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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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einem Selektivruf. Fixstationen in den Kassenräumen, dem Kommandoraum und den Kabinen. Aber auch in der Bergstation und dem Büro des Betriebsleiters. Und es gibt mobile Funkgeräte, die im Betriebsraum stationiert sind.« Jodler verschickte auch diese SMS.
    Dass die Säntisbahn zwei Bergungsfahrzeuge hatte, die im Notfall Gäste aus blockierten Kabinen bergen konnten, und auch Abseilgeräte unter den Kabinen montiert waren, machte Jodler keine grossen Sorgen. Weil es laut technischem Beschrieb bis zu einer halben Stunde dauern würde, bis zwei Seilbahntechniker ihr Bergungsfahrzeug neben der Kabine platziert hatten. »Stirnseitig« sollte das Bergungsfahrzeug an die Kabine andocken, und zwar so, dass »die zu bergenden Gäste auf gleichem Niveau umsteigen können«. Jodler lächelte, aber nur kurz. »Das stirnseitige Kabinenfenster muss vom Kabinenführer vor dem Übertritt in die Ersatzkabine geöffnet werden.«
    Das war ihm entgangen bei der Bergfahrt. Jodler hatte sich zu sehr auf den Feuerlöscher konzentriert, der im Führerstand montiert war. Ein Handfeuerlöscher, aber grösser als üblich. Jodler hatte sich während der kurzen Fahrzeit die Halterung ganz genau angesehen, sich das Fabrikat notiert, eine Gerätenummer, sich die faszinierende Landschaft angesehen, und schon war er oben, auf dem Säntis, und hatte vor lauter Panoramafenster das Fenster übersehen.
    Jodler verschickte noch eine SMS: »Kabinenglas sieht zerbrechlich aus. Ist es aber nicht. Panoramakabinen. Eine kombinierte Stahl- und Leichtmetallkonstruktion. Es gibt eine Heizung, eine Multimediaanlage und eine Bar mit Kühltruhe. Problem 1: Tür. Problem 2: Es gibt ein Fenster. Aber ich denke, wir können der Kanzlerin ein Ständchen geben. Auf Wunsch sogar mit Streichmusik einer Appenzeller Band. Alternativ: Hackbrettspieler. Grüsse, Jodler.«
    Dann wurde es Jodler etwas schwindlig. Die Höhe machte ihm zu schaffen. Er ging nach der Talfahrt direkt ins Hotel.
    Der bislang nette Wirt fluchte. Er telefonierte: »Wer kommt? Was? Wann? Was heisst ›noch nicht klar‹? Was heisst ›zwischen dann und dann‹? Ich muss doch wissen, wann! Und wann weiss ich das, wann wann ist? Und was soll ich mit meinen Gästen machen? Ausquartieren? Und wer bezahlt mir das? Das will ich schriftlich«, sagte er, diktierte seine Faxnummer und legte auf.
    Jodler bestellte bei der erfreulich netten Serviertochter Älpler-Barbecue: gemischte Salate, verschiedene Saucen, Rohschinken, Melone, Grillfleisch. Cervelat – kannte er nicht, aber Bratwurst, mariniertes Schweinssteak, Fleischspiessli, Ofenkartoffeln mit Sauerrahm und Säntis-Brot. Jodler lief das Wasser im Mund zusammen, und er sagte: »Und dazu nehm ich den Säntis-Hauswein.«
    »Gern«, sagte die Serviertochter, und der Wirt telefonierte schon wieder: »Hast du das gewusst, Sämi? Und warum erfahre ich das nicht von dir, von meinem Gemeindepräsidenten? Und warum hat die Regierung mir keine Kopie geschickt? Verdammt noch mal, ich kann doch nicht in zehn Tagen … Und wie sind die überhaupt auf mich gekommen? Sämi, ich will das mit dir besprechen.«
    »Ärger?«, fragte Jodler.
    »So ein Huereseich«, sagte der Wirt, ohne Jodler anzusehen.
    »Unwillkommene Gäste?«, fragte Jodler.
    »Wie kommen Sie denn darauf? Die Deutschen sind doch immer willkommen, und das überall auf der Welt.« Er füllte ein Schnapsgläschen, trank aber nicht. Die wollten ihm sogar verbieten, darüber zu reden. Als ob er seine Gäste kommentarlos hinauskomplimentieren könnte. »Aber Sie bleiben ja nur noch eine Nacht.«
    Jodler nickte und verschickte noch eine SMS: »Seit 2003 gibt es verschärfte Brandschutzmassnahmen. Konkret: Kabinen haben Brandschutzdecke.«

K lausen war überrascht. Die Damen und Herren Bundesräte waren fast begierig zu erfahren, wer denn nun aus Deutschland auf den Säntis reisen wollte und wann. »Donnerstag, 14. August«, sagte Klausen und beobachtete, wie die Magistraten unauffällig ihre privaten Agenden aufschlugen. »Die Gruppe reist allerdings schon einen Tag früher an, besichtigt den Rheinfall und nächtigt in einem Zürcher Hotel.«
    »Ich war noch nie auf dem Säntis«, sagte Catherine Jaeger, »diese Schönheitslücke möchte ich jetzt schliessen.«
    »Da hast du aber wirklich etwas verpasst«, sagte Fässler, der Verteidigungsminister, und zwinkerte der Aussenministerin zu. »Ein Stück Heimat mehr, Proviant für die vielen Auslandsreisen, das kann nicht schaden.«
    »Wer hat sich denn nun

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