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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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nicht müde, Giorgio. Wo kann ich den Kardinal finden?«
    »Seine Eminenz ist in seinen Räumen. Er hat …«
    »Wo ist das?«, unterbrach ich den Majordomus.
    »Die Treppe hinauf, links die Loggia entlang, die zweite Tür …«
    Mit dem Buch unter dem Arm rannte ich die Treppe hinauf.
    »Madonna Caterina! Ich bitte Euch: Das könnt Ihr nicht tun! Seine Eminenz ist beschäftigt …«, rief er mir nach.
    Ich stürmte die Gänge entlang, bis ich Giannis Tür erreichte. Als mein energisches Klopfen mit einem »Komm herein!« beantwortet wurde, betrat ich den Raum.
    Er saß an einem Schreibtisch vor dem Fenster und las. Nein, eigentlich saß er nicht, sondern er lag in dem Ledersessel. Er hatte die Stiefel auf den Tisch gelegt und schaukelte mit dem Stuhl hin und her, während er in einem Buch blätterte. Überrascht sah er auf, als ich plötzlich vor ihm stand.
    Er war sechzehn, ein junger Mann mit fein geschnittenen Zügen, sinnlichen Lippen und dunklen, mandelförmigen Augen. Sein Blick war aufmerksam und lauernd wie der eines hungrigen Tigers. Seine Haut hatte den schimmernden Bronzeton antiker Statuen, und wenn seine schulterlangen dunklen Haare nicht einen feurigen Stich ins Rötliche gehabt hätten, hätte ich ihn für einen Mauren aus dem Emirat Granada oder dem mittlerweile christlichen Málaga gehalten. Seine schwarze Samtjacke war eng geschnitten und brachte seinen schlanken Körper großartig zur Geltung.
    Schwungvoll knallte ich die Summa Theologica auf den Schreibtisch. Einige Pergamente wehten zu Boden, die Feder kippte aus dem Tintenfass und hinterließ auf der mit Intarsien geschmückten Tischplatte einen schwarzen Fleck. Dann ließ ich mich wortlos auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch nieder.
    Mehr amüsiert als zornig zog er das Buch zu sich heran, ohne seine bequeme Haltung aufzugeben, und schlug die erste Seite auf.
    »Das wird ihn aber freuen«, schmunzelte er.
    »Dann ist es also nicht für dich?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf: »Thomas von Aquino habe ich bereits in meinem letzten Semester in Perugia gelesen.«
    »Wo ist er?«
    »Wer?«
    »Giulio.«
    Er lehnte sich auf seinem Sessel zurück und betrachtete mich neugierig – und ein wenig amüsiert, wie mir schien. »Wenn du mich so fragst, dann weißt du doch, wo er ist.«
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Giulio kam in den Raum gestürmt: »Cesare, ich bin …« Wie vom Donner gerührt blieb er stehen und starrte mich an. »Caterina!«, flüsterte er.
    Giulio trug eine schwarze Soutane, und auf seiner Brust funkelte ein goldener Crucifixus. Also hatte er sein Versprechen wahr gemacht und sein Kreuz auf sich genommen! Giulio hatte sich in Pisa zum Priester weihen lassen!
    »Salve, Pater Giulio«, begrüßte ich ihn, während ich mich erhob.
    Giulio sah mir in die Augen und versuchte zu ergründen, ob Lorenzo mich geschickt hatte, um ihn nach Florenz zurückzubringen. Im Stillen fragte ich mich, wie er Giorgio bestochen hatte, damit dieser seine Anwesenheit in Pisa nicht an Lorenzo meldete.
    »Herzlichen Glückwunsch zur Priesterweihe, Giulio!« Ich umarmte meinen Bruder. »Ich hoffe, ich komme nicht zu spät, um deine erste Messe mitzuerleben?«
    »Nein, nein, Caterina. Die Primiz werde ich erst nach Weihnachten halten … in Capua«, stotterte Giulio.
    »In Capua?«
    »Ich bin Prior eines Klosters in Capua. Dort werde ich meine erste Messe halten. Cesare hat mir die Stelle besorgt.« Giulio deutete über meine rechte Schulter.
    »Cesare?« Ich fuhr herum und betrachtete den jungen Mann hinter dem Schreibtisch, der mittlerweile die Füße vom Tisch genommen hatte.
    »Das ist Cesare Borgia, der Bischof von Pamplona«, stellte ihn mein Bruder vor. »Er ist der Sohn von Kardinal Rodrigo Borgia, dem Vizekanzler der Kirche. Kardinal Borgia hat mir die Stelle als Prior in Capua besorgt, und Cesare hat mich vor wenigen Tagen im Dom von Pisa ordinieren lassen.«
    Der Bischof von Pamplona reichte mir seine Hand, und ich wollte auf die Knie fallen, um seinen Ring zu küssen, doch er winkte lässig ab. »Lass den Unsinn mit dem Handkuss, Caterina!«
    »Wäre es Euch lieber, wenn ich Eure Füße küsse, Euer Exzellenz, weil Ihr meinem Bruder seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt habt?«, fragte ich in einem Tonfall, der einer Begegnung mit einem Bischof nicht angemessen war, wohl aber meinem Zorn. Er hatte mich getäuscht, indem er mich in dem Glauben ließ, er sei Gianni!
    » Si tu quieres – Wenn du willst! Mein ganzer Körper steht

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