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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Oberfläche treiben, deren Antworten den Blick in die geheimnisvolle Tiefe der Seele nur erahnen lassen.
    Guido erzählte mir von seiner schönen Mutter Battista Sforza, von seinem berühmten Vater Federico da Montefeltro, dem unbesiegbaren Condottiere, der Herzog von Urbino geworden war. Guido sprach von seiner ungeliebten Gemahlin Elisabetta, der Schwester des Marchese von Mantua – seine unglückliche Ehe war zumindest ein zuverlässiges Ehebündnis zwischen Urbino und Mantua. Und er vertraute mir seine Pläne als Herzog an: die Vertreibung der Borgia aus Italien, das enge Bündnis mit seinem Schwager Giuliano della Rovere, den er mit derselben Selbstverständlichkeit als den nächsten Papst bezeichnete, wie Cesare in Pisa von seinem Vater gesprochen hatte.
    Über sich selbst, seine Gefühle, seine Hoffnungen und Ängste oder seine Sorgen sprach er nie. Wie in einer schimmernden Rüstung versteckte Guido sich mit heruntergeklapptem Visier hinter dem mächtigen Herzog von Urbino, dem unbesiegbaren Condottiere da Montefeltro, dem begnadeten Liebhaber Guido, dem humanistisch gebildeten Gelehrten – und ich fragte mich: Warum hatte er solche Angst verletzt zu werden?
    Mit ein paar Bemerkungen versuchte ich, unter seinen herrlich funkelnden Harnisch zu gelangen, um den Menschen zu spüren, seine Wünsche und Begierden, seine Motivation, aber er senkte sofort seine Lanze und forderte mich mit einem Gegenangriff aus gut gezielten Fragen heraus – und er traf gut! Er wusste eine ganze Menge über mich, was mich überraschte. Aber er wollte noch viel mehr erfahren, und seine Fragen erstaunten mich, verwirrten mich: Ob nach meiner Flucht aus Rom meine Affäre mit Cesare nun beendet wäre? Wie mein Verhältnis zu Seiner Heiligkeit sei? Und was ich nach meiner Rückkehr nach Florenz tun wolle?
    Wer mit erhobener Lanze angegriffen wird, hebt seinen Schild. Ich schwieg wütend und versteckte mich hinter einem geheimnisvollen Lächeln, das ich im Vatikan zur Perfektion gebracht hatte.
    Schweigend ritten wir bis zur Abenddämmerung und rasteten erst in einer kleinen Herberge, als wir die Grenze zur Republik Genua hinter uns gelassen hatten. Der Wirt bot uns großzügig zwei Zimmer an, als ich mehrere Münzen auf den Tisch legte, doch Guido winkte zu meiner Überraschung ab. Getrennte Zimmer hätten zu viel Aufsehen erregt, erklärte er mir, als er nach einem heißen Bad neben mir im Bett lag. Ich war zu müde, um ihm zu widersprechen. Wozu auch? Nach unserem anstrengenden Ritt durch Eis und Schnee hatte er viel zu große Schmerzen, um mir in dieser Nacht gefährlich zu werden. Und durch seine Unverschämtheiten konnte er mich nicht mehr verwirren, als er es bereits getan hatte.
    Schlaflos lag ich neben ihm und dachte nach. Wer hatte den Assassino geschickt, um mich zu ermorden?
    War es Ludovico? Er hätte durch meinen Tod nichts gewinnen können – als Geisel wäre ich ihm sehr viel nützlicher gewesen, um Piero zu erpressen. Er hätte mich gefangen genommen und gequält, mich verhöhnt – aber nicht ermordet …
    Und Cesare? Seine unbeherrschte Reaktion in der Nacht meiner Flucht aus Rom hatte mich zutiefst erschreckt. Nun, er war auf seinen Vater losgegangen, nicht auf mich. Aber ich hatte seinen Stolz verletzt. Cesares Rache konnte furchtbar sein …
    Oder war es Piero? Diesen furchtbaren Gedanken wollte ich nicht zu Ende denken. Nicht mein eigener Bruder! Aber … er hatte Savonarola in mein Gewissen reden lassen, er hatte mich nach Mailand geschickt, er hatte gleichzeitig das Bündnis mit Neapel geschlossen, er hatte mich verraten, er hatte …
    … das Laboratorium in meiner Abwesenheit durchsucht!
    Ein furchtbarer Gedanke durchzuckte mich. Ich ahnte, was er gefunden hatte!
    Am nächsten Morgen stiegen Guido und ich – sehr unausgeschlafen nach einer unruhigen Nacht – wieder in die Sättel und ritten nach Süden. Das Mittagessen nahmen wir im Hafen von Genua ein. Dann trabten wir die Riviera della Levante entlang und an den Marmorfelsen von Carrara vorbei nach Lucca, wo wir in der Pilgerherberge eines Klosters übernachteten.

    »Du?«
    Piero war blass, als ich wie eine Sturmbö in den tief verschneiten Garten des Palazzo Medici rauschte. Sein erschrockener Gesichtsausdruck lag nicht an dem Treffer von Michelangelos Schneeball in seinem Gesicht. Mein Bruder sah aus wie das personifizierte schlechte Gewissen. Er hatte offensichtlich nicht mit meiner Rückkehr gerechnet.
    »Ich!«, bestätigte ich mit einem

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