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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Blick über den Garten des Castello.
    Hin und wieder besuchte mich Ludovico dort, während ich tingierte, und lud mich zum Abendessen ein. Nachdem er sich damit abgefunden hatte, dass er mich brauchte, hatte sich unser Verhältnis geändert. Wir gingen artig miteinander um, wie die Etikette es vorschrieb, und ich nahm am höfischen Leben teil wie Baldassare und jeder andere Gast der aufwändigen Hofhaltung der Sforza. Ich ritt mit Ludovico aus und besuchte mit ihm Leonardo in Santa Maria delle Grazie, um das Abendmahlfresko zu bewundern – aber nur, wenn er mich darum bat.
    Die Herzogin Beatrice war ausgesprochen freundlich zu mir, obwohl sie mich für eine der Geliebten ihres Gemahls hielt. Seit ich die Dosis Veleno erhöht hatte, die Ludovico täglich zu sich nahm, beglückte er nicht nur seine Gemahlin Beatrice und seine Favoritin Cecilia Gallerani, sondern auch Lucrezia Crivelli, eine der Hofdamen der Herzogin. Er war im Bett so unersättlich, dass Beatrice froh war, wenn er nicht bei ihr schlief und sich mit Madonna Cecilia, Madonna Lucrezia oder mir amüsierte …
    Ludovico hatte bemerkt, dass ich die Dosis erhöht hatte, aber er schwieg und genoss seine Freuden. Was hätte er auch sagen sollen? Die Antwort auf die Frage, wann das tödliche Quantum erreicht war, hätte ich ihm sowieso nicht verraten.

    Mitte November brachte Baldassare von einem seiner Besuche bei Leonardo im Palazzo Vecchio einen Brief für mich mit, der dort für Celestino abgegeben worden war.
    Der Absender zauberte ein Lächeln auf meine Lippen: Das Schreiben war von Niccolò.
    Baldassare ließ sich missgelaunt auf dem Stuhl gegenüber meinem Schreibtisch nieder und machte keine Anstalten, den Raum zu verlassen.
    »Willst du mir zusehen, wie ich den Brief lese?«, fragte ich irritiert.
    »Er ist von Niccolò Machiavelli«, warf er mir eifersüchtig vor.
    Mein »Was geht dich das an?« schluckte ich herunter, weil ich Baldassare nicht noch mehr aufregen wollte.
    Er thronte auf seinem Sessel, hielt die Arme verschränkt und ließ mich nicht aus den Augen. »Er liebt dich«, fuhr er mich an.
    »Ja, Inquisitor, du hast Recht in diesem Anklagepunkt. Ich gestehe: Niccolò liebt mich«, antwortete ich bissig. Ich war Baldassares dramatische Eifersuchtsszenen leid. Sobald ich auch nur in Betracht zog, mit einem anderen als ihm zu tanzen, zu flirten oder zu scherzen, spielte er den Beleidigten. Seine Ehre war empfindlicher als Cesares Stolz. »Wie lautet die nächste Anklage, Inquisitor: Dass du mich liebst? Ich gestehe: Ich habe in den letzten Monaten eine Sturzflut von Sonetten gelesen, die du für mich geschrieben hast. Und zudem bekenne ich, mich über die Sonette gefreut zu haben. Ich habe sogar die Verfehlung begangen, einige von ihnen zu beantworten. Ich hoffe auf eine gerechte Strafe.«
    Beschämt senkte er den Blick. »Bitte entschuldige, Caterina. Ich habe mich vergessen.«
    »Schon gut«, nahm ich seine Entschuldigung großzügig an. »Abgesehen von deinem Stolz ist ja nichts Wichtiges zu Bruch gegangen.«
    »Nein …«
    »Wenn du nichts Besseres vorhast, könntest du hier warten, bis ich den Brief von Niccolò gelesen habe«, schlug ich mit einem charmanten Lächeln vor. »Danach können wir ausreiten. Du wolltest mich auf die Dachterrasse des Doms führen und hast mir einen wundervollen Blick über Mailand versprochen.«
    »Ich habe nichts Besseres vor«, versicherte er mir, streckte die Beine aus und machte es sich auf dem Sessel bequem. »Wenn du mich so freundlich bittest, warte ich gern ein paar Minuten, bis du fertig bist.«
    Manchmal sind Umwege Wege, um überhaupt dorthin zu kommen, wohin man will, dachte ich. Ich seufzte und entfaltete Niccolòs Brief.
    »Celestino mio «, schrieb er. »Ich sende dir meine Grüße aus Rom. Was ich dort will, fragst du? Keine Angst, ich bin nicht vor Savonarola aus Florenz geflohen – obwohl das Leben dort für mich immer gefährlicher wird. Meine Verbindung zu den Medici ist allgemein bekannt. Immer wieder gibt es Aufstände gegen den Tyrannen Savonarola. Er hat es noch nicht geschafft, den letzten Rest von Demokratie ans Kreuz zu nageln, aber sie ist blutig gegeißelt und liegt sterbend am Boden.
    Ganz Italien verfolgt atemlos das Duell zwischen Papst und Prior. Alle wissen, dass es bei diesem moralischen Ringkampf nicht um Fragen des Glaubens geht, sondern um Macht. Savonarola hat bisher verhindert, dass Florenz der Liga gegen Frankreich beitrat. Die Signoria fürchtet, dass der Papst Piero

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