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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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ich den Splitter einfach so herausziehe, könnte er verbluten.«
    »Gibt es Hoffnung?«, fragte ich leise.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er ehrlich. »Aber ich hoffe und bete! Giovanni ist seit Stunden bewusstlos. Die Blutung hat aufgehört. Aber der Splitter steckt so fest, dass ich ihn nicht herausziehen kann. Es ist, als ob sein Herz ihn wie eine Faust festhält.«
    »Ich will ihn sehen«, sagte ich und wollte am Prior vorbeigehen.
    »Ausgeschlossen«, protestierte Fra Girolamo und hielt mich fest. »Ihr könnt nicht ins Kloster, Caterina! Ihr seid eine Frau.«
    »Ich kann nicht in den Konvent hinein? Ich kann die Kirche aber auch nicht verlassen!«, konterte ich. »Wenn Ihr mich fortschickt, unterschreibt Ihr mein Todesurteil. Oder glaubt Ihr, es gelingt mir, ein zweites Mal aus Florenz zu fliehen?« Als ich sicher war, dass er sein Dilemma erkannt hatte, fuhr ich fort: »Ich bitte Euch um Asyl, Prior. Das dürft Ihr mir nicht verweigern!«
    »Herr im Himmel!«, fluchte er und dachte fieberhaft nach. Als Frau durfte ich nicht hinein, als Medici konnte ich nicht hinaus. Schließlich ergriff er meinen Arm und zog mich in den finsteren Kreuzgang des Klosters. Die Mönche waren in ihre Zellen verschwunden, und wir waren allein. »Ich werde Euch einen Mönchshabit geben, den Ihr tragen werdet, solange Ihr hier seid. Ihr werdet Euch die Haare schneiden – kurz, sehr kurz. Und ich werde Euch die Gelübde abnehmen«, flüsterte er.
    »Gehorsam, Armut und Keuschheit?«, fragte ich verdutzt.
    »Nein, Caterina. Ich will ja nichts Unmögliches von Euch verlangen«, erklärte er bissig. »Ihr werdet schwören, nichts zu tun, was die Fratres, Giovanni oder Euch selbst in Gefahr bringt. Ihr werdet geloben, die Ordensregeln einzuhalten, an den Gebeten und den Mahlzeiten teilzunehmen und zu schweigen. Und Ihr werdet versprechen, mich nicht in Versuchung zu führen …«
    »In Versuchung ?«, fragte ich.
    »… Euch länger als nötig hier zu verstecken, als bis die Gefahr vorüber ist! Appelliert nicht an mein Mitgefühl, Caterina! Sobald in Florenz die Anarchie beendet und Ruhe eingekehrt ist, werdet Ihr verschwinden – aus dem Konvent und aus der Stadt.«
    »Das werde ich tun«, versprach ich. »Ich schwöre es!«
    »Und Ihr werdet nicht zurückkommen!«, ermahnte er mich. »Ihr werdet Florenz nicht mehr betreten. Nie mehr!«
    »Nicht, wenn Ihr es nicht wollt, Prior«, gelobte ich ihm.
    Ich habe mich an dieses Versprechen gehalten – vier Jahre lang. Als ich es dann brach, da war sein Wille wie sein Körper durch die Folter zerschmettert, und er war erleichtert, dass ich doch noch gekommen war, um ihm einen letzten Trost zu spenden.
    Savonarola sah mir forschend ins Gesicht. Dann entschied er sich, mir zu glauben: »Wartet hier, ich bin gleich zurück.« Er verschwand in der Dunkelheit des Kreuzgangs und kehrte nach einigen Minuten mit einem Dominikanerhabit zurück.
    »Zieht Euch aus! Alles: Hemd, Hosen, Stiefel. Und um Gottes willen, gebt mir den Degen. Ich werde ihn verstecken«, befahl er. »Legt das Ordensgewand, das Skapulier und die Sandalen an. Und schneidet Euch die Haare, Fra Celestino.«
    »Fra Celestino?«, fragte ich, um mich an den Klang des Namens zu gewöhnen. »Woher komme ich, und wohin gehe ich?«
    »Das weißt du selbst am besten, Celestino: Du kommst von einer Pilgerfahrt nach Rom zurück. Jetzt willst du mit dem Segen des Papstes in deinen Konvent in Ferrara heimkehren. Und weil du gehört hast, dass die Franzosen die Lombardei besetzt haben, bist du zu mir gekommen. Wir sind Freunde. Am besten nennst du mich nicht Frater oder Prior, sondern Girolamo.«
    In demütiger Zustimmung neigte ich den Kopf. Nun war ich also ein Mönch. Ein gehorsamer, schweigender Mönch.
    »Ich erwarte dich in Giovannis Zelle, Celestino!«

    Die Tür war nur angelehnt, und ich trat ohne Klopfen ein.
    Girolamo kniete betend neben dem Bett, auf dem Giovanni in tiefer Bewusstlosigkeit lag. Still wartete ich neben der Tür, bis der Frater sein Gebet beendet hatte, dann trug ich die Tasche mit meinem Hemd, meiner Hose und den Stiefeln zum Fenster. Den Degen hatte Girolamo in seine Zelle gebracht.
    Die Novemberkälte, die ich während meiner Flucht aus Florenz kaum gespürt hatte, obwohl ich weder Jacke noch Mantel trug, kroch mir die nackten Beine hinauf. Der grobe Stoff des Habits wärmte mich nicht. Ich fror – ob vor Kälte, Erschöpfung oder Einsamkeit, vermochte ich nicht zu sagen.
    Ich kniete mich neben Girolamo vor das

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