Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
fragte ich.
»Wie fühlt es sich denn an?«, konterte er und ließ mein mit Perlen besticktes Atlaskleid achtlos zu Boden gleiten. Dann zog er mir mein Seidenhemd über den Kopf.
Wie die nackte Statue einer Liebesgöttin stand ich vor ihm, nur mit meinem Stolz bekleidet. Aber er würdigte mich keines Blickes, zog die Decke vom Bett, warf sie zu Boden, riss das Laken heraus, zerknüllte es, klopfte die Kopfkissen zurecht. Das Bett erinnerte an ein Schlachtfeld. Dann zog er sich aus: Degen, Stiefel, Brokatjacke, Hemd und Hose flogen quer durch den Raum. Ich sah ihm dabei zu. Ich wusste nicht, wo ich sonst hinstarren sollte.
»Und jetzt komm ins Bett!«, befahl er ungeduldig, nahm meine Hand und zog mich zwischen die zerwühlten Laken. Meinen Widerstand nahm er nicht ernst. Er küsste mich auf die Lippen, zerwühlte mein Haar.
Dann lehnte er sich seufzend in die Kissen zurück, schlug das Laken halb über seinen nackten Körper und nahm mich in den Arm. So fest, dass ich mich kaum bewegen konnte.
Mit dem Silberglöckchen auf dem Nachttisch klingelte er nach einem Diener. War er denn völlig verrückt geworden?
Ein Kammerdiener in der Livree der Sforza erschien in der Tür: »Euer Exzellenz?« Sein Blick saugte sich an unseren nackten Körpern und dem zerwühlten Laken fest.
»Bring uns Wein!«, kommandierte der Herzog, während seine Hände unter dem Laken umherwanderten. »Wir sind durstig.«
Der Diener verneigte sich, trat zur Kredenz an der gegenüberliegenden Wand, schenkte zwei Silberbecher mit Rotwein voll und brachte sie zu uns ans Bett.
»Wir wollen für den Rest der Nacht nicht mehr gestört werden«, erklärte der Herzog und entließ den Kammerdiener mit einer herrischen Handbewegung. Der Mann verschwand, mühsam ein Grinsen unterdrückend, während Guido das Laken zurückschob und meine nackten Brüste liebkoste.
Ich war sicher, dass Ludovico innerhalb der nächsten Viertelstunde erfuhr, wo ich die Nacht verbrachte.
»Bist du immer so stürmisch?«, fragte ich, als Guido sich seufzend neben mich in die Kissen sinken ließ.
»Nein«, gestand er ernst. »Im Bett lasse ich mir Zeit. Ich genieße es, wenn meine Geliebten auch ihren Spaß haben.«
»Der Kuss war völlig unnötig!«
»Nein, das war er nicht«, entgegnete er. »Du hast ihn nämlich genossen.«
»Das ist nicht wahr!«, widersprach ich energisch. »Erst ruinierst du meinen Ruf, indem du mich mit erschreckend eindeutigen Absichten vom Hochzeitsbankett fortschleppst, um mich dann gegen meinen Willen …«
»Deinen Ruf?«, lachte er spöttisch. »Deinen Ruf kann ich gar nicht ruinieren! Halb Italien verfolgt besorgt deine Affären – die andere Hälfte Italiens vergnügt sich damit, zu erraten, wen du als Nächsten verführst. Nach dem Conte Giovanni Sforza, Conte Giovanni Pico della Mirandola, Kardinal Cesare Borgia und selbst seinem Vater, Papst Alexander, kann ich deinem Ruhm nicht schaden. Auch wenn das harte Nachtlager des Herzogs von Urbino nach dem bequemen Bett des Papstes ein gesellschaftlicher Abstieg für dich ist.«
Ich war sprachlos! So sah er mich?
»Du …« Ich wollte ihn schlagen, aber er wich mir aus. In Ermangelung schlagkräftigerer Argumente ergriff ich das Kopfkissen und warf es über ihn, aber er entriss es mir, drückte mich mit beiden Armen auf die Matratze und küsste mich gleich noch einmal. Ich hatte keine Chance, seinen Lippen auszuweichen.
» Buona notte, Caterina«, flüsterte er in mein Ohr: »Träum was Schönes! Von einer Nacht mit mir, wenn du willst.« Dann erhob er sich vom Bett, um sich wieder anzuziehen.
»Was tust du?«, fragte ich alarmiert.
»Mir ein Bett für die Nacht suchen«, erklärte er gelassen, während er in die enge Hose stieg. »Ich habe keine Lust, vor der Tür meines eigenen Schlafzimmers zu nächtigen. Das würde meinem Ruf als begnadeter Liebhaber schaden.«
»Bitte geh nicht! Lass mich nicht allein!«, flehte ich ihn an. »Du kannst im Bett schlafen: Es ist breit genug für uns beide.«
»Unter einer Bedingung!«, forderte er.
»Welche?«, fragte ich schicksalsergeben.
»Du bestehst nicht auf einer Fortsetzung der Kissenschlacht.«
In dieser Nacht lag ich wach und starrte in die Finsternis. Ich zermarterte mir das Gehirn, ob es mir gelingen würde, am nächsten Morgen nach Florenz zu entfliehen, bevor Ludovico von dem Bündnis meines Bruders mit Neapel erfuhr. Ginevra war mit meinem Gefolge in den befestigten Palazzo der Banca Medici geflohen – zumindest hoffte ich
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