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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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in Florenz, war ohnehin ein furchtbares Omen für meine Pläne. Dass sie für jemand anderen ein Zeichen war, ein Signal zum Handeln, eine göttliche Rechtfertigung für eine abscheuliche Tat, konnte ich ja nicht ahnen …
    »Ich will nicht darüber sprechen«, erinnerte ich den Frater.
    Er seufzte. »Hermetisch verschlossen wie der Alambic im Feuer!«
    Ich beobachtete, wie das Elektrum und der Sulfur wie Butter zerschmolzen. Dann gab ich die von Basilius Valentinus vorgeschriebene Menge Antimon in den Glaskolben und wartete. Zuerst war nichts zu erkennen außer dem Hineinschmelzen des Antimons in die glühende Masse des Elektrums. Der Sulfur, das Symbol für das Streben nach Lust und Macht, war längst in einer blauen Stichflamme verbrannt. Die Läuterung der Materie begann. Das Antimon zog das Silber und das Kupfer aus dem Elektrum.
    Fra Girolamo erhob sich und trat fasziniert neben mich, so nah, dass er mich fast berührte. »Was ist das?« Er deutete auf die glühende Masse unter dem funkelnden Metallschaum.
    »Das ist Gold«, erklärte ich, aber es fiel mir schwer, ruhig zu bleiben. In meinem Inneren tobte ein ähnlich zerstörerischer Prozess wie im Glaskolben.
    »Ihr könnt Gold herstellen?«, fragte der Frater begeistert. Er konnte seinen Blick nicht vom Alambic wenden.
    Ich lächelte rätselhaft und verriet ihm nicht, dass das Gold schon vorher im Glaskolben gewesen war. Sollte er doch glauben, was er wollte!
    »Ihr solltet nach Mailand reisen …«, begann er nach einer Weile.
    »Nein!«, fuhr ich auf wie vorhin die Stichflamme des brennenden Schwefels.
    »Um des Friedens willen flehe ich Euch an, Caterina! Diese diplomatische Mission ist für Florenz sehr wichtig.«
    »Dann soll Piero selbst nach Mailand reiten.«
    »Das ist ausgeschlossen, Caterina. Seine Exzellenz kann sich nicht in die Hände von Ludovico Sforza begeben. Nicht auszudenken, was geschehen könnte, wenn er gefangen genommen wird …«
    »Dann soll er Giulio nach Mailand schicken. Er vertritt Piero doch sonst auch bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten.«
    »Ich bezweifele, dass es Giulio gelingen wird, Ludovico umzustimmen«, sagte Fra Girolamo. »Auch Kardinal Ascanio Sforza wird zur Hochzeit Maximilians von Habsburg mit Bianca Sforza in Mailand sein …«
    »Meine Fähigkeit, Wunder zu vollbringen, ist mir im Vatikan abhanden gekommen«, erklärte ich bissig.
    »Ich glaube Euch kein Wort«, lachte er und deutete auf das Gold im Alambic. »Ich bitte Euch, Caterina: Sprecht mit Ludovico! Er ist verrückt geworden. Il Moro nennt den Dogen von Venedig seinen Kämmerer, König Charles von Frankreich seinen Kurier, den er rufen kann, wann es ihm beliebt, er nennt Papst Alexander seinen Seelsorger und Maximilian von Habsburg seinen Feldherrn. Es ist doch offensichtlich, was dieser größenwahnsinnige Sohn eines Condottiere vorhat, sobald das Ehebündnis seiner Nichte Bianca Sforza mit Maximilian von Habsburg geschlossen ist.
    Ich flehe Euch an: Nehmt die Einladung nach Mailand an! Diese inoffizielle Mission ist die letzte Chance auf einen Frieden zwischen Ludovico und Piero. Ergreift den Strohhalm, den Seine Exzellenz nicht ergreifen kann. Für Florenz und die Medici! Florenz kann sich keinen Krieg mit Mailand leisten, ebenso wenig wie es sich die Medici leisten können, die Sforza gegen sich aufzubringen, ganz zu schweigen von den durch das Säbelgerassel beunruhigten Florentiner Kaufleuten und Bankiers. Die französische Invasion muss aufgehalten werden! Ein geplündertes, vergewaltigtes Florenz würde diesen Krieg nicht überleben.«
    Die Hitze des Athanors glühte in meinem Gesicht. Das Feuer meines Zorns versengte meine Seele. »Doktor Savonarola, Ihr habt Medizin studiert! Hört auf, mein Gewissen zu sezieren, Ihr … Ihr Seelendoktor!«, rief ich in gespielter Verzweiflung.
    »Dann werdet Ihr also nach Mailand reisen«, lächelte er zufrieden über den Sieg seines Kreuzzuges um mein Seelenheil und erhob sich: »Gott ist mit Euch!«

    Die Reise nach Mailand im November 1493 war die schlimmste meines Lebens, demütigender als Jahre später meine gewaltsame Verschleppung nach Rom durch Cesare. Im Gegensatz zu Ludovico besaß Cesare Stil, auch darin, mich seinem Willen zu unterwerfen.
    Ich ritt mit meinem Gefolge – Ginevra war glücklich, als ich sie fragte, ob sie mich begleiten wollte – über Bologna, Modena, Parma und Piacenza nach Mailand. Die Burg von Mirandola, die Giovanni seinem arroganten Neffen, dem verkannten Genie

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