie wirkte auf ihn. Loderer stellte sich gigantische Titten vor, die ihn zerquetschen würden, wenn er nicht endlich eine Antwort gab. Wenn er die Information nicht weitergab. Sie würden ihn fertigmachen.
    Er loggte sich ein. »Liebe Frau Silikon-Susi, Auftrag erledigt.«
    Er wartete, und in seinem Kopf summte es: Lass die Leute reden, und hör einfach nicht hin, / die meisten Leute haben ja gar nichts Böses im Sinn.
    »Hallo, Controller, schön, von dir zu hören.«
    »Bist du es, Silikon-Susi?«
    »Hab keine Titten, Controller, obwohl das, anarchistisch gesehen, durchaus ein reizvoller Gedanke ist.«
    »Anarchisterix?«
    »Genausofix.«
    »Was ich weiss, sage ich Susi, und zwar mit Silikon vorne dran, und sonst kommt bei mir nichts raus«, tippte Loderer und wartete. Und in seinem Kopf summte es, diese verdammte Melodie: Lass die Leute reden, denn wie das immer ist, / solang die Leute reden, machen sie nichts Schlimmeres.
    »Controller, Superman, hallöchen, hier bin ich und kann fast nicht anders … hast du Nachrichten?«
    »Bossdorf hört Mozart.«
    »Ach, das ist aber nett. Und du, Controller?«
    »Die Ärzte, ihr neuester Hit: Lasse redn. «
    »Prima, dann lass redn, Controller, weil ich will noch etwas mehr von dir hörn.«
    »Abreise der Gruppe am 13. August«, schrieb Loderer. »Vermutlich Einzelanreise mit Treffpunkt am Rheinfall. Gemeinsames Abendessen. Säntisbesteigung am Donnerstag, 14. August.«
    »Das Ministertrüppchen mit seinen Püppchen wird also einen Tag zu früh ankommen.«
    »Wo?«
    »Mariä Himmelfahrt ist am Freitag, 15. August, aber von Politikern darf man ja erwarten, dass sie ihrer Zeit ein Stück weit voraus sind, nicht wahr? Und wann – lass redn, Controller – fahrn sie gen Himmel, schwebend in der Schwebebahn?«
    »Gerüchteweise habe ich erfahren, dass die Kanzlerin den Sonnenaufgang sehen will …«
    »Morgenstund hab ich auch gern im Mund, Controller. Und sonst? Was hast du noch gehört?«
    »Die Ärzte«, schrieb Loderer spontan. »Lass die Leute reden, denn wie das immer ist, / solang die Leute reden, machen sie nichts Schlimmeres.«
    »Und du

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