Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
Machiavelli verbracht. Weswegen hätte ich denn vor ihm fliehen sollen?«
»Die Würfel sind gefallen! Heute Mittag kam ein Bote von Ludovico il Moro für Giovanni Sforza im Palazzo an. Der Conte hat eine Stunde später offiziell bei mir um deine Hand angehalten. Er hat einen Hochzeitstermin noch im November vorgeschlagen.«
Meine Knie zitterten so stark, dass ich mich setzen musste. Giovanni Sforza hatte Lorenzo um meine Hand gebeten? Damit lag die Entscheidung nicht mehr bei mir. Ich hatte es vermieden, Ja oder Nein zu sagen, und hatte ihn mit einem Vielleicht hingehalten, aber Lorenzo würde dazu nicht in der Lage sein. Er konnte seinen Freund Ludovico il Moro nicht verärgern.
»Ziehst du ein Ehebündnis zwischen Florenz und Mailand ernsthaft in Betracht?«, fragte ich Lorenzo mit schwacher Stimme.
»Darüber sprechen wir morgen, Caterina! Jetzt will ich von dir wissen, wo du gesteckt hast. Ich habe Wachen losgeschickt, die dich suchen sollten. Sie kamen vor wenigen Minuten zurück, ohne dich gefunden zu haben.«
Die Bewaffneten, die mich verfolgt hatten – das waren Lorenzos Wachen gewesen, die mich zum Palazzo Medici zurückbringen sollten! Und ich war vor ihnen geflohen.
»Ich hatte Angst, als ich erfuhr, dass du ohne Eskorte den Palazzo verlassen hattest …«
»Es wird nicht wieder vorkommen«, versprach ich ihm.
»… aber noch erschrockener bin ich darüber, dass du wieder hineingekommen bist. Die Tore sind geschlossen. Der Palazzo wird bewacht.«
»Ich bin über die Gartenmauer geklettert«, erklärte ich müde. »Ich habe mich an den Ästen einer Eiche hochgezogen. Das war der leichtere Teil des Weges. Der weitaus schwierigere Teil führte die Treppe hinauf in dein Studierzimmer.«
Lorenzo wusste, was ich meinte. Ich schämte mich für meinen lebensgefährlichen Leichtsinn, nachts allein durch Florenz zu laufen. Er wandte sich an Angelo: »Würdest du bitte dem Majordomus Bescheid sagen, dass Caterina wieder hier ist?«
Angelo nickte und verschwand.
»Wohin wolltest du eigentlich?«, fragte Lorenzo, nachdem sein Freund die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Ich wollte Amerigo besuchen. Aber er war nicht zu Hause«, gestand ich enttäuscht, ihn nicht angetroffen zu haben.
»Den Weg hättest du dir sparen können, denn er ist hier im Palazzo. Seit zwei Stunden wartet er in meinem Audienzzimmer auf deine Rückkehr. Er hat etwas mit dir zu besprechen.«
Amerigo erhob sich von dem Sessel vor dem Kaminfeuer, als ich das Audienzzimmer betrat. »Wie schön, dich zu sehen, meine kleine Windbö!«, rief er und umarmte mich. »Wo warst du?«
»Ich wollte dich besuchen, Amerigo! Violetta hat mir erzählt, dass du für ein paar Tage bei Francesco Sassetti in der Villa Castello bist. Sie wusste nicht, wann du zurückkommst.«
»Wir hatten einiges zu besprechen«, verriet er mit einem geheimnisvollen Lächeln. »Ich will, dass du die Erste bist, die es erfährt. Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden, Caterina.«
Ich glaubte, mich verhört zu haben. »Verabschieden?«
»Du erinnerst dich, dass ich im Mai für einige Wochen in Sevilla war? Francesco Sassetti hatte mich dorthin entsandt, um finanzielle Transaktionen mit dem spanischen Königshaus zu überwachen. Ich werde noch einmal nach Spanien gehen! Dieses Mal für immer.«
»Für immer? Heißt das, dass du Florenz verlassen wirst?«
»Signor Sassetti hat mich zum Generalbevollmächtigten eines selbstständigen Kontors in Sevilla ernannt.«
»Das ist eine hohe Auszeichnung«, freute ich mich. »Aber es ist nicht der wirkliche Grund, dass du nach Spanien gehst, nicht wahr?«
»Nein, Caterina!«, sagte Amerigo ernst. »Der wirkliche Grund ist, dass mein Freund Cristoforo Colombo in Spanien ist. Er hat mir geschrieben, dass Königin Isabel ihm endlich, nach Monaten des ungeduldigen Wartens, eine Audienz gewährt hat. Sie hat ihm Geld versprochen, um drei Schiffe auszurüsten, die nach China segeln sollen. Er wird in einigen Monaten in See stechen.«
»Nach Westen?«, fragte ich atemlos.
»Natürlich nach Westen!«, lachte Amerigo fröhlich und so begeistert, als wollte er selbst an Bord gehen. »Das Medici-Kontor in Sevilla wird die Schiffe ausrüsten.«
Ich war wie benommen. Der Mann, der mir fünfzehn Jahre lang ein Vater gewesen war, verließ mich! Amerigo würde nach Spanien gehen. In Sevilla war er dem Meer keinen Schritt näher als in Florenz … aber sein Freund Cristoforo Colombo war dort … und Königin Isabel hatte der
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