Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
Bett und ergriff Giovannis Hand. Die Nähe des Fraters tat mir ebenso gut wie die Glut des Kohlebeckens, das er entzündet hatte, damit Giovanni es warm hatte. Mehr konnte er nicht für ihn tun.
    Girolamo hatte ihm den Alchemistentalar und das Hemd ausgezogen, um die Wunde in seiner Brust freizulegen und das Blut abzuwaschen. Ein Glassplitter des Alambic, groß wie ein Eiszapfen und im Kerzenlicht ebenso kalt funkelnd, war direkt unterhalb des Herzens eingedrungen und steckte noch immer dort. Der Splitter hatte vermutlich das Herz verletzt und ließ sich nicht einfach herausziehen, ohne es zu zerfetzen.
    »Wann wirst du operieren?«, fragte ich Girolamo.
    »Morgen nach der Frühmesse, wenn die Sonne aufgegangen ist.«
    Girolamo hatte Recht: Es würde eine schwierige Operation werden, die nur bei Tageslicht durchgeführt werden konnte. Der Frater hatte seine Instrumente schon bereitgelegt: Skalpell, Zange und … einen hölzernen Crucifixus. Befürchtete Girolamo, dass Giovanni die Operation nicht überlebte? Zorn stieg wie heiße Lava in mir hoch. »Ich werde dir assistieren«, beschloss ich.
    »Du hast nicht Medizin studiert, Celestino«, wandte der Frater ein.
    »Aber ich habe Alchemie studiert.«
    »Du bist viel zu erschöpft von deiner Reise, Celestino. Ruh dich aus bis zur Frühmesse. Du kannst in meiner Zelle schlafen. Ich werde hier bei ihm wachen.«
    »Ich werde Giovanni nicht allein lassen«, begehrte ich auf.
    »Das hast du doch längst getan«, hielt er mir vor und erhob sich.
    Fassungslos sah ich zu ihm auf. » Was habe ich getan?«
    »Du hast ihn verlassen, als er dich am dringendsten gebraucht hat.«
    Ich stand auf und ergriff seine Hand, die er mir entzog, als hätte er sich an mir verbrannt. »Ich verstehe nicht …«
    »Giovanni war völlig verzweifelt nach Angelos Tod. Deine überstürzte Abreise nach Urbino hat ihn tief getroffen. In dem Augenblick, als er deine Hilfe brauchte, als Angelo hier in dieser Zelle starb, hast du ihn verlassen, um zu einem anderen zu gehen.«
    »Aber, ich dachte …«, stotterte ich verwirrt. »Giovanni hat das Schweigegelübde abgelegt, nicht einmal eine Stunde nach Angelos Tod. Dann hat er sich in seinem Schmerz eingeschlossen …«
    »Das Schweigen hielt er nur eine Nacht lang. Bis er mir seine Entscheidung mitteilte.«
    »Welche Entscheidung?«, fragte ich schwach.
    »Giovanni hat in jener Nacht beschlossen, das Kloster zu verlassen. Wir haben stundenlang geredet. Aber er war von seiner Entscheidung nicht mehr abzubringen …«
    »Du hast ihn gehen lassen?«, fragte ich.
    »Gott hat ihn gehen lassen«, erwiderte Girolamo leise. »Giovanni wollte frei sein. Er wollte zu dir zurückkehren. Er liebt dich – viel mehr als Gott.«
    »Hat er dir das gesagt?«, fragte ich atemlos.
    »Das musste er nicht. Ich weiß, was ein gebrochenes Herz ist.« Girolamo seufzte. »Giovanni hat die Beichte abgelegt und mich gebeten, von seinen Gelübden entbunden zu werden. Dann hat er seine Sachen gepackt und ist im Morgengrauen zum Palazzo Medici geritten. Aber du warst schon fort – nach Urbino, sagte ihm Kardinal de’ Medici. Giovanni war völlig außer sich.«
    Der Boden schien unter mir zu schwanken. Ich war unfähig, mich auf den Beinen zu halten, musste mich an Savonarola festhalten.
    »Giovanni hat nach Urbino geschrieben, damit du zu ihm zurückkehrst. Es war ein endloser Brief, er hat ihn mir gezeigt. Ein einziges Mea culpa, mea maxima culpa. Aber du hast ihn ja nicht einmal einer Antwort gewürdigt.«
    »Ich war nicht in Urbino«, flüsterte ich erschüttert.
    »Das hat er auch gesagt: ›Vielleicht ist Caterina nicht dort.‹ Er gab die Hoffnung nicht auf und schrieb nach Rom, weil er dich im Vatikan vermutete. Cesare Borgia hat ihm geantwortet. Was der Kardinal geschrieben hat, weiß ich nicht. Aber es hat Giovanni tief getroffen. Danach hat er seine Villa in Fiesole nicht mehr verlassen. Er hoffte auf deine Rückkehr, eines Tages, und hat wie ein Verrückter Tag und Nacht laboriert und gebetet, bis er vor Erschöpfung zusammenbrach.«
    Bis er bei der letzten Transmutation seine Selbstbeherrschung verlor, weil er an mich dachte! Alles hatte er aufgegeben, um mich zurückzugewinnen – sogar Gott.

    Girolamo hatte mich in seine Zelle geführt, wo ich mich todmüde auf seinem Bett zusammenrollte, während er mich mit einem dünnen Laken zudeckte. Dann hatte er den Vorhang seiner Schlafkammer zugezogen, die Bibel von seinem Schreibtisch genommen und die Zellentür hinter sich

Weitere Kostenlose Bücher