Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
los ist. Deshalb bin ich hier. Ich werde mit Alexander sprechen.«
»Diese Demütigung kannst du dir ersparen, Caterina«, seufzte Gianni. »Ich habe alles versucht. Weder Piero noch ich haben mehr erreicht, als dass der Vulkan bebte und heiße Lava spuckte.«
»Mit dem Feuer kann ich umgehen«, erinnerte ich meinen Bruder.
Dann verabschiedete ich mich von Gianni, ließ Cesare ohne ein weiteres Wort stehen, und betrat den päpstlichen Thronsaal. Dort fand ich nur den spanischen Botschafter und ein paar Mitglieder seiner Delegation. Señor de la Vega war sichtlich erregt von der Unterredung mit dem Papst, als er seine Befehle zur Abreise nach Spanien erteilte, um Fernando von den neuesten machtpolitischen Ideen »dieses verdammten Ketzers auf dem Thron Petri«, »dieses Möchtegern-Königs von Italien«, »dieses Antichristen« zu berichten. Für die anderen Beschimpfungen, mit denen de la Vega Seine Heiligkeit bedachte, reichte mein Spanisch nicht aus.
Ich befürchtete, dass Rodrigo nach dieser Unterredung mit dem spanischen Botschafter mit mir nicht ausgerechnet über Fra Girolamo sprechen wollte. Trotzdem ging ich weiter, durchquerte den Thronsaal und verließ ihn durch die Tür, die zu den päpstlichen Räumen führte.
Johannes Burkhard hielt mich auf, als ich Rodrigos Wohnung betreten wollte. Er betrachtete mich wie einen giftigen Skorpion, der ihn jeden Moment stechen konnte. Ich sah ihm an, dass er mich am liebsten hinausgeworfen hätte, aus der päpstlichen Wohnung, aus dem Vatikan und aus Rom. Doch schließlich trat ein verächtliches Lächeln auf seine Lippen, und er ließ mich zum Papst. Ich würde mich im Arbeitszimmer und Schlafzimmer Seiner Heiligkeit ja bestens auskennen …
Warum er mich vorließ, konnte ich mir denken: Er dachte, Rodrigo würde mich schon zurechtstutzen, wenn ich unangemeldet in seiner Wohnung auftauchte. Also hatte Rodrigo schlechte Laune!
Ich fand ihn im Arbeitszimmer. Er saß an seinem Schreibtisch und schrieb an einem Pergament, als ich nach einem leisen Klopfen eintrat. Er sah nicht auf, war ganz in seine Gedanken vertieft.
»Hast du einen Augenblick Zeit?«, fragte ich nach einer Weile.
Er sah auf und erkannte mich trotz der Kleidung. Kein »Wie schön dich zu sehen!«, kein »Wo warst du bloß all die Jahre?«, kein »Ich habe dich vermisst!«. Er starrte mich an, während ich an der Tür verharrte und auf ein Zeichen von ihm wartete, näher zu treten. Er schien zu überlegen, was das war: Zeit für etwas zu haben.
»Was willst du?«, fragte er schließlich, als er die Schreibfeder unwillig auf den Tisch warf und sich auf seinem Sessel zurücklehnte. Die Tinte tropfte vom Gänsekiel auf das Schriftstück und hinterließ einen verlaufenden Fleck.
»Ich will um Vergebung bitten«, sagte ich, als ich ohne Aufforderung an seinen Schreibtisch trat. Ich blieb davor stehen, ohne mich zu setzen.
»Um Vergebung?«, fragte er und starrte mich an. »Du hast mich verletzt, als du vor fünf Jahren ohne ein Wort Rom verlassen hast. Der Schmerz ist in den letzten Jahren auch nicht durch einen Brief von dir, eine Erklärung deiner überstürzten Entscheidung, mich zu verlassen, ein Wort der Liebe oder ein Versprechen, zurückzukommen, erträglicher gemacht worden. Die Wunde ist noch nicht verheilt. Sie fängt gerade in diesem Augenblick wieder an, höllisch wehzutun.« Er deutete auf sein Herz. »Aber ich vergebe dir, wenn du mir versprichst, dass du in Rom bleibst.«
Ich nahm auf dem Sessel vor seinem Schreibtisch Platz. »Ich bin nicht gekommen, um Vergebung für mich selbst zu erbitten. Sondern für Girolamo Savonarola.«
Unbeherrscht sprang er von seinem Stuhl auf und ging zum offenen Fenster. Eine Weile sah er schweigend den Tauben zu, die Brotkrümel von seinem Fenstersims pickten. » Diese Vergebung ist nicht möglich«, sagte er nach einer Weile, ohne sich zu mir umzudrehen.
»Ich appelliere nicht an Seine Heiligkeit, Papst Alexander VI ., einem Ketzer Gnade zu gewähren, sondern an den Menschen Rodrigo Borgia. An deine Vernunft: Lass Girolamo Savonarola nicht als Märtyrer sterben!«, drang ich in ihn.
Er wandte sich zu mir um und lehnte mit verschränkten Armen am Fenstersims. »Du appellierst an meine Vernunft, Catalina? Piero de’ Medici schwatzte mir die Ohren voll von seiner großartigen Rückkehr nach Florenz – als Regent von meinen Gnaden, als mein Bündnispartner gegen Frankreich, als mein Condottiere im bevorstehenden Krieg. Giovanni de’ Medici hat von
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