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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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wäre sicherer für ihn, nicht mit uns gesehen zu werden. Angelo war gestorben und Giovanni …
    Wo ist eigentlich Giovanni?, durchfuhr es mich. Ich zügelte mein Pferd und wendete mitten auf dem Weg.
    Gianni tauchte neben mir auf. »Was ist los? Lahmt dein Pferd?«
    »Nein, Gianni. Ich muss nach Fiesole, zu Giovanni«, erklärte ich entschlossen. »Er muss fliehen!«
    »Giovanni kann für sich selbst sorgen …«, wandte Gianni zögernd ein. Ein wenig überzeugender Protest: Er hatte wirklich Angst um unseren Freund.
    »Reitet voraus!«, forderte ich meinen Bruder auf. »Ich werde mit Giovanni nachkommen. Wartet nicht auf uns! Vielleicht müssen wir einen anderen Weg nehmen.«
    »Caterina …«, begann Gianni, aber er wusste, dass jeder Einwand zwecklos war. Ich konnte Giovanni nicht seinem Schicksal überlassen.
    »Wir sehen uns in Urbino«, versicherte ich ihm.
    Gianni glaubte mir. Wie konnte er denn ahnen, dass ich dieses Versprechen gar nicht halten konnte! Wir würden uns nicht in einigen Tagen in Urbino wiedersehen, sondern erst Jahre später in Rom …

    Als wäre Satan hinter mir her, galoppierte ich zurück nach Fiesole. Der Weg hinauf zur Villa Pico war mir noch nie so lang und steil erschienen wie in dieser Nacht. Im Schein der Mondsichel erreichte ich die Villa, sprang vom erschöpften Pferd und hämmerte mit beiden Fäusten gegen das Portal.
    Niemand öffnete. Die Villa lag still und verlassen im Mondlicht.
    War Giovanni mit seiner Dienerschaft bereits geflohen, als er von Pieros Flucht erfuhr? Wohin war er geritten?
    Unschlüssig stand ich vor dem verschlossenen Portal. Die Fenster des Erdgeschosses waren vergittert, sodass ich nicht einmal eine Scheibe einschlagen konnte, um in die Villa zu gelangen.
    Ich huschte um das Haus herum und betrat durch ein kleines Tor den Garten. Zwischen den Kirschbäumen und den Haselnusssträuchern hindurch schlich ich zu Giovannis Laboratorium. Ich ergriff einen handlichen Stein aus dem Rosenbeet, um die Scheiben einzuschlagen, doch das war nicht nötig. Die Glasscheiben lagen, im Mondlicht funkelnd, in Scherben auf dem Boden. Jemand ist vor mir hier gewesen!, dachte ich erschrocken. Jemand war in die Villa eingedrungen und ist vielleicht noch dort!
    Mit dem gezogenen Degen in der Hand öffnete ich lautlos eine der Türen des Laboratoriums. Meine Schritte knirschten über den Steinboden. Überall lagen Glassplitter! Um Gottes willen, dachte ich, was ist denn hier geschehen?
    Unter meinem Reitstiefel zerbarst eine große Scherbe mit einem lauten Knacken, das mir das Blut in den Adern gerinnen ließ.
    Ich blieb stehen, hielt die Luft an, aber nichts rührte sich.
    Vorsichtig, um mich trotz meiner ledernen Stiefel an den scharfkantigen Splittern nicht zu verletzen, durchquerte ich den finsteren Raum, öffnete die Tür zum Gang und lauschte. Alles war ruhig. Still wie in einem Grab.
    Ich schlich weiter, entdeckte einen Leuchter und entzündete die Kerzen. Jeden Raum, von den Schlafzimmern bis zur Speisekammer hinter der Küche, durchsuchte ich, aber alles schien an seinem Platz zu sein. Also war die Villa nicht geplündert und verwüstet worden.
    Sogar die Bibliothek war unberührt. Wenn Giovanni geflohen wäre, hätte er doch wenigstens ein paar Bücher mitgenommen. Der schwere Foliant von Gerbert d’Aurillac lag aufgeschlagen auf dem Lesepult, darunter Bernardo da Trevisos Die sieben Siegel der Welt. Niemals hätte Giovanni diese beiden Werke zurückgelassen.
    Auf dem Schreibpult in der Bibliothek fand ich einen ungeordneten Haufen von Pergamenten. Ich wühlte mich durch die Seiten, bis ich den Anfang des Werkes fand. Giovanni hatte an einem neuen Buch gearbeitet?
    Ich überflog die ersten handschriftlichen Zeilen: Die Concordia – so hatte Giovanni sein Werk genannt – war der Versuch, die Philosophien Platons und Aristoteles’ mit der christlichen Theologie in Einklang zu bringen. Die Concordia: Welch sinniger Titel eines Werkes des Conte von Concordia. Seinen Adelstitel hatte Giovanni an seinen Neffen Gian Francesco verkauft, der nun als »Philosophenfürst« in der Burg von Concordia herrschte wie einst Marcus Aurelius über das Imperium Romanum, doch seine Berufung zur Concordia, der Einigung von Theologie und Philosophie, der Harmonie von Glauben und Wissen, hatte Giovanni nie aufgegeben.
    Wo war er? Wo waren sein Majordomus und seine Diener?
    Und wieso war das Laboratorium so verwüstet – die Glaskolben in Scherben auf dem Boden, die Fenster zerbrochen, das

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