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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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erledigen können, und danach stattete er mir einen Höflichkeitsbesuch ab. Sein dritter Besuch galt der umfangreichen Bibliothek, wo er sich bei Angelo ein Buch über Poetik ausleihen wollte, das Lorenzo ihm empfohlen hatte. Danach besuchte er mich, und wir gingen im Garten spazieren. Seine nächste Visite begründete Niccolò schon gar nicht mehr: Er brachte das Buch zurück, das er so schnell gar nicht gelesen haben konnte, und widmete mir den Rest des Nachmittags.
    Niccolò machte mir den Hof – so gewissenhaft und gründlich, dass er damit im Palazzo eine Menge Staub aufwirbelte. Ich genoss die Rivalität zwischen Giovanni Sforza und Niccolò Machiavelli. Ein reicher Conte von Pesaro, Neffe des mächtigen Regenten von Mailand, gegen einen florentinischen Poeten ohne Vermögen und ohne Position. Es war ein ungleicher Kampf – und ich war die Beute.
    Die Schritte kamen näher. Flüstern, kein Gelächter. Und dann hörte ich meinen Namen: Caterina.
    Voller Panik rannte ich die Straße entlang in Richtung der Kirche San Lorenzo, huschte in eine der schmalen Gassen, die zum Dom führten – die Piazza del Duomo war menschenleer, bis auf einen Nachtwächter, der auf den Domstufen neben dem Campanile döste. Dann bog ich vor dem Baptisterium links ab, überquerte den verlassenen Strohmarkt und lief nach Atem ringend den Borgo San Lorenzo hinauf bis zur Kirche. Vor mir, auf der anderen Seite der kleinen Piazza, ragte der von Fackeln hell erleuchtete Palazzo Medici in den Nachthimmel. Ich verschmolz mit den Schatten von San Lorenzo und lauschte, ob ich verfolgt wurde.
    Schritte! Waffengeklirr! Ich hielt den Atem an. Sie waren auf der Via Larga, nur ein paar Schritte entfernt! Hatten sie mich verfolgt?
    Erschöpft ließ ich mich zu Boden gleiten und setzte mich auf die Treppenstufe in den tiefen Schatten des Kirchenportals. Dann wartete ich – ich weiß nicht, wie lange. Alles blieb ruhig. Sie hatten mich nicht gefunden!
    Lautlos tastete ich mich Schritt für Schritt voran, bis zur Ecke der Via Larga. Die Straße lag verlassen vor mir. Bis zum Portal des Palazzo waren es nur noch ein paar Schritte um die Straßenecke …
    Das Tor war verschlossen! Wie erstarrt stand ich vor dem Portal, sah mich unruhig um. Wo waren meine Verfolger?
    Sollte ich mit den Fäusten gegen das schwere Tor der Fortezza Medici hämmern, das einer Belagerung und dem Angriff feindlicher Truppen standgehalten hätte? Der Portier würde mich nicht hören. Ich konnte rufen! Doch damit würde ich auch die Aufmerksamkeit in den benachbarten Häusern erregen.
    Der Palazzo hatte keinen zweiten Eingang, das wusste ich von Giulio, der mir das ganze Haus und die Gartenloggia gezeigt hatte. Der Garten – das war es! Der Garten hatte ein Tor zur Via San Gallo. Ich schlich zur Rückseite des Palastes und die Straße hinauf bis zum Gartentor, das ebenso verschlossen war wie das Portal.
    Aufgeben? Niemals! Ich würde eben über die Gartenmauer klettern. Aber das war leichter gesagt als getan. Die Mauer bestand aus glatt verputzten Steinen und war so hoch, dass ich das Mauersims nicht erreichen konnte, um mich daran hochzuziehen.
    Ein paar Schritte weiter lagen Blätter auf dem Kopfsteinpflaster: Herbstlaub, das von einem Baum gefallen war. Die kahlen Äste einer alten Eiche ragten über die Mauer.
    Ich zerkratzte mir das Gesicht und riss mir die Hände blutig, aber ich schaffte es, mich an einem der Zweige hochzuziehen. Der Ast war so morsch, dass er brach, als ich mich über die Mauer schwang. Blutend und schmutzig, aber mit erhobenem Kopf trat ich aus den Schatten des Gartens in den von Fackeln erleuchteten Innenhof des Palazzo, ging an den Karten spielenden Wachen vorbei, die mich sprachlos vor Verblüffung anstarrten, und stieg gemessenen Schrittes die Treppe hinauf. Ohne Umweg begab ich mich zu Lorenzos Studierzimmer.
    Lorenzo saß an seinem Schreibtisch über einen Stadtplan von Florenz gebeugt. Angelo stand neben ihm und sah überrascht auf, als er mich plötzlich vor sich stehen sah.
    »Ich werde es nicht wieder tun«, sagte ich. »Ich verspreche es!«
    Lorenzo schloss mich in seine Arme. »Ich hatte Angst«, gestand er leise. Er sagte nicht: »Ich bin zornig!«, und er machte mir auch keine Vorwürfe. »Ich hatte furchtbare Angst, du hättest wie Giulio deine Sachen gepackt und wärest verschwunden.«
    »Warum hätte ich das tun sollen?«
    »Wegen Giovanni Sforza. Hat er denn nicht mit dir gesprochen?«
    »Nein, ich habe den Nachmittag mit Niccolò

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