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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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deutschen Ministern auch der Chef der Deutschen Bank, der Schweizer Nico Glanzmann. Alle Wiederbelebungsmassnahmen des Notfallteams blieben erfolglos. Ein Notarzt hat gegenüber Schweizer Radio DRS die Vermutung geäussert, dass es sich bei der Todesursache um eine Kohlenmonoxidvergiftung handeln könnte. Das für chemische und biologische Kampfstoffe zuständige Labor Spiez hat mitgeteilt, dass für die Bevölkerung keine Gefahr bestehe. Noch ist ungeklärt, wie das hochgiftige Gas in die Kabine strömen konnte. Die ermittelnden Behörden schliessen zwar bis jetzt einen Unfall nicht aus, aber die Bundesanwaltschaft geht aufgrund der Spurenlage offenbar von einem Terroranschlag aus.«
    »Schweizer Radio DRS, wir informieren Sie über den mutmasslichen Terroranschlag auf die deutsche Kanzlerin und mehrere deutsche Minister, die heute Morgen in der Säntisbahn zu Tode kamen. Erste Indizien sprechen dafür, dass die Opfer einerKohlenmonoxidvergiftung erlagen. Ich stehe jetzt in Verbindung mit dem Leiter des Labors Spiez. Wie giftig ist Kohlenmonoxid, und wie lässt sich in relativ kurzer Zeit sagen, dass Kohlenmonoxid die mögliche oder gar wahrscheinliche Ursache war für den Tod der Gondelinsassen?«
    Das war’s. Jodler hatte im Hotelzimmer zwischen mehreren Fernsehstationen hin- und hergezappt und stellte nun auch das Radio ab.
    »Tricolor, komme jetzt runter. Wie geht es Clara und Ecstasy?«
    Ecstasy stand unter Schock, und Tricolor entschied, dass sie gemeinsam mit Clara den Zug nach Berlin nehmen solle. »Die Kanzlerin ist tot«, simste Tricolor an Cookie und wurde sich erst danach bewusst, wie überflüssig das war. Eine Vollzugsmeldung. Wie lächerlich doch alles war. Und wie sinnlos. Er fühlte sich leer. Da war keine Freude, nicht einmal Genugtuung oder auch nur das Gefühl, einen guten Job gemacht zu haben. Da war gar nichts. Und wenn er in Claras Gesicht blickte, war da auch nichts. Das einzig Echte waren Ecstasys Tränen. Sie trauerte um Anarchisterix und Hardcore, vermutlich auch um alle anderen. Und Tricolor hoffte, dass sie die Gabe hatte, stellvertretend zu trauern. Weil sein Kopf ihm sagte, dass er für eine himmeltraurige Geschichte verantwortlich war. Getötet hatte er auch beim Bundesnachrichtendienst. Aber das hier war etwas anderes. Das war nicht eine Für-Tat, das war eine Tat gegen. Auch gegen seine Natur.

D ie Blutspur war eindeutig: Minister Engel schlug, bevor er stürzte, mit dem Kopf gegen die Scheibe, direkt neben der Kabinentür. Die Leiche war von Kopf bis Fuss zu untersuchen. Ein Kollege hatte Sonja Bischoff geholfen, Engel auszuziehen, ohne dabei dessen Lage zu verändern. Sie schnitten ihm die Hose auf, das Jackett und auch sein Hemd. Er war eingeknickt und lehntean der Kabinenwand, das linke Bein ausgestreckt, das rechte angewinkelt.
    Liegt eine Leiche auf dem Rücken, sind die Totenflecken auf dem Rücken, und das Gesicht ist weiss. Liegt ein Toter auf dem Bauch, dann finden sich die Livores im Gesicht. Engel sass, aber weit nach hinten gebeugt. Sein Gesicht war schneeweiss. Als Sonja Bischoff seinen Körper vorsichtig nach vorn drückte, waren sie da, die Flecken auf dem Rücken. Aber die Flecken waren nicht blauviolett, sondern hellrot: Es waren die Totenflecken eines Menschen, der an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben war. Erstickt. Vor mindestens zwanzig Minuten. Danach bilden sich die ersten Livores. Engel hatte noch nicht viele.
    Sonja Bischoff berührte sein Gesicht und öffnete vorsichtig seine Lippen. Sie zog seine Zunge heraus, nahm einen Tupfer und machte einen Abstrich.
    Die Wunde am Hinterkopf war nicht relevant. Aber er hatte sich weh getan, bevor er eingeschlafen war. Und er hatte sich erbrochen in den paar Minuten, in denen er das Gas eingeatmet hatte.
    Nachdem sie seinen ganzen Körper vorn inspiziert hatte, nahm sie den Reflexhammer, um die Supravitalität zu testen. Als sie auf das linke Knie klopfte, zuckte das Gelenk. Diese Muskelkontraktion war ein Zeichen dafür, dass Engel seit höchstens einer halben Stunde tot war.
    Dann legte sie ihn vorsichtig auf den Bauch. Der Mann war schwer, und Sonja Bischoff war ausser Atem, als sie ihn schliesslich umgedreht hatte und neue Handschuhe überzog. Das Laborthermometer musste sie rektal einführen, mindestens acht Zentimeter tief Richtung Körperkern, um einen brauchbaren Messwert zu bekommen.
    Die Umgebungstemperatur, gemessen auf Leichenhöhe, notierte der Laborant, der auch vor jede Leiche ein Kärtchen mit

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