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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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satanischen Lächeln.
    Gianni, der sich mit Piero und Michelangelo eine fröhliche Schneeballschlacht im Garten geliefert hatte, umarmte mich stürmisch und hätte im Überschwang seiner Erleichterung beinahe Michelangelos Schneemann, die heroische Imitation seines Hercules Victor, umgerannt: »Ich danke Gott: Du lebst! Wir haben uns solche Sorgen gemacht.«
    »Wir?« , fragte ich und sah Piero dabei an, der unruhig einen Schneeball von einer Hand in die andere schob, als wüsste er nicht, was er damit tun sollte.
    Er konnte meinem Blick nicht standhalten. Schließlich warf er Gianni seinen Schneeball zu, um Guido zu begrüßen: »Exzellenz, welche Ehre für meinen Bruder und mich, Euch zu empfangen. Ich wusste nicht, dass Ihr nach Florenz kommen wolltet …« Mit einer fahrigen Geste klopfte er sich die Schneeflocken von der Kleidung.
    »Unsere Abreise fand ein paar Tage früher als geplant statt«, bemerkte Guido mit einem spöttischen Grinsen. »Das Klima in Mailand war Caterina und mir ein wenig zu eisig und unserer Gesundheit ganz und gar nicht zuträglich.«
    Piero verstand sehr wohl, was Guido mit seiner Bemerkung sagen wollte. Stirnrunzelnd bemerkte er, dass Guido meine Hand in der seinen hielt – um sie zu wärmen, selbstverständlich!
    Mein Bruder wollte nur höflich sein und hoffte wahrscheinlich auf Guidos Wunsch, nach seiner überstürzten Flucht aus Mailand schnellstmöglich nach Urbino zurückzukehren, als er fragte: »Ihr werdet doch hoffentlich einige Tage im Palazzo Medici bleiben? Das Reisen ist um diese Jahreszeit eine Tortur.«
    Guido setzte die Maske eines erfreuten Lächelns auf: »Wenn Ihr mich so herzlich bittet, Piero: mit Freuden! Ich sehne mich nach einer fröhlichen Schneeballschlacht und ein paar unbeschwerten Tagen in Florenz …«

    Ich auch! Und wie ich mich nach Ruhe und Geborgenheit sehnte, nach der Wärme eines fröhlich flackernden Kaminfeuers und ein paar Stunden besinnlicher Einsamkeit! Aber daraus wurde nichts, jedenfalls nicht für mich.
    Während Guido und Piero sich den Luxus eines dampfend heißen Bades gönnten, eilte ich, immer noch durchgefroren, in mein Laboratorium. Ungeduldig drehte ich den Schlüssel im Schloss der schweren Eichentür. Ich öffnete …
    … und blieb mit dem Kerzenleuchter im Türrahmen stehen.
    Alles schien, wie ich es verlassen hatte. Das Feuer im Athanor war erloschen, die Materie im Alambic erkaltet, der Talar hing an seinem Haken, doch die Truhe mit meinem Notizbuch war … ich hob die Kerzen, um besser sehen zu können … war aufgebrochen!
    Ich eilte zur Truhe, stellte den Leuchter auf den Steinboden und hob den Deckel an. Die Lade, in der ich meine alchemistischen Bücher und meine Notizen aufbewahrte, mein Allerheiligstes, war durchwühlt worden! Wer immer es gewesen war, hatte sich nicht die Mühe gemacht, nach seiner offenbar erfolgreichen Suche wieder aufzuräumen und die Folianten an ihren Platz zurückzulegen. Er hatte wohl nicht mit meiner Rückkehr gerechnet!
    Oben auf dem ungeordneten Haufen von Büchern und Pergamenten lag aufgeschlagen mein Notizbuch. Einige Seiten waren zerknickt, als es eilig durchgeblättert wurde.
    Piero war nicht an den Aufzeichnungen in meinem Notizbuch interessiert gewesen! Aus meinen Diskussionen mit Giovanni wusste er, dass er sie nicht lesen und schon gar nicht verstehen konnte. Und wozu auch? Er war der Herr von Florenz – es gab noch mehr Alchemisten: Giovanni Pico, Sandro Botticelli, Marsilio Ficino, Luciano Palmieri. Er hatte auch das Gold im Alambic nicht angerührt. Piero hatte etwas anderes gesucht. Etwas, das ich ständig bei mir trug – in meinem Notizbuch!
    Hastig blätterte ich durch die Pergamentseiten, schlug das Buch dort auf, wo ich vor Monaten Lorenzos Sonette über Simonettas Tod zwischen die Seiten gelegt hatte und …
    Lorenzos Testament war verschwunden! Piero hatte mir den Brief gestohlen, in dem er mich als seine Tochter anerkannte!
    Was hatte mein Bruder vor? Wollte er mich erpressen? Oder wollte er es nicht bei einer Drohung bewenden lassen? Wenn Piero Lorenzos Brief an mich vor der Signoria von Florenz verlas, war ich offiziell seine Schwester – und damit das Opfer heiratswilliger Signori, die weniger den Namen Medici als unseren Einfluss in Florenz und unser scheinbar unermessliches Vermögen heirateten. In jedem Fall war ich Pieros Marionette. Entweder er zwang mich, den Palazzo Medici und Florenz zu verlassen, um in das selbst gewählte Exil zu gehen, oder er verkaufte

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