Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
wütend. »Neu anfangen? Was?«
»Das Opus Magnum«, verriet ich ihm mit einem rätselhaften Lächeln. »Ich bin Maestra der Ars Aurifera.«
»Die Ars Aurifera – die Kunst des Goldmachens? Was soll der Unsinn? Maestro Leonardo versichert mir immer wieder, dass der beste Alchemist kein Gold herstellen kann. Das ist doch nur ein Versuch von Euch, mich milde zu stimmen, mich neugierig zu machen, damit ich Euch nicht nach Florenz ausliefere. Oder nach Rom.«
»Leonardo hat Recht, Euer Gnaden. Ein Alchemist kann kein Gold herstellen. Er kann seine Fähigkeiten sehr viel besser einsetzen, indem er Parfums herstellt. Denn so sichert er sich nicht nur ein regelmäßiges Einkommen aus den herzoglichen Schatzkammern, sondern auch seine persönliche Sicherheit, die durch den Herzog von Mailand garantiert wird.«
»Was?« , brüllte Ludovico. » Ich garantiere für Eure Sicherheit? Habt Ihr den Verstand verloren?«
»Nein, aber Ihr offensichtlich, Euer Gnaden, wenn Ihr glaubt, Euch mit mir, Eurer ›Giftmischerin‹, anlegen zu können.«
Bleich ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Das Parfum! Ich hatte nach seinem Namen gefragt, und Ihr habt mir geschrieben, es heiße Veleno – Gift. Das war kein Scherz, nicht wahr?«
»Nein, Euer Hoheit. Das ist die bittere Wahrheit. Veleno enthält Arsen und noch einige andere, geheime Ingredienzien wie Belladonna, die die lustvollen Nebenwirkungen eines Aphrodisiakums haben. Ihr habt sicher Verständnis dafür, wenn ich Euch nicht das ganze Rezept verraten will. Bei der Dosis, in der Ihr Veleno benutzt und offensichtlich auch zu Euch nehmt, solltet Ihr die Einnahme nicht reduzieren oder gar absetzen, Euer Gnaden. Für die Folgen kann ich nicht garantieren. Das heißt: Doch, ich kann.«
»Ihr droht mir?«, brauste er auf.
»Warum sollte ich?«, lächelte ich freundlich. »Ich muss Euch nicht drohen, denn Ihr seid ein umsichtiger Herrscher, Euer Exzellenz, und wisst selbst am besten, was Ihr tut. Dass König Charles Euch bei seiner Flucht aus Italien nicht den Kopf abgerissen hat, um ihn als Souvenir mit nach Paris zu nehmen, spricht für Euch und Euer diplomatisches Geschick. Nun beweist auch mir dieselbe Einsicht! Garantiert mir meine Freiheit und persönliche Unversehrtheit, und ich schenke Euch Euer Leben.«
»Gibt es ein Gegengift?«, fragte er, die Hände um die Armlehnen seines Sessels verkrampft.
»Nein. Ihr braucht also Eurem Medicus nicht zu drohen.«
»Was werdet Ihr tun, Caterina?«
»Ich werde mit meinem Laboratorium vom Palazzo Vecchio ins Castello Sforzesco umziehen und Euch genug Veleno herstellen, dass Ihr täglich darin baden könnt.«
Ich schwieg und gab Ludovico die Möglichkeit, das ganze Ausmaß seines Dilemmas zu erkennen. Wenn er mich tötete oder nach Florenz oder Rom auslieferte, würde er sterben – egal, ob ich nun Veleno hergestellt hatte oder nicht. Aber das war noch nicht alles: Er würde auch sterben, wenn jemand anders erfuhr, dass ich in Mailand war und mich zu töten oder zu entführen versuchte. Im Grunde durfte er mir nicht einmal die Laune verderben …
Ich warf Baldassare einen entschuldigenden Blick zu, und als er mit einem Lächeln antwortete, wandte ich mich zum Gehen. Ich war schon an der Tür, als Ludovico mich zurückrief:
»Wohin wollt Ihr?«, fragte er alarmiert. Er hatte wirklich Angst, ich könnte verschwinden.
»Zum Palazzo Vecchio, Euer Gnaden«, erklärte ich. »Es ist sicher in Eurem Sinne, wenn ich die zerbrechlichen Glaskolben meines Laboratoriums selbst einpacke. Mit ein wenig freundlicher Unterstützung von Eurer Seite könnte ich bereits morgen mit der Herstellung von Veleno beginnen. Das wird einige Tage dauern. Ich nehme an, dass nicht mehr viele Flakons übrig sind …«
Ludovico war sehr großzügig in der Ausstattung meiner Wohnung im Castello, die in unmittelbarer Nähe seiner eigenen Räume lag: Er wollte sicher sein, dass ich Tag und Nacht für ihn erreichbar war. Da das auch meiner Sicherheit diente, hatte ich nichts einzuwenden. Mein Laboratorium war nicht so weitläufig wie die leer stehenden Säle in der Corte Vecchia, aber immer noch großzügiger ausgestattet als die Kellergewölbe des Palazzo Medici. Aus Sicherheitsgründen hatte ich es nicht in der Nähe der herzoglichen Räume eingerichtet, sondern im stark befestigten Turm der Rocchetta, der nicht nur einem Kanonenbeschuss von außen, sondern auch einer Explosion von innen standhalten konnte. Von den beiden Fenstern aus hatte ich einen herrlichen
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