Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
Lächeln vor, »… zumindest wenn wir allein sind.«
»Werden wir denn allein sein?«
»Ich habe so etwas wie ein Privatleben, auch wenn Johannes Burkhard am liebsten auf meiner Bettkante sitzen würde, um meine nächtlichen Aktivitäten für sein Tagebuch zu protokollieren. Dieser verdammte Pedant schreibt alles auf, was ich tue – garniert mit jeder Menge Lügen.«
»Woher wisst Ihr das?«, fragte ich überrascht.
Er grinste belustigt. »Als Stellvertreter Gottes auf Erden erhebe ich den Anspruch, allmächtig, allwissend und unfehlbar zu sein.« Dann wurde er ernst. »Als Mensch sehne ich mich nach Liebe. Nach deiner Liebe, Catalina.«
»Und was würde Cesare dazu sagen, wenn ich mit seinem Vater ins Bett ginge?«, fragte ich.
»Wenn du willst, werde ich ihn als Kardinal nach Valencia versetzen. Dort kann er lamentieren und seine Wut an seinem Bruder Juan oder an König Fernando auslassen. Oder ich sende ihn mit Don Cristóbal Colón auf die Indischen Inseln, damit er dort ein bisschen missioniert.« Er reichte mir den Fischerring. »Wenn du willst, kannst du das Breve selbst siegeln.«
Ich begann zu lachen: Die Idee war zu absurd!
»Es ist mir ernst, Catalina!«, versicherte er mir, als ich ihm den Ring zurückgab.
»Mir auch, Rodrigo! Es ist spät. Ich gehe jetzt besser.«
Ich erhob mich, doch er blieb sitzen und ließ meine Hand nicht los. »Ist es klug, sich in dich zu verlieben?«, fragte er, als er zu mir aufsah.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Rodrigo. Es ist sogar ausgesprochen unklug. Ich weiß nicht, wie das ist: zu lieben – ohne enttäuscht und ohne verletzt zu werden.«
»Wer hat dich so verletzt?«, fragte er sanft.
»Dein Sohn Cesare ist einer von ihnen«, schluchzte ich mit tränenerstickter Stimme, drehte mich um und floh aus dem Saal.
Ich konnte mich nicht länger beherrschen, nicht länger die Unnahbare spielen. Schluchzend rannte ich durch das päpstliche Arbeitszimmer, durch den Saal der Heiligen, bis ich die Treppe zu Cesares Wohnung erreichte. Dort ließ ich mich weinend vor Enttäuschung und zitternd vor Wut auf den Stufen nieder und lehnte mich gegen die kühle Wand.
Ich war verwirrt. Noch vor einem Jahr hatte ich geschworen, den Drachen zu töten, bevor er mich vernichtete! Dann hatte ich mich mutig in seine Höhle gewagt, hatte mit ihm gespeist, mich mit ihm unterhalten und ihn ein wenig gestreichelt, um schließlich vor ihm zu fliehen. Aber nicht, weil ich ihn fürchtete. Nein: weil er mich liebte! Und weil seine Liebe mir wehtat und mich mehr verletzte als sein Hass. Denn gegen meine eigenen Gefühle war ich wehrlos.
Eine Stunde lang saß ich auf den Stufen, trotz der Sommerhitze zitternd und frierend, bevor ich mir trotzig die Tränen abwischte und die Treppe hinaufstieg.
Nein, nicht heute Nacht!, dachte ich, als ich die Tür öffnete. Nicht ausgerechnet heute Nacht!
Es war lange nach Mitternacht, aber in Cesares Arbeitszimmer brannte noch Licht. Auf dem Schreibtisch ragte eine einsame Kerze in die Finsternis der Septembernacht. Die Fenster standen weit offen. Die Nachtluft war schwül und duftete nach Jasmin, im Belvedere-Garten zirpten ein paar Grillen. Am Horizont zuckten die ersten Blitze des nahenden Gewitters.
Leise huschte ich in das Arbeitszimmer, schloss die Tür hinter mir und zog die Schuhe aus, um auf dem Marmorboden kein Geräusch zu machen. Dann trat ich an den mit Papieren bedeckten Tisch.
Auf einem silbernen Tablett standen mehrere halb leere Teller mit den Resten einer mitternächtlichen Mahlzeit und eine geleerte Karaffe mit Rotwein: das Abendessen, das ich bei Cesares Koch für mich selbst bestellt hatte.
Cesare war zurückgekehrt!
Neben dem Tablett lag aufgeschlagen mein gefälschtes Notizbuch. Cesare hatte während des Essens darin geblättert. Das Tintenfass mit der wässrigen Tinte stand immer noch auf dem Tisch, die Feder lag daneben! Hatte er die Fälschungen bemerkt? Eine Seite war durch einen eingelegten Pergamentzettel markiert, der wütend zerknüllt und wieder glatt gestrichen worden war.
Mit zitternden Fingern hielt ich das Pergament in den flackernden Schein der Kerze. Es war die handschriftliche Einladungskarte zu Agostinos Bankett an diesem Abend. Schwach ließ ich mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken.
Cesare war früher als erwartet zurückgekehrt. Auf dem Schreibtisch hatte er eine Mahlzeit vorgefunden. Ich war nicht da. Während er sich einen Becher Wein einschenkte und die Briefe durchsah, entdeckte er
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