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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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klappernd auf den Steinboden des Schlafzimmers fiel. Dann ein dumpfer Knall, der Aufprall eines zuckenden Körpers.
    Guido ließ das Schwert fallen und sprang aus dem Bett.
    Ich setzte mich auf. Mir war, als hätte ich eine ganze Karaffe Glühwein allein ausgetrunken. Die Welt drehte sich um mich, und ich ließ mich zitternd in die Kissen zurücksinken.
    Guido überzeugte sich davon, dass der Assassino wirklich tot war, und durchsuchte seine Taschen. Was hoffte er zu finden: einen schriftlichen Mordauftrag? Ich schluckte eine entsprechend ironische Bemerkung herunter, während Guido mir half aufzustehen.
    Als ich mit zitternden Knien vor ihm stand, umarmte er mich und presste meinen bebenden Körper an sich. »Du liebst mich also?«, fragte Guido in einem Tonfall, für den ich ihn am liebsten geschlagen hätte.
    »Das habe ich gesagt, um dich zu wecken.«
    »Schade«, sagte er bedauernd. »Es klang so … leidenschaftlich.«
    Ich entwand mich seinen Armen und starrte in der Dunkelheit auf den Assassino hinunter, der ausgestreckt vor dem Bett lag.
    »Hilf mir, ihn ins Bett zu legen!«, befahl Guido. Schon wieder dieser Kommandoton eines kampferprobten Condottiere!
    Wir legten die Leiche des Attentäters auf den Bauch, vergruben das Gesicht halb im Kopfkissen und deckten den Toten bis zum Hals mit der Brokatdecke zu. Das Bett an seiner Seite war zerwühlt genug für … ja: für was?
    »Der Herzog von Urbino hat sich heute Nacht tapfer geschlagen«, entfuhr es mir in einem Tonfall, der ihn provozieren sollte. »Seine Herrlichkeit schläft den Schlaf der Gerechten nach dem nächtlichen Ringen mit Madonna Caterina. Er will nicht gestört werden. Werden deine Diener das glauben?«
    »Mein Sekretär Francesco Buffa nicht«, wurde ich belehrt. »Er kennt mich zu gut. Ich schlafe niemals bis Mittag, nicht einmal nach einer aufregenden Nacht in einem fremden Bett.«
    »Aber …«, wandte ich ein.
    »Wenn Francesco Buffa die Leiche findet, wenn er mich wecken kommt, wird er wissen, was zu tun ist«, beruhigte Guido mich. »Er ist mir treu ergeben. Er kann schweigen – vor allem meiner Gemahlin gegenüber. Er hat das Schweigen sozusagen erfunden.«

    Schon wieder fliehen!
    Glücklicherweise hatte ich den roten Talar und mein geheimes Notizbuch in meinem Laboratorium in Florenz gelassen, war nur mit wenig Gepäck nach Mailand gereist und lief nicht Gefahr, diese für mich lebenswichtigen Requisiten im Castello Sforzesco zurücklassen zu müssen.
    Im ersten Licht des Tages verließen wir Guidos Schlafzimmer und schlichen zu den Ställen des Castello. Guido hatte mir Hemd und Hosen aus seiner Reisetruhe gegeben. Niemand beachtete uns, niemand hielt uns auf, als wir im dichten Schneetreiben zur Torre del Filarete, dem Wehrturm des Castello, ritten und das Tor öffnen ließen.
    Bianca wollte nach ihrer Hochzeit nicht länger warten und hatte bereits am Abend den Befehl gegeben, dass der Hochzeitszug an diesem Morgen Mailand verlassen sollte. Der San Gottardo und der Brenner waren verschneit, und ihr Gemahl erwartete sie und die großzügige Mitgift von dreihunderttausend Dukaten ungeduldig in Wien. Es schneite seit Tagen und von Stunde zu Stunde verschlechterten sich die ohnehin schon gefährlichen Wege über die Alpenpässe.
    Wir wurden durchgelassen, weil die Wachen annahmen, dass wir zu Biancas Eskorte gehörten. Eine halbe Stunde später lag Mailand hinter uns, als Guido und ich über die Straße nach Süden galoppierten.
    In Pavia verloren sich unsere Spuren. Im dichten Schneetreiben waren wir selbst vom Weg abgekommen und hatten uns verirrt. Stundenlang kämpften wir uns durchnässt und halb erfroren durch Wind und Wetter.
    Die eisige Kälte ließ uns die wärmende Nähe des anderen suchen. Wir ritten dicht nebeneinander, so nah, dass sich unsere Knie berührten, dass sich unsere Reitstiefel aneinander rieben.
    Wenn man zu zweit durch das Inferno eines Eissturms reitet, wenn die eigene Stimme ohne ein Echo zwischen dem schneidend kalten Schneesturm und dem heißen Wirbelsturm der Gefühle verweht, wenn man den anderen und seine Reaktion – lächelt er oder verzieht er die Lippen? – zwischen den dicken weißen Flocken nicht erkennen kann, da hat man das Gefühl, als ob man zu sich selbst spricht. Dann steigen Gedanken aus der Tiefe auf, die sich wie von selbst zu Worten formen, zu Sätzen, die sich kataraktisch in Lebensläufe ergießen, in denen Fragen nach dem Wer?, Wann? und Warum? wie Eisschollen an der bewegten

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