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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Marco.
    Noch in derselben Nacht rief die Menge vor dem Konvent nach Popolo e Libertà – wie damals, in der Nacht der Vertreibung der Medici aus Florenz. Steine flogen durch die Kirchenfenster, dann wurde San Marco von der aufgebrachten Menge gestürmt. Die Dominikaner wehrten sich mit silbernen Kerzenständern und hölzernen Crucifices gegen die Angreifer und trieben sie mit Gewalt zurück auf die Via Larga. Savonarola, der in seiner Zelle gebetet hatte, gebot den Kämpfenden Einhalt und ergab sich den Bewaffneten der Signoria. Er und zwei seiner Fratres wurden in Ketten gelegt.
    Unter der Folter wurde Savonarola des Menschseins überführt, der menschlichen Fehlbarkeit und Zerbrechlichkeit. Er gestand, dass während seiner Regentschaft viele Dinge geschehen waren, die das Gegenteil von dem waren, was er für Florenz und Italien erhofft hatte. Dieser irrende Mensch wird am 23. Mai auf der Piazza della Signoria hingerichtet werden. Celestino, es ist unglaublich, wozu Menschen fähig sind, wenn sie ihr Wollen mit dem göttlichen Willen verwechseln! Was immer der Frater getan hat – ich bezweifle, dass das Gottes Wille ist. Papst und Prior werden zu Märtyrern ihrer eigenen Prinzipien.
    Florenz, 15. Mai 1498. Dein entsetzter Niccolò.

    Wie ein gereizter Tiger lief ich vor der Tür des Saals auf und ab. Die neugierigen Blicke der anderen Wartenden, Botschafter aus Neapel, Urbino und Venedig, ignorierte ich. Zwei Monsignori beobachteten mich und tuschelten hinter vorgehaltener Hand miteinander. Hatten sie mich erkannt?
    Aus dem Inneren des Saals erklang ein erregtes Stimmengewirr. Hatte der spanische Botschafter es erneut gewagt, dem Papst zu widersprechen? Meine Hoffnung sank: Wie wütend würde er sein, wenn er den Botschafter hinausgeworfen hatte? Und wie zornig, wenn er mich sah? Was wollte ich ihm überhaupt sagen – falls er geruhte, mich zu empfangen?
    Erschöpft von der Reise ließ ich mich auf einem Sessel nieder. Ich war sofort aufgebrochen, als ich Niccolòs letzten Brief erhalten hatte, war nach Genua geritten, hatte dort ein spanisches Schiff bestiegen und war nach Ostia gesegelt, wo ich an diesem Morgen von Bord gegangen war. Und nun wartete ich vor dem Thronsaal auf den Papst und fragte mich zum ersten Mal, ob ich richtig gehandelt hatte. Das Urteil über Girolamo war bereits gefällt. Was konnte ich denn noch erreichen? Nichts. Außer mein Gewissen zu beruhigen.
    Das Portal des Thronsaals öffnete sich. Das Konsistorium war beendet. Die ersten Kardinäle strömten aus dem Saal: Alessandro Farnese, Ippolito d’Este und Gian Battista Orsini, die mich in meinem scharlachroten Faltenmantel nicht erkannten. Ein paar Schritte hinter ihnen eilte Cesare aus dem Saal. Er blieb verdutzt stehen und starrte mich an, dann kam er zu mir herüber.
    »Caterina, was machst du in Rom?«, fragte er leise und küsste mich wie einen Freund auf die Wange.
    Ich entwand mich seiner Umarmung. Was für eine Begrüßung nach einem Jahr der Trennung! Als hätte er mir seit unserem Abschied in Mailand hundert Briefe geschrieben und mich angefleht, zu ihm nach Rom zu kommen. Stattdessen wollte er Carlotta von Aragón heiraten.
    »Ich will mit deinem Vater sprechen«, murmelte ich kühl.
    Einen Augenblick lang war ich versucht, ihm seinen Kardinalsring zurückzugeben, nein: zornig ins Gesicht zu werfen, doch dann entschied ich mich dagegen. Denn damit hätte ich doch nur zugegeben, dass ich ihn für einen Verlobungsring gehalten, dass ich auf Cesare gewartet hatte und dass ich zutiefst enttäuscht von ihm war. Nein, niemals! Niemals würde ich diese Schwäche zugeben. Nicht vor ihm und nicht vor mir selbst.
    Gianni hatte mich gesehen und eilte zu uns herüber, bevor Cesare antworten konnte. Er drängte sich zwischen uns, umarmte mich stürmisch, wirbelte mich herum und küsste mich auf beide Wangen. »Ich bin so froh, dich zu sehen. Ich habe so lange nichts von dir gehört. Geht es dir gut? Wo hast du bloß all die Jahre gesteckt? Warum hast du nie geschrieben? Wieso bist du in Rom? Wie lange bleibst du? Hast du gehört, was in Florenz los ist?«
    »Eine Menge Fragen, Gianni«, lachte ich. »Ja, mir geht es gut. Ich lebe im Castello Sforzesco in Mailand, und es gefällt mir dort, sodass ich nur wenig Sehnsucht nach den schwülen Nächten in Rom verspüre.« Ich sah Cesare herausfordernd an, aber er wich meinem Blick aus. Er spürte, dass ich wütend auf ihn war. Und er ahnte wohl auch, warum. »Ja, ich habe gehört, was in Florenz

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